Februar 2010

100212

ENERGIE-CHRONIK


Wasserversorger unterliegen weiterhin der Preiskontrolle

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat lediglich die Gebietsmonopole und die Preiskontrolle für die Strom- und Gaswirtschaft aufgehoben. Für Wasserversorger gelten dagegen die alten Regeln weiter. Mit dieser Begründung bestätigte der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs am 2. Februar eine Preissenkungsverfügung der hessischen Landeskartellbehörde, mit der die Stadtwerke Wetzlar 2007 verpflichtet wurden, die Wasserpreise um etwa 30 Prozent zu senken (081119).

Die Energie und Wassergesellschaft mbH (enwag) beliefert in der Stadt Wetzlar Haushalts- und Kleingewerbekunden mit Trinkwasser. Seit dem 1. Januar 2003 berechnete sie für den typischen Jahresverbrauch eines Einfamilien-Hauses einen Preis von 2,35 Euro pro Kubikmeter und für den typischen Jahresverbrauch eines Mehrfamilien-Hauses einen Preis von 2,10 Euro pro Kubikmeter. Die Landeskartellbehörde hatte diesen Preis mit den Wasserpreisen von 18 anderen Wasserversorgungsunternehmen aus dem gesamten Bundesgebiet verglichen und war zu dem Ergebnis gekommen, dass er um etwa 30 Prozent überhöht sei. Mit Verfügung vom 9. Mai 2007 hatte sie die enwag zu einer entsprechenden Preissenkung für die Zeit bis zum 31. Dezember 2008 verpflichtet. Eine Beschwerde der enwag gegen diese Anordnung war vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main zurückgewiesen worden.

Paragraph 103 GWB gilt trotz Streichung noch immer für die Wasserversorgung

Nun unterlag die enwag auch vor dem Bundesgerichtshof (AZ: KVR 66/08). Der Kartellsenat verdeutlichte in seinem Urteil, daß Wasserversorger weiterhin der verschärften kartellrechtlichen Mißbrauchsaufsicht nach § 103 GWB in der Fassung vom 20. Februar 1990 unterworfen sind. Die komplette Streichung des § 103 GWB ändert daran nichts, da gleichzeitig in § 131 GWB die fortdauernde Gültigkeit der alten Fassung für die Wasserversorgung verfügt wurde.

Somit ist es den Kartellbehörden weiterhin möglich, einen Preismißbrauch durch einen Vergleich mit den Preisen gleichartiger Versorgungsunternehmen festzustellen. Wie der BGH in der Entscheidung betont, dürfen dabei an das Kriterium der Gleichartigkeit keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Die Stadtwerke Wetzlar hätten auch keine Umstände nachgewiesen, die einen höheren Wasserpreise rechtfertigen könnten.

Auch Frankfurt und Kassel mußten die Preise stark senken

Die Hessische Landeskartellbehörde hat insgesamt 13 Kartellverfahren wegen des Verdachtes überhöhter Wasserpreise eingeleitet. Gegen drei der betroffenen Unternehmen wurden Preissenkungsverfügungen erlassen. Neben den Stadtwerken Wetzlar (enwag) handelte es sich dabei die Frankfurter Mainova und die Städtischen Werke Kassel, die ihre Preise um jeweils 37 Prozent senken mußten. Sechs Verfahren sind noch offen. Etliche Wasserversorger reduzierten inzwischen von sich aus die Preise. Die Einleitung der Verfahren erfolgte noch unter dem hessischen Wirtschaftsminister Alois Rhiel (CDU), der sein Amt inzwischen an Dieter Posch (FDP) abgeben mußte (090418).

Das hessische Wirtschaftsministerium ist als Landeskartellbehörde nur für die Wasserpreise der 47 privatrechtlich verfaßten Wasserunternehmen zuständig. Insgesamt gibt es in Hessen 399 Wasserunternehmen. Zum größten Teil handelt es sich um kommunale Eigenbetriebe, die rechtlich gesehen keine "Preise", sondern "Gebühren" verlangen. Die Kontrolle dieser Unternehmen obliegt der Kommunalaufsicht.

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