April 2010

100406

ENERGIE-CHRONIK


RWE gründet mit 26 Stadtwerken das Beteiligungsunternehmen "Green GECCO"

Der RWE-Konzern und 26 Stadtwerke unterzeichneten am 6. April den Konsortialvertrag zur Gründung der Green GECCO GmbH & Co. KG. Die neue RWE-Tochter ermöglicht Stadtwerken die Beteiligung an der Finanzierung von Projekten zur regenerativen Energieerzeugung. Die Mehrheit von 51 Prozent liegt bei der RWE Innogy als zuständiger Führungsgesellschaft des Konzerns für den Geschäftsbereich erneuerbare Energien (071114). Die restlichen 49 Prozent gehören der Green Gecco Beteiligungs-GmbH & Co. KG, in der bisher 26 Stadtwerke und regionale Energieversorger ihre Beteiligungen bündeln.

Erste geplante Projekte sind ein Windpark in der See vor Schottland, eine Biogasanlage in Sachsen und ein Biomasse-Heizkraftwerk in Siegen-Wittgenstein. Insgesamt sollen bis 2020 rund eine Milliarde Euro in die Strom- und Wärmeproduktion aus erneuerbaren Energien investiert werden und den Beteiligten eine Rendite von mindestens sieben bis acht Prozent bringen.

Grüner Nachfolger des "schwarzen GEKKO"

Der Name Green GECCO (GEmeinsam Clever CO2 Optimieren) entstand in Anlehnung an die Arbeitsgemeinschaft GEKKO, in der sich RWE mit 23 Stadtwerken zur Errichtung eines GEmeinschaftsKraftwerks SteinKOhle in Hamm zusammengeschlossen hat (080904). Am 16. April 2008 bekundeten die Beteiligten dieses Projekts in einer gemeinsamen Erklärung die Absicht, ihre Zusammenarbeit auf regenerative Energieprojekte auszudehnen. Am 5. Mai 2008 wählten sie in Krefeld den Geschäftsführer der Stadtwerke Troisdorf, Peter Blatzheim, zum Vorsitzenden der neuen Arbeitsgemeinschaft. Stellvertretender Sprecher wurde Manfred Hülsmann, Vorsitzender des Vorstandes der Stadtwerke Osnabrück AG. Die Stadtwerke Troisdorf sprachen damals in einer Pressemitteilung von insgesamt 54 Stadtwerken aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz, die an dem Gemeinschaftsunternehmen mit RWE Innogy interessiert seien. Zu Anfang dieses Jahres war noch von rund vierzig Stadtwerken die Rede.

Inzwischen ist auch diese Zahl stark geschrumpft. Übrig geblieben sind im wesentlichen Stadtwerke aus Nordrhein-Westfalen, die mit RWE über Beteiligungen oder Konzessionsverträge verbunden sind. Im einzelnen handelt es sich um die Stadtwerke Borken, Detmold, Duisburg, Dülmen, Düren, Emmerich, Geldern, Greven, Hamm, Herne, Iserlohn, Kempen, Krefeld (SWK), Moers (ENNI), Münster, Neuss, Osnabrück, Ratingen, Remscheid (EWR), Schüttorf, Schleiden (ENE), Stolberg (EWV),Troisdorf, Werl und Willich.

Zweifel an versprochener Rendite und Umweltfreundlichkeit

Daß nun weniger als halb soviel Stadtwerke mitmachen, hat sicher damit zu tun, daß die Umweltfreundlichkeit und Rentabilität des neuen Unternehmens umstritten sind. So lehnte der Rat der Stadt Beckum am 3. Dezember 2009 die von der Stadtverwaltung und der Energieversorgung Beckum (evb) geplante Beteiligung in Höhe von 1,2 Millionen Euro ab. CDU und FDP äußerten erhebliche Zweifel an der versprochenen Rendite von rund acht Prozent. Nur die SPD-Fraktion warf sich voll für RWE in die Bresche und sprach gar von einem "Super-GAU für Stadt Beckum", weil die geplante Mini-Beteiligung nicht zustande kam.

Die FDP rechnete vor, daß die Stadt Beckum für die geplante Beteiligung in Höhe von 1,2 Millionen Euro gerade mal einen Anteil von 0,28 Prozent erhalte. Obwohl die Aufnahme neuer Projekte in das Portfolio des Gemeinschaftunternehmens einer qualifizierten Mehrheit von 75 Prozent und mithin der Zustimmung der Stadtwerke bedarf, sei damit keine wirkliche Einflußnahme möglich. Vermutlich verfolge RWE mit "Green Gecco" hauptsächlich den Zweck, die Kommunen mit "goldenen Fesseln" an sich zu binden und neue marktbeherrschende Strukturen auch im Bereich regenerativer Stromerzeugung zu schaffen. "Wenn das Geschäft so lukrativ ist, warum betreibt es RWE nicht alleine?", fragte die FDP-Fraktion und äußerte den Verdacht, daß es dem Konzern wohl eher um eine Risikoverteilung gehe.

Die Beckumer CDU-Fraktion beanstandete die kurze Beratungszeit im Hinblick auf die finanzielle Tragweite der Entscheidung und stellte weiter fest:

"Renditeversprechen von acht bis neun Prozent müssen in heutiger Zeit kritisch hinterfragt sein dürfen. Es darf niemanden verwundern, wenn eingeforderte schnelle Entscheidungen kritisch beurteilt werden. Im Übrigen handelt es sich bei der Beteiligung um ein reines Kapitalinvestment. Ohne Marktanalysen und ohne regionalen Bezug, vielleicht nur auf Vertrauen in den Mitgesellschafter RWE setzend, reichte den meisten CDU Mandatsträgern nicht um ja zu sagen. Wer möchte schon Bürgerinnen und Bürgern erklären müssen, das Strom und Gaspreise vielleicht deshalb höher sind, weil die Kapitalinvestments in Windparks in Schottland oder Biogasanlagen in Sachsen nicht so gelaufen sind, wie geplant. Nicht verschwiegen werden dürfen auch die ökologischen Fragen, die im Zusammenhang mit dem Green Gecco stehen. Woher kommt die Unmenge an Biomasse für das Bioheizkraftwerk mit Pelletsherstellung? Wieviel Wald ist erforderlich, um ein solches Projekt zu betreiben? Wie kritisch ist die Bodenbelastung zu beurteilen, wenn massive Maismonokulturen Biokraftwerke füttern müssen? Die Nutzbarmachung erneuerbarer Energien ist Zukunftsaufgabe. Beteiligungen wie an Green Gecco, nicht frei von wirtschaftlichen Risiken, sollten jedoch weniger kommunal begleitet sein, sondern eher durch Bund oder Land."

In Düren und Stolberg kam die Zustimmung gegen den Widerstand der Grünen zustande. Die Vorsitzende der grünen Kreistagsfraktion, Gudrun Zentis, bezeichnete es als unverständlich, daß RWE trotz prall gefüllter Konzernkassen seine wenigen Projekte bei den Erneuerbaren Energien von Stadtwerken mitfinanzieren lassen will. "Wir wollen Investitionen unserer Stadtwerke und Stromversorger in Erneuerbare Energien und den Aufbau einer dezentralen und klimafreundlichen Energieversorgung. Aber das soll vorzugsweise hier in der Region geschehen. Es gibt Dutzende möglicher Projekte in der Region und deshalb keinen Grund, das Geld der Stromkunden in Schottland zu investieren. Wir wollen Wertschöpfung und Arbeitsplätze mit solchen Zukunftsinvestitionen hier in der Region schaffen."

Im Remscheid, wo die Grünen der Beteiligung zustimmten, wurde ihnen deshalb von den Ratsherrn der Linken vorgeworfen, sie hätten "endgültig ihre Kompetenz in ökologischen Fragen verloren" und seien "nur noch auf Pöstchen aus". Bei Green Gecco handele es sich um das "Grüne Feigenblatt" für eine völlig verfehlte Energiepolitik des RWE-Konzerns.

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