Mai 2001

010505

ENERGIE-CHRONIK


Übergangslösung "sozialisiert" Kosten grenzüberschreitender Stromtransporte

Das siebte sogenannte Regulatorenforum befaßte sich am 7./8. Mai in Florenz erneut mit der Tarifierung von grenzüberschreitenden Stromtransporten. Die große Mehrheit der Mitglieder verständigte sich auf eine Übergangsregelung von einem Jahr, die entgegen den Wünschen der deutschen Stromwirtschaft und auch der europäischen Übertragungsnetzbetreiber (siehe ETSO-Stellungnahme als PDF-Datei) keine verursachungsgerechte Kostenbelastung vorsieht, sondern die Kosten für grenzüberschreitende Stromtransporte gemäß den Vorschlägen der EU-Kommission zu Lasten der Allgemeinheit der Netznutzer "sozialisiert". Der vom Bundeswirtschaftsministerium vorgeschlagene Kompromiß einer wenigstens teilweisen Zuweisung der Kosten an die Exporteure ("Teilsozialisierung") wurde nicht aufgegriffen. Die Übergangsregelung soll ab 1. September 2001 notfalls auch ohne Deutschland eingeführt werden. Bisher wird an den Kuppelstellen des deutschen Netzes mit dem Ausland ein Entgelt von 0,25 Pfennig pro Kilowattstunde verrechnet.

Das "Europäische Forum für Elektrizitätsregulierung" in Florenz war von der EU-Kommission 1998 eingerichtet worden, um Regeln für die Preisgestaltung im grenzüberschreitenden Handel sowie für das Management von Übertragungsengpässen festzulegen. Mitglieder sind Vertreter der EU-Staaten, der nationalen Regulierungsbehörden, der EU-Kommission, der Übertragungsnetzbetreiber, der Energieversorger sowie der Stromhändler, Verbraucher und Strombörsen. Sie treffen sich in halbjährlichem Abstand in Florenz. Ein ähnliches Forum mit Sitz in Madrid gibt es seit 1999 für den Erdgas-Binnenmarkt. Beide Foren haben als erste Maßnahme ein Gremium geschaffen, das die Übertragungsnetzbetreiber vertritt. Für den Elektrizitätsbereich entstand so die Vereinigung Europäischer Übertragungsnetzbetreiber ETSO (990730).

Horizontale Netzkosten auf jährlich 200 Millionen Euro geschätzt

Einigkeit besteht im Regulatorenforum darüber, daß die Übertragungsnetzbetreiber eine Entschädigung für Stromtransitflüsse erhalten sollen, die sich nach dem physikalischen Leistungsfluß richtet und entfernungsunabhängig ist. Auf dem 5. Regulatorenforum wurde diese Entschädigung aufgrund von ETSO-Erhebungen mit zwei Euro pro Megawattstunde veranschlagt. Aufgrund der bisherigen Transitlastflüsse ergeben sich damit für den gesamten EU-Bereich "horizontale Netzkosten" von etwa 200 Millionen Euro jährlich.

Uneinig sind sich die Mitglieder des Regulatorenforums allerdings darüber, wie diese horizontalen Netzkosten, welche die Übertragungsnetzbetreiber entsprechend den Leistungsflüssen verrechnen, aufgebracht werden sollen. Die ETSO schlug vor, die Kosten auf die Exporteure/Importeure umzulegen, was verursachungsgerecht wäre und zugleich "Allokationssignale" für den verbrauchsnahen Bau von Kraftwerken setzen würde. Dieser Vorschlag wäre nur unter Einbeziehung aller EU-Staaten sinnvoll zu verwirklichen. Das gilt auch für den Kompromiß, lediglich die Hälfte der Kosten zu sozialisieren, für den sich bisher nur Deutschland, Belgien und Frankreich erwärmen konnten. Die EU-Kommission will dagegen eine solche Aufteilung der Kosten nationalen Regelungen überlassen. Ihr Vorschlag für eine "Verordnung über die Netzzugangsbedingungen für den grenzüberschreitenden Stromhandel", den sie am 13. März dem Parlament und dem Rat unterbreitete, sieht keine verbindliche Belastung der Exporteure vor. Er bestimmt lediglich, daß in diesem Fall der Erzeuger-Anteil am Netzentgelt niedriger sein müsse als der Verbraucher-Anteil.