Februar 2004

040205

ENERGIE-CHRONIK


RWE trennt sich von Hochtief - auch Umweltsparte vor dem Verkauf

Binnen weniger Stunden verkaufte der RWE-Konzern am 25. Februar seine gesamte Beteiligung an der Hochtief AG für knapp eine Milliarde Euro an der Börse. Insgesamt besaß RWE - direkt und indirekt - 56,1 Prozent an dem Bauunternehmen. Die Aktien wurden an Investoren in Europa und den USA abgesetzt, nachdem der RWE-Aufsichtsrat am Abend des 23. Februar seine Zustimmung erteilt hatte und tags darauf die Offerte bekanntgegeben worden war. RWE-Chef Harry Roels bezeichnete den Verkauf der Hochtief-Mehrheit als "weiteren wichtigen Schritt in unserer Strategie, den RWE-Konzern auf das Kerngeschäft zu fokussieren".

Seit 1926 Großaktionär bei Hochtief

Die 1896 gegründete Hochtief AG gehörte seit 1926 zum Einflußbereich des RWE-Konzerns, der damals aus dem Nachlaß von Hugo Stinnes eine Beteiligung von 31 Prozent übernahm. Die Hauptverwaltung des RWE in Essen residierte 17 Jahre lang im Gebäude von Hochtief, nachdem im zweiten Weltkrieg ihr eigenes Gebäude zerstört worden war. Hochtief hat in Verbindung mit RWE zahlreiche große Bauprojekte verwirklicht, von Kernkraftwerken bis zur neuen Konzernzentrale in Essen. Seit 1990 besaß RWE die Mehrheit an dem Unternehmen. Im Zuge der damaligen Diversifikations-Strategie von RWE versuchte Hochtief 1995, den größten Konkurrenten Philipp Holzmann AG zu übernehmen (980306). Das Scheitern dieses Vorhabens stellte sich bald als Glücksfall heraus, da Holzmann 1999 zahlungsunfähig wurde und 2002 endgültig in Konkurs ging. Nachdem der RWE-Konzern 1999 seine Strategie zugunsten der Ausrichtung aufs Kerngeschäft mit Energie geändert hatte (990506), war Hochtief nicht mehr im Konzernvorstand vertreten (990907) und wurde wie die Heidelberger Druckmaschinen AG und die Harpen AG nur noch als Finanzbeteiligung geführt (010305).

RWE wollte sich bereits seit längerem von dem Baukonzern trennen, verschob den Verkauf aber wegen der Kursentwicklung der Hochtief-Aktie, die sich nach einem Tiefpunkt im April 2003 inzwischen deutlich verbessert hat. Noch nicht überwunden ist dagegen die Krise bei der Heidelberger Druckmaschinen AG, die ebenfalls seit längerem auf der Verkaufsliste des RWE-Konzerns steht. Der Kurs von Heideldruck erreichte im Februar sogar ein neues Rekordtief.

RWE Umwelt soll wegen mangelnder Rentabilität verkauft werden

Zuletzt hatte sich RWE im September 2003 vom US-Steinkohleunternehmen Consol Energy getrennt (030905). Neuer Verkaufskandidat ist inzwischen die gesamte Umweltsparte, die bisher unter dem Dach von RWE Umwelt als eine von sieben Führungsgesellschaften des Konzerns noch zum Kerngeschäft zählt (030604). Auf der Bilanzpressekonferenz am 26. Februar kündigte Konzernchef Roels an, den Umweltbereich ab 2005 wegen mangelnder Rentabilität abstoßen zu wollen. Mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro und über 12.500 Mitarbeitern gilt RWE Umwelt in Deutschland als Marktführer. Bereits im vergangenen Geschäftsjahr hat RWE Umwelt über 50 Tochter-und Beteiligungsgesellschaften in Deutschland, Polen und Spanien mit einem Umsatzvolumen von insgesamt 187 Millionen Euro verkauft.