Dezember 2004

041201

ENERGIE-CHRONIK


CDU-Spitzenpolitiker stolpern über Bezüge von RWE

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer und der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse, Hermann-Josef Arentz, mußten im Dezember von ihren Ämtern zurücktreten, nachdem bekanntgeworden war, daß beide erhebliche Zahlungen des RWE-Konzerns ohne entsprechende Gegenleistungen erhalten hatten. Die Affäre begann zunächst mit Enthüllungen über Arentz und weitete sich dann zum Skandal um Meyer aus. Beide Politiker kommen aus Nordrhein-Westfalen, wo im Frühjahr Landtagswahlen stattfinden.

Arentz bezog Jahresgehalt von 60.000 Euro

Am 3. Dezember berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger", daß der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Hermann-Josef Arentz, auf der Gehaltsliste von RWE Power bzw. Rheinbraun stehe, ohne dafür die übliche Gegenleistung zu erbringen. Der 51jährige Arentz ist seit 1980 CDU-Abgeordneter im nordrhein-westfälischen Landtag. Als Landtagsabgeordneter erhält er eine Grunddiät von monatlich 4800 Euro sowie eine steuerfreie Kostenpauschale von 1200 Euro. Ferner kann er monatlich bis zu 2300 Euro für Fahrtkosten und Aufwand geltend machen. Daß er außerdem auf der Gehaltsliste des RWE-Konzerns stand, war an sich kein Geheimnis: Im Handbuch des Landtags von Nordrhein-Westfalen hatte er selber angegeben, "seit Mai 1992 Mitarbeiter der Rheinbraun AG in Köln" zu sein. Neu war allerdings, daß er nicht die üblichen Pflichten eines Angestellten erfüllen mußte. Die RWE Power AG bestätigte am 4. Dezember, daß Arentz "zuletzt nur noch für punktuelle Beratung" zur Verfügung gestanden habe. Neben einem Gehalt von 60.000 Euro erhielt er von RWE Gratis-Strom bis zu 7.500 Kilowattstunden jährlich.

Die Veröffentlichung im "Kölner Stadt-Anzeiger" erfolgte kurz vor dem CDU-Parteitag am 6. Dezember, auf dem Arentz erneut für das Präsidium kandidierte. Arentz kündigte daraufhin an, den Gehaltsbezug von RWE für die Dauer seiner Landtagszugehörigkeit ruhen zu lassen. Im übrigen vermochte er aber nichts Kritikwürdiges an seinem Verhalten zu erkennen. Er behauptete sogar, das RWE-Gehalt habe ihm als Politiker die notwendige "innere Unabhängigkeit" gesichert. Die Delegierten des CDU-Parteitags sahen dies indessen anders: Bei der Neuwahl des Präsidiums fiel Arentz mit knapp 34 Prozent der Stimmen durch, obwohl kein Gegenkandidat aufgestellt worden war. Wenig später gab er seinen Rücktritt als CDA-Vorsitzender bekannt. Er wird auch nicht mehr für den Landtag kandidieren.

Auch Meyer genoß äußerst großzügige Arbeitsbedingungen

Zunächst wurden mißgünstige Parteifreunde aus dem "Kölner Klüngel" als Urheber der Enthüllung vermutet. Anscheinend richtete sich die innerparteiliche Intrige aber nicht so sehr gegen Arentz als gegen den von ihm repräsentierten Arbeitnehmerflügel in der CDU. Möglicherweise wurde sie sogar aus Kreisen der Parteiführung lanciert. Falls dies zuträfe, wäre es ein Bumerang gewesen. Denn nun stellte sich heraus, daß auch CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer äußerst großzügige Arbeitsbedingungen genoß, als er beim Stromkonzern VEW auf der Gehaltsliste stand, der im Jahr 2000 mit RWE fusionierte. Meyer hatte von 1975 bis 1999 für VEW gearbeitet. 1988 wurde er Hauptabteilungsleiter  der sauerländischen VEW-Bezirksdirektion Arnsberg. Er war in dieser Zeit Mitglied des Rates der Stadt Hamm (1975-1995), Fraktionsvorsitzender der CDU Hamm (1989-1995), Mitglied des Landtages von Nordrhein-Westfalen (seit 1990), Wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion (1990-1999) und Stellvertretender Fraktionsvorsitzender (1997-1999). Diese vielfachen politischen Aktivitäten waren mit den üblichen Verpflichtungen eines leitenden Angestellten offenkundig nicht vereinbar. Immerhin soll Meyer aber bei VEW noch über einen Schreibtisch verfügt haben, was bei Arentz nicht der Fall war. Als VEW-Bezirksdirektor verfügte er außerdem über einen Dienstwagen mit Chauffeur.

Abfindung trotz Rückkehr zu RWE nicht zurückgezahlt

Im Unterschied zu Arentz bekam Meyer zunächst Rückendeckung von der CDU-Vorsitzenden Angelika Merkel und anderen Unionspolitikern. Zum Verhängnis wurde ihm, daß er seine finanziellen Bindungen an den RWE-Konzern nur unvollkommen offenbarte. Zunächst räumte er lediglich ein, bis heute einen Anstellungsvertrag mit RWE zu besitzen. Dieser ruhe jedoch bzw. sei mit keiner Gehaltszahlung verbunden. Allerdings beziehe er von RWE Gratis-Strom im Wert von rund 1400 Euro im Jahr und zahle ein Unternehmensdarlehen für den Hausbau ab. Außerdem habe er im Jahr 2001 von RWE "irgendeine Ausschüttung" erhalten. Etwas später stellte sich heraus, daß Meyer im Frühjahr 1999, nachdem er zum Fraktionschef der CDU im Düsseldorfer Landtag gewählt worden war, einen Auflösungsvertrag mit VEW geschlossen hatte, der ihm eine Abfindung von insgesamt 250.000 Mark sowie bis 30. Juni 2000 die Rückkehrmöglichkeit ins alte Arbeitsverhältnis sicherte. Meyer machte von dieser Rückkehrmöglichkeit Gebrauch, nachdem die CDU bei den Landtagswahlen im Mai 2000 unterlegen war und er aus dem Fraktionsvorsitz ins Amt des Landtagsvizepräsidenten wechseln mußte. Er verzichtete jedoch nicht auf die Abfindung, sondern ließ sich diese in voller Höhe auszahlen. Auch nach seiner Wahl zum CDU-Generalsekretär im November 2000 bezog er noch fünf Monate lang Gehalt von RWE. Eine Zeitlang verfügte er so gleich dreifach über regelmäßige Einkünfte als CDU-Generalsekretär, RWE-Manager und Landtagsabgeordneter. Aufgrund dieser neu bekanntgewordenen Fakten wurde Meyer in CDU-Kreisen zunehmend als Belastung empfunden. Vor allem der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Jürgen Rüttgers forderte mit Blick auf die bevorstehenden Landtagswahlen die Ablösung des Generalsekretärs. Am 22. Dezember erklärte Meyer seinen Rücktritt.

RWE gewährt Mandatsträgern erhebliche Vergünstigungen

Laut "Süddeutsche Zeitung" (9., 14. u. 21.12.) waren die VEW auch für andere Abgeordnete ein beliebter Arbeitgeber. In politischen Kreisen, die mit der "Landschaftspflege" vertraut waren, sei VEW mit "vom Elend weg" übersetzt worden. Bis heute stünden mehr als 200 Stadträte und Kreisverordnete auf der Gehaltsliste von RWE. Der Vorstand von RWE Power habe mit dem Gesamtbetriebsrat sogar eine regelrechte Betriebsvereinbarung über "die Freistellung von Mitarbeitern zur Wahrnehmung staatsbürgerlicher Mandate" geschlossen. Nach Paragraph 4 dieser Vereinbarung erhalten politische Mandatsträger "für die Dauer ihrer Mandatsausübung von RWE Power einen finanziellen Ausgleich für den Fall, daß ihre Bezüge durch die Übernahme des Mandats hinter ihrer RWE-Power-Einkommensentwicklung zurückbleiben." Die Mandatsausübung wird bei der betrieblichen Altersversorgung voll "als Dienstzeit" angerechnet.

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