Juli 2009

090703

ENERGIE-CHRONIK


 


Anläßlich der Unterzeichnung der Regierungsvereinbarung in Ankara präsentierte sich die "Nabucco Gas Pipeline International GmbH" (NIC) mit ihren Gesellschaftern der Presse: V.l.n.r Saltuk Düzyol (BOTAS), NIC-Chef Reinhard Mitschek, Werner Auli (OMV), Stefan Judisch (RWE), Benjamin Lakatos (MOL) und Ioan Rusu (Transgaz). Abwesend und deshalb nicht mit im Bild: Die Vertreterin der Bulgarian Energy Holding, Galina Tosheva-Grigorova, die eigentlich hinter dem Namensschild ganz links Platz nehmen sollte.
Pressefoto NIC

Regierungsabkommen über Gasleitung "Nabucco" unterzeichnet

Die fünf beteiligten Staaten unterzeichneten am 13. Juli in Ankara ein Regierungsabkommen über den Bau der Gasleitung "Nabucco", die unter Umgehung Rußland die Gasvorkommen um das Kaspische Meer und im Nahen Osten erschließen soll. Neben den EU-Staaten Österreich, Ungarn, Rumänien und Bulgarien ist damit auch die Türkei in das Projekt eingebunden, von der aus weitere Anschlußleitungen zu den Fördergebieten führen sollen.

Die Türkei hatte zunächst versucht, ihre Mitwirkung von Fortschritten bei den EU-Beitrittsverhandlungen abhängig zu machen. Dann wollte sie 15 Prozent des Pipeline-Gases für den eigenen Verbrauch haben. Nunmehr begnügt sie sich mit den Steuereinnahmen aus dem Projekt, die sie auf 450 Millionen Euro jährlich taxiert. Außerdem wird die Leitung so gebaut, daß sie auch Gas von West nach Ost transportieren kann. Die Türkei, die bisher den Großteil ihres Gasbedarfs aus Rußland bezieht, könnte so beim Ausbleiben russischer Lieferungen notfalls von Westen her versorgt werden. Außerdem hat sie die Möglichkeit, Gas aus dem normalen Betrieb der Pipeline zu erwerben, da deren Kapazität zur Hälfte frei vermarktet werden soll.

Deutschland gehört nicht zu den Transit-Ländern von "Nabucco" und deshalb auch nicht zum Kreis der Unterzeichner. Die Bundesrepublik unterstützt das Projekt jedoch, was in dem in Ankara unterzeichneten Regierungsabkommen ausdrücklich vermerkt wird.

Realisierung des Projekts scheint nunmehr gesichert

Die Gasleitung Nabucco ist rund 3300 Kilometer lang. Sie soll von 2014 an Gas vom Kaspischen Meer bis nach Österreich transportieren. Der Bau soll etwa 7,9 Milliarden Euro kosten. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte auch Gas aus dem Nahen Osten und Iran eingespeist werden.

Nabucco soll in zehn Jahren fünf bis zehn Prozent des europäischen Gasbedarfs decken. Fünfzig Prozent der Kapazität stehen dabei den sechs Anteilseignern des Konsortiums zu, in dem sich führende Energiekonzerne der fünf Transit-Länder und Deutschlands zum Bau und Betrieb der Pipeline zusammengeschlossen haben. Es handelt sich um die österreichische OMV, die ungarische MOL, die bulgarische Energy Holding (früher Bulgargaz), die türkische BOTAS und den deutschen RWE-Konzern. Jedes der sechs Unternehmen hält 16,67 Prozent an der Nabucco Gas Pipeline International Ltd. (080206)

Das von der EU initiierte Projekt scheint damit endgültig auf dem Weg zur Realisierung zu sein. Rußland hatte bisher versucht, den Bau der Gasleitung zu torpedieren, indem es mit Unterstützung Italiens das konkurrierende Projekt "South Stream" betreibt. Diese Leitung soll ebenfalls die Gasvorkommen am Kaspischen Meer erschließen und nach Westen befördern, dabei jedoch durch das Schwarze Meer über den Balkan führen und so das prekäre Transitland Ukraine umgehen (070612). Zudem hofierte Rußland potentielle Lieferanten wie Aserbaidschan und Turkmenistan, um sie der EU-Pipeline abspenstig zu machen. Indessen scheinen diese Länder gerade dadurch erkannt zu haben, daß sie nur gewinnen können, wenn sie für den Absatz ihres Erdgases nicht mehr ausschließlich auf die russische Gazprom angewiesen sind. Am 17. Juli bestätigte der RWE-Konzern, daß es ihm gelungen sei, mit Turkmenistan ein Abkommen über Erkundungs- und Förderrechte im Kaspischen Meer zu unterzeichnen. RWE erhält demnach für bis zu sechs Jahre die Erkundungsrechte und für bis zu 25 Jahre die Förderrechte, wenn die Exploration erfolgreich sein sollte.

EU-Verordnung zur Bekämpfung von Gasversorgungskrisen

Die Europäische Kommission verabschiedete am 16. Juli eine neue Verordnung zur Verbesserung der Erdgasversorgung im Erdgasbinnenmarkt. Sie will so Vorsorge treffen, daß die Mitgliedstaaten auf Versorgungsstörungen umfassend vorbereitet sind. Die Mitgliedstaaten müßten demnach eine zuständige Behörde benennen, die für die fortlaufende Beobachtung der Erdgasversorgungsentwicklung, für die Bewertung der Versorgungsrisiken sowie für die Erstellung von Präventions- und Notfallplänen zuständig wäre. Ferner wären die Mitgliedstaaten verpflichtet, im Krisenfall eng zusammenzuarbeiten. Hierfür wird die Koordinierungsgruppe "Erdgas" aufgewertet und dafür gesorgt, dass zuverlässige Informationen und Daten zur Versorgungslage für alle zugänglich sind. Energiekommissar Andris Piebalgs forderte den Rat und das Europäische Parlament zur zügigen Verabschiedung der Vorschläge auf.

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