Juli 2010

100711

ENERGIE-CHRONIK


E.ON zieht sich aus der Schweiz zurück

Der E.ON-Konzern verkauft seine 21-prozentige Beteiligung am Schweizer Stromunternehmen BKW FMB Energie AG (Bern). Wie er am 1. Juli mitteilte, erwirbt die BKW in einem ersten Schritt rund neun Prozent der Aktien selbst. Weitere rund fünf Prozent gehen an den schweizerischen Energieversorger Groupe E. Für die restlichen rund sieben Prozent der Anteile erhält die BKW eine Kaufoption bis zum 30. September 2011. Der Verkauf der ersten zwei Tranchen erbringt rund 346 Millionen Euro. Bei Ausübung der Kaufoption erhält E.ON weitere rund 180 Millionen Euro

Den Hintergrund bildet offenbar, daß E.ON keine Möglichkeit sieht, über die BKW im Schweizer Strommarkt mitzumischen. "Die Zusammenarbeit mit der BKW hat sich in vergangenen Jahren gut entwickelt und war wirtschaftlich erfolgreich", erklärte E.ON-Finanzvorstand Marcus Schenck. "Neben der Wirtschaftlichkeit ist uns aber auch unternehmerischer Gestaltungsspielraum wichtig. Dieser ist begrenzt, da der Kanton Bern die Mehrheit der Anteile halten will. Daher haben wir uns zur Abgabe unserer Anteile entschieden."

Nach dem vor acht Jahren erfolgten Ausstieg bei der Watt AG (020504) gibt E.ON damit auch die Beteiligung an den BKW auf, die vom Vorgänger-Unternehmen PreussenElektra in den Jahren 1997 und 1999 erworben worden war (970209). Wie schon RWE (040406) zieht sich der Konzern ganz aus der Schweizer Strombranche zurück, nachdem aus Zusammenschlüssen einheimischer Stromversorger die beiden Platzhirsche Axpo (020504) und Alpiq (090107) entstanden sind. Während RWE der Axpo wich, begannen für E.ON die strategischen Felle davonschwimmen, als es bei der Gründung von Alpiq nicht gelang, die BKW miteinzubinden (051005). Dagegen verfügt die französische EDF mit einer 25-prozentigen Beteiligung an Alpiq über relativ starken Einfluß in der Schweiz.

Groupe E verzichtet auf "Scheibe" an Steinkohlekraftwerk in Brunsbüttel

Die Groupe E, die jetzt von E.ON fünf Prozent an BKW übernimmt, entstand Anfang 2005 aus der Fusion der Freiburgischen Elektrizitätswerke (FEW) und der Electricité Neuchâteloise SA (ENSA). Das westschweizerische Unternehmen, das 790 Mitarbeiter beschäftigt und über eine Eigenerzeugung von 548 Gigawattstunden verfügt, ist mit 22,3 Prozent an der EOS-Holding beteiligt, die ihrerseits 31 Prozent an Alpiq besitzt (090107). Durch den Zukauf steigt die Beteiligung von Groupe E an BKW auf 10 Prozent, während die BKW ihrerseits unverändert mit 10 Prozent an Groupe E beteiligt bleiben.

Den finanziellen Spielraum für den Erwerb der E.ON-Anteile verschafft sich die Groupe E, indem sie auf die Beteiligung an einem Steinkohlekraftwerk verzichtet, das die in Tübingen ansässige "Südweststrom" (061209) in Brunsbüttel errichtet. Im Juli 2008 hatte sie sich an den beiden Blöcken mit einer Leistung von jeweils 900 MW eine vergleichsweise kleine "Scheibe" von 50 MW gesichert. Diese steht nunmehr wieder zum Verkauf. "Das gewählte Modell ermöglicht nicht mehr die Lieferung von Elektrizität zum Selbstkostenpreis", begründete die Groupe E am 12. April 2010 den Rückzug in Brunsbüttel, "es wird mehr und mehr zu einer einfachen finanziellen Transaktion, was nicht zur Versorgungssicherheit der Groupe-E-Kunden beiträgt". Außerdem sei bei dem Kraftwerksprojekt eine Verspätung von zwei Jahren zu verzeichnen.

Rätia Energie plant GuD-Kraftwerk in Deutschland und nennt sich jetzt Repower

Eine maßgebliche Rolle bei der Verwirklichung des Südweststrom-Projekts in Brunsbüttel spielte bisher die schweizerische Rätia Energie AG mit Sitz in Graubünden. Sie wollte sich an dem Kraftwerke eine "Scheibe" von 200 bis 400 MW sichern. Vor einem Jahr hat sie mit den anderen Gesellschaftern der SüdWestStrom Kraftwerk GmbH & Co. KG sogar vereinbart, daß sie vorübergehend als Mehrheitsgesellschafterin in das Projekt einsteigt, um die Realisierung eines ersten Blocks sicherzustellen. Ende März teilte sie aber überraschend mit, daß ihr die Verwirklichung des Projekts "angesichts der energiepolitischen Rahmenbedingungen in Deutschland in absehbarer Zeit nicht realistisch" erscheine. Als Alternative plane sie nun ein Gas- und Dampfkraftwerk (GuD) mit einer Leistung von rund 430 MW auf dem Gelände des "Chempark Leverkusen". Es soll in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden und den "Chempark"-Betreiber Currenta, hinter dem der Chemiekonzern Bayer steht, mit Prozeßdampf versorgen.

Die Rätia Energie AG gehört zu 46 Prozent dem Kanton Graubünden, zu 25 Prozent Alpiq und zu 21 Prozent der EGL (Axpo-Gruppe). Seit Mai 2010 firmiert sie unter dem neuen Namen Repower. Die deutsche Stromvertriebstochter Rätia Energie Deutschland GmbH mit Sitz in Dortmund heißt entsprechend nunmehr Repower Deutschland GmbH. Die Verwechslungsgefahr mit dem Windkraftanlagen-Hersteller gleichen Namens soll zuvor bedacht worden sein. Die Repower Systems AG scheint indessen keine Einwände gegen den schweizerischen Namensvetter gehabt zu haben.

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