Dezember 2005

051205

ENERGIE-CHRONIK


Mehr als die Hälfte der RWE-Strommasten besteht aus Thomasstahl

Von den 44.000 Hoch- und Höchstspannungsmasten im Versorgungsgebiet des RWE sind mehr als 26.000 aus Thomasstahl, der zur vorzeitigen Versprödung neigt, was die Belastungsfähigkeit der Masten mindert. Dies geht aus einer Übersicht hervor, die RWE Energy mit Datum vom 8. Dezember vorlegte. Somit zählen rund sechzig Prozent der RWE-Strommasten zu der besonders bruchgefährdeten Kategorie, die Ende November einen tagelangen Stromausfall in Teilen des RWE-Versorgungsgebiets verursachte (051101).

Die Mängel an den Leitungsmasten waren bekannt, seitdem der Orkan "Lothar" im Herbst 1999 eine ganze Reihe von Strommasten zerstörte. Schon 2001 begann RWE deshalb mit der vorsorglichen Ersetzung bzw. Sanierung von 2.900 Hoch- und Höchstspannungsmasten aus Thomasstahl, die in der Nähe von Bebauungsgebieten oder Verkehrswegen ein besonderes Risiko darstellen. Dieses Instandsetzungsprogramm wurde bisher zu rund 70 Prozent erfüllt und soll 2006 abgeschlossen werden. Der große Rest der Masten aus Thomasstahl soll erst bis 2015 vorsorglich saniert oder ausgetauscht werden.

"Hauptursache der Mastumbrüche waren extreme Wetterverhältnisse"

RWE unterstrich indessen erneut, daß - unabhängig von der verminderten Bruchfestigkeit der Masten aus Thomasstahl, die bis in die sechziger Jahre dem Stand der Technik entsprochen hätten - der Stromausfall vor allem durch extreme Wetterverhältnisse bewirkt worden sei. Ungewöhnlich starker Schnee- und Eisansatz habe in Verbindung mit starken Sturmböen die Leitungen zum Schwingen gebracht ("Seiltanzen"). Dadurch seien an den Freileitungsmasten starke ungleichmäßige Belastungen aufgetreten, die zur Zerstörung führten. Auch Betonmasten, wie sie für Mittelspannung verwendet werden, seien deshalb zusammengebrochen.

Das Problem der Versprödung betrifft auch andere Stromversorger. Die Netzbetreiber halten sich aber mit diesbezüglichen Auskünften zurück. Auf Anfrage der "Süddeutschen Zeitung" (6.12.) wollte ein Sprecher der E.ON Energie lediglich bestätigen, daß von 22.000 Strommasten, die vor 1965 errichtet wurden, "bis zu zehn Prozent" vollständig oder teilweise aus dem anfälligen Thomasstahl bestehen.

Auch Masten aus den achtziger Jahren kippten um

Die von RWE Energy vorgelegte Übersicht enthält eine abschließende Chronologie zum Ablauf des tagelangen Stromausfalls. Ferner geht daraus hervor, daß von den insgesamt 81 Mastumbrüchen im Westmünsterland nur 56 auf ältere Konstruktionen aus den fünfziger und sechziger Jahren entfielen. Darunter befanden sich die 42 Masten der 1951 errichteten Verbindung Gronau - Metelen, die wie Dominosteine umkippten und damit die von dieser Strecke abzweigende Versorgung der Stadt Ochtrup lahmlegten. Die übrigen 25 Masten wurden erst in den Jahren 1980 bis 1990 errichtet (siehe Tabelle).

Stromausfall in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Das Orkantief "Dorian", das mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde über Ostdeutschland hinwegfegte, verursachte am 16. Dezember zahlreiche Störungen im Mittel- und Niederspannungsnetz der RWE-Tochter enviaM in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Insgesamt waren ab Freitagnachmittag mehr als 100.000 Kunden zeitweise ohne Strom. Hauptursache der Störungen waren auf Freileitungen stürzende Bäume und Äste. Die Mehrzahl der Störungen konnte bis in die späten Abendstunden beseitigt werden. Mehrere hundert Kunden blieben bis zum Samstag ohne Strom.

Bereits am 24. November war es im Versorgungsgebiet der enviaM zu Spannungseinbrüchen gekommen. Die Ursache lag im Höchstspannungsnetz von Vattenfall, in dem die Vereisung von Leiterseilen und dadurch hervorgerufene Leiterseilschwingungen zu Kurzschlüssen führten. Betroffen waren weite Teile Sachsens und Ostthüringens.