Dezember 2008

081210

ENERGIE-CHRONIK


Brüssel prüft RWE-Angebot zum Verkauf des Gastransportnetzes

Die EU-Kommission prüft derzeit das Angebot des RWE-Konzerns, sein Gastransportnetz zu verkaufen, wenn die Kommission dafür das eingeleitete Antitrust-Verfahren einstellt. Am 5. Dezember veröffentlichte sie im Amtsblatt und auf ihren Internet-Seiten die Einzelheiten der Verpflichtungszusagen, die RWE angeboten hat. Auf diese Weise sollen Dritte Gelegenheit erhalten, zu den vorgeschlagenen Verpflichtungen Stellung zu nehmen und auf Mängel hinzuweisen. Die Stellungnahmen müssen spätestens einen Monat nach der Veröffentlichung bei der Kommission eingegangen sein.

Das zum Verkauf anstehende RWE-Gastransportnetz ist rund 4100 Kilometer lang (rot = Nenndruck über 16 bar; blau = bis 16 bar). Die Speicher und das Verteilnetz will RWE behalten.

Ebenso wie den E.ON-Konzern, der sich mittlerweile zum Verkauf seines Strom-Transportnetzes verpflichten mußte (081101), verdächtigt die Kommission den RWE-Konzern, seine marktbeherrschende Stellung mißbräuchlich ausgenutzt und damit gegen Artikel 82 des EG-Vertrags verstoßen zu haben. Am zweitgrößten deutschen Energiekonzern will sie nun ein Exempel statuieren, um die Behinderung von Wettbewerbern auf dem Gasmarkt zu beseitigen. Sie kann sich dabei auf Unterlagen stützen, die den Fahndern im Mai 2006 in die Hände fielen, als sie die Geschäftsräume von Gaskonzernen an insgesamt zwanzig Standorten in fünf Ländern durchsuchten (060503). Die Einleitung des Antitrust-Verfahrens war im Mai 2007 bekanntgegeben worden. Ein Jahr später hatte die Kommission mitgeteilt, daß sie sich mit RWE grundsätzlich geeinigt habe und zur Einstellung des Verfahrens bereit sei, wenn der Konzern dafür sein Gastransportnetz verkauft.

Die Veröffentlichung im Amtsblatt faßt die wesentlichen Teile der RWE-Verpflichtungszusage folgendermaßen zusammen:

"RWE verkauft sein derzeitiges Gasübertragungsnetz in Deutschland an einen geeigneten Käufer; der Verkauf darf prima facie keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken geben. Diese Verpflichtung betrifft im einzelnen:

— das Hochdruckübertragungsnetz von RWE in Deutschland mit einer Gesamtlänge von rund 4 000 km. Damit veräußert RWE sein gesamtes Gasübertragungsnetz in Deutschland, mit Ausnahme einiger kleinerer Netzteile im Gebiet von Bergheim (Länge rund 100 km). Hinsichtlich derjenigen Teile des Netzes, die sich nicht vollständig im Eigentum von RWE befinden, verpflichtet sich RWE, seinen jeweiligen Eigentumsanteil zu veräußern,

— Ausrüstung und Anlagen, die für den Betrieb des Übertragungsnetzes benötigt werden (wie die Gasmischanlagen in Broichweiden und Hamborn, ein Prozessleitsystem usw.),

— für den Betrieb des Übertragungsnetzes notwendige immaterielle Vermögenswerte (Software für das Prozessleitsystem, Verträge und Lizenzen).

RWE verpflichtet sich zudem, dem Käufer während eines begrenzten Zeitraums von bis zu fünf Gasjahren nach Abschluss der Veräußerung die für den Betrieb des Übertragungsnetzes erforderlichen Dienstleistungen (z. B. Bereitstellung von Flexibilitätsdienstleistungen) zu erbringen.

Das zu veräußernde Geschäft wird mit den für den Betrieb des Übertragungsnetzes notwendigen Mitarbeitern und Kompetenzträgern ausgestattet."

Ausgenommen vom Verkauf bleiben sämtliche RWE-Verteilnetze, die ausländischen Gasfernleitungsnetze, alle Erdgasspeicher, die Gasmischanlage Weine sowie einige bisher von der RWE Transportnetz Gas betriebene Netzteile in der Region Bergheim, die wegen fehlender Meßanlagen nicht abgetrennt werden können.

Wenn der jetzt durchgeführte Markttest positiv ausfällt, erläßt die Kommission eine Entscheidung nach Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, mit der die Verpflichtungen für RWE rechtsverbindlich werden. Ein Schuldeingeständnis wäre damit nicht verbunden. Falls der RWE-Konzern aber die Verpflichtungszusagen nicht einhalten würde, könnte ihn die Kommission mit einer Geldbuße in Höhe von 10 Prozent des weltweiten Umsatzes belegen, ohne einen Verstoß gegen die Kartellvorschriften nachweisen zu müssen.

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