Oktober 2008

081007

ENERGIE-CHRONIK


RWE will Regionalversorger zusammenlegen

Während bei E.ON der Umbau der Regionalversorger bereits in vollem Gange ist (081008), gibt es bei RWE bisher nur Pläne, die aber auf eine noch radikalere Zentralisierung des Vertriebs hinauslaufen: Wie "Die Welt" am 21. Oktober berichtete, will Konzernchef Jürgen Großmann alle Regionalversorger (siehe Tabelle) in der RWE Energy aufgehen lassen, die 2003 als Dachgesellschaft für Vertrieb und Netz aus RWE Plus, RWE Gas und RWE Net gebildet wurde (030604). Zunächst sei die Verschmelzung der beiden größten Regionalgesellschaften RWE Weser Ems und RWE Rhein Ruhr geplant. An diesen Kern sollen später weitere Vertriebsfirmen des Konzerns wie die ostdeutsche enviaM angegliedert werden.

Ferner erwäge RWE, auch den Netzbetrieb in einer einzigen bundesweiten Gesellschaft zu konzentrieren. Nur der Betrieb der Transportnetze soll aus RWE Energy herausgelöst und direkt der Konzernspitze unterstellt werden. So wolle Großmann der Bundesregierung und der EU entgegenkommen, die auf eine stärkere Trennung der Transportnetze von den Vertriebsaktivitäten dringen.

Über die KELAG kann RWE vorerst nicht verfügen

"Die Welt" nannte in diesem Zusammenhang auch den österreichischen Landesversorger KELAG als Fusionskandidaten, obwohl RWE an der KELAG-Mutter Kärntner Energie Holding (KEH) nur mit 49 Prozent beteiligt ist (010510) und ihn somit nicht zu seinen Regionalversorgern zählen kann. Sie weckte damit in Österreich erneute Befürchtungen, daß RWE die KELAG völlig vereinnahmen und deren Strompreise noch höher treiben könnte. Eine Sprecherin von RWE Energy versicherte daraufhin gegenüber der österreichischen Nachrichtenagentur APA (21.10.), daß die Umbaupläne nur die deutschen Regionalversorger beträfen und die KELAG als eigenständiges Unternehmen erhalten bleibe.

Tatsächlich könnte der RWE-Konzern die Mehrheit an der KELAG übernehmen, sobald in der österreichischen Verfassung die Bestimmung gestrichen wird, daß die Landesenergieversorger mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören müssen. Da er sich im Kaufvertrag mit der KEH eine entsprechende Option einräumen ließ, hätte er darauf sogar einen vertraglichen Anspruch. Dies bestätigte im Mai 2006 der damalige kärntnerische Landeshauptmann Jörg Haider, auf dessen Betreiben RWE die 49 Prozent am Landesversorger samt der Option auf die Mehrheit erhalten hatte. Die bis dahin verschwiegene Option war deshalb bekannt geworden, weil der entsprechende Artikel der österreichischen Bundesverfassung geändert werden sollte, um eine Fusion zwischen Verbund und OMV zu ermöglichen (060504).

Kommunale Aktionäre der EnviaM kündigen Einspruch an

Allerdings hat RWE auch bei seinen deutschen Regionalversorgern nicht überall das unumschränkte Sagen und muß deshalb – wie E.ON in Thüringen – mit dem Widerstand von Minderheitseigentümern rechnen. Die Geschäftsführerin der kommunalen Beteiligungsgesellschaft an der enviaM, Maritha Dittmer, kündigte in der "Sächsischen Zeitung" (23. 10.) bereits ein Veto gegen die geplante Zusammenlegung an. Mitglieder der Beteiligungsgesellschaft sind rund tausend Gemeinden in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die 37 Prozent der Unternehmensanteile an enviaM halten. Diese Kommunen wollen ihre Mitbestimmungsrechte vor allem zur Verhinderung eines weiteren Abbaues von Arbeitsplätzen benutzen. Seit der Fusion zwischen envia und MEAG zur enviaM im Jahr 2002 soll die Zahl der Beschäftigten bereits von 4600 auf weniger als 2500 geschrumpft sein. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di geht davon aus, daß die geplante Fusion einen "Verlust von Wertschöpfung" in Sachsen bedeuten würde.

Kommunale Minderheitseigentümer hat außerdem die RWE Westfalen-Weser-Ems AG, die zusammen mit der RWE Rhein-Ruhr AG den Anfang der Verschmelzung bilden soll. Hier verfügen die Kommunen allerdings über schlechte Karten, wenn sie sich der Umstrukturierung widersetzen wollen. Sie haben sich nämlich schon 2003 verpflichtet, ihre Anteile im Jahr 2009 für 800 Millionen Euro an RWE abzugeben (031108).


Die Regionaltöchter der RWE Energy und ihre jeweiligen Vorgänger

Heutiger Name Vorgänger RWE-Anteil*
envia Mitteldeutsche Energie AG (enviaM)

envia Energie Sachsen Brandenburg AG, Mitteldeutsche Energieversorgung AG - MEAG (Halle) (991118, 011010, 011108, 020604)

Vorgänger der envia: Westsächsische Energie AG - WESAG (Leipzig/Markkleeberg), Energieversorgung Spree-Schwarze-Elster AG – ESSAG(Cottbus), Energieversorgung Südsachsen AG – EVSAG (Chemnitz) (990502)

64 %
Lechwerke AG seit 1923 mehrheitlich RWE gehörend (SB133-06) 90 %
RWE Rhein-Ruhr AG

Regionalgesellschaft Mitte der RWE Energy AG (030604), RWE Gas AG (031108)

Vorgänger der RWE Energy AG: RWE Plus (000810), RWE Energie AG (981010), VEW Energie AG (950307)
Vorgänger der RWE Gas: Westfälische Ferngas AG (000810), Thyssengas GmbH

100 %
RWE Westfalen-Weser-Ems AG

Regionalgesellschaft Nord der RWE Energy AG (030604), RWE Gas AG (031108)

Vorgänger der RWE Energy AG: RWE Plus (000810), RWE Energie AG (981010), VEW Energie AG (950307)
Vorgänger der RWE Gas: Westfälische Ferngas AG (000810), Thyssengas GmbH

80 %
Süwag Energie AG Main-Kraftwerke AG (Frankfurt), Kraftversorgung Rhein-Wied (Neuwied), Kraftwerk Altwürttemberg AG (Ludwigsburg), AfE Gesellschaft für Energiewirtschaft mbH (Bad Homburg) mit Überlandwerk Aachen, Elektrizitätswerk Bad Homburg und Elektrizitätswerk Elsenztal (010604) 78 %
VSE AG seit 2002 mehrheitlich RWE gehörend (011215) 69 %
*laut Sondergutachten 49 der Monopolkommission "Strom und Gas 2007"