Juli 2011

110706

ENERGIE-CHRONIK


 


Zu den RWE-Wasserkraftwerken, die jetzt die Bahn angeblich mit "Öko-Strom" versorgen, gehört auch das über hundert Jahre alte Werk Heimbach an der Rur.
Foto RWE

Bahnstrom bekommt ein grünes Schleifchen

Die Deutsche Bahn und RWE unterzeichneten am 25. Juli einen langfristigen Stromliefervertrag. Das Verkehrsunternehmen bezieht demnach von 2014 bis 2028 jährlich rund 900 Gigawattstunden aus RWE-Kraftwerken. Das sind etwa sieben Prozent des Strombedarfs der DB, die ihren Angaben zufolge jährlich 10,3 Terawattstunden an Fahrstrom (16,7 Hertz, einphasig) und 1,7 Terawattstunden normalen Wechselstrom (50 Hertz, dreiphasig) benötigt. Der Strombezug wird die Bahn insgesamt "deutlich mehr als eine Milliarde Euro" kosten.

Der Stromliefervertrag fand ungewöhnlich starke Beachtung in den Medien – bis hin zur "Tagesschau" des ARD-Fernsehens – weil ihn die Vertragspartner in zeitgemäß-grüner Verpackung als "Öko-Strom" zu servieren verstanden, der ausschließlich aus Wasserkraftwerken stamme. Indessen handelt es sich lediglich um die übliche Augenwischerei mit Zertifikaten für regenerative Kapazitäten, für die kein Anspruch auf EEG-Förderung besteht. RWE vermarktet auf diese Weise seine alten Wasserkraftwerke, nachdem die Bündelung von Kernenergie und Wasserkraft zum "Klimaschutz"-Tarif (081109), mit der RWE-Chef Jürgen Großmann ein breites Publikum mehr provozierte als gewann, durch den Ausstieg aus der Kernenergie vollends unzeitgemäß geworden ist. Der Mix der RWE-Stromerzeugung und der physische Stromfluß ändern sich nicht im geringsten, wenn der Strom aus den alten Wasserkraftwerken des Konzerns an Mosel, Saar, Rhein, Ruhr oder Rur nun als "Ökostrom" vom TÜV zertifiziert und für allerlei Rechenkunststücke verwendet wird. Die Deutsche Bahn kann aber so den Anteil regenerativer Energien am Bahnstrom von derzeit 19,8 Prozent rechnerisch auf rund 28 Prozent erhöhen.

Bahn braucht Ersatz für stillgelegten Maschinensatz in Neckarwestheim

Zum Teil ersetzt der Vertrag mit RWE die Stromproduktion, die durch die Stillegung des Kernkraftwerks Neckarwestheim 1 entfällt (110601). An der Gesamtleistung des Kernkraftwerks (785 MW) war die Bahn bisher mit einem eigenen Bahnstrom-Maschinensatz (152 MW) beteiligt. Außerdem verfügt sie über einen Leistungsanteil in derselben Höhe am Kernkraftwerk Neckarwestheim 2 (1305 MW), der per Umformer in Bahnstrom umgewandelt wird. Diese Stromlieferung bleibt ihr bis auf weiteres erhalten, da Neckarwestheim 2 gemäß den im Atomgesetz genannten Schlußterminen noch bis Ende 2022 produzieren darf.

Auch DB-Chef Grube forderte längere Laufzeiten für Kernkraftwerke

DB-Chef Rüdiger Grube hatte im August 2010 zu jenen Spitzenmanagern der deutschen Wirtschaft gehört, die in ganzseitigen Zeitungsanzeigen eine Laufzeitenverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke forderten (100802). Noch im Februar dieses Jahres prangerten Greenpeace-Aktivisten mit einer Aktion am Berliner Hauptbahnhof den Strom-Mix der Bahn an, weil er zu 25 Prozent aus Kernkraft, zu 45 Prozent aus Kohle und lediglich zu 18,5 Prozent aus erneuerbaren Energien bestehe. Auch deshalb dürfte die DB besonderen Wert darauf gelegt haben, die CO2-freien Atomstromlieferungen aus Neckarwestheim nicht einfach durch RWE-Strom zu ersetzen, sondern als Strom aus Wasserkraft zu deklarieren.

Links (intern)