August 2012

120806

ENERGIE-CHRONIK


 


Obwohl seit 2009 die Beschaffungskosten deutlich gesunken sind, hat sich das auf die Endpreise ohne Steuern, Abgaben und Netzentgelte nicht entsprechend ausgewirkt (Grafik aus dem Kurzgutachten).

Versorger geben gesunkene Börsenstrompreise nicht weiter: "Haushalte zahlen drei Milliarden Euro zuviel"

Aufgrund der Preisentwicklung an der Strombörse müßten die Strompreise für Haushaltskunden und andere Kleinverbraucher aktuell um zwei Cent pro Kilowattstunde niedriger sein. Die Versorger geben jedoch die geringeren Beschaffungskosten nicht weiter. Lediglich für Industriekunden sind die Konditionen besser. Die Stromrechnung der deutschen Haushalte ist deshalb in diesem Jahr um rund drei Milliarden Euro zu hoch. Zu diesen Feststellungen gelangt eine Studie, die die Grünen-Abgeordnete Bärbel Höhn am 24. August auf ihrer Internet-Seite veröffentlichte. Verfasser ist der Energieexperte Gunnar Harms, der schon öfter im Auftrag der Bundestagsfraktion der Grünen derartige "Kurzgutachten" erstellt hat (110104, 100801, 090404).

Harms widerspricht der gängigen Meinung, daß die Strompreise hauptsächlich durch die EEG-Umlage nach oben getrieben würden. Tatsächlich sei die EEG-Umlage für weniger als die Hälfte der Preiserhöhungen seit 2007 verantwortlich. Größeren Anteil hätten die Beschaffungs- und Vertriebskosten, wie auch aus dem Jahresbericht 2011 der Bundesnetzagentur hervorgeht. Bei Betrachtung des 5-Jahres-Zeitraumes von 2007 bis 2012 seien jedoch die geltend gemachten Beschaffungskosten angesichts der Strompreisentwicklung an der Börse zu hoch. Der deutliche Anstieg der Vetriebskosten sei ebenfalls zum großen Teil "nicht plausibel". Insgesamt gelangt Harms so zu den erwähnten zwei Cent, um die der Preise für Haushaltsstromkunden niedriger sein müßte.

"Haushaltskunden werden von Stromanbietern und Politik gleichzeitig in die Zange genommen"

"Die Stromrechnungen für die privaten Haushaltskunden steigen unaufhaltsam, weil sie von Stromanbietern und der Politik gleichzeitig in die Zange genommen werden", erklärte dazu die Abgeordnete Bärbel Höhn. "Stromversorger wie E.ON oder RWE machen erhöhte Gewinne, weil sie gesunkene Einkaufspreise nicht weiter geben. Und die Bundesregierung lädt die Kosten der Energiewende hauptsächlich bei den Verbrauchern ab, indem sie die Unternehmen breit entlastet." Als Ausweg empfahl die Grünen-Politikern den Verbrauchern, verstärkt den Stromanbieter zu wechseln, weil dann "die angestammten Versorger merken, daß man dieses Kundensegment bei Preissenkungen nicht vergessen darf".

Ob häufiger Anbieter-Wechsel tatsächlich ein probates Mittel ist, um die Strompreise zu senken, kann allerdings bezweifelt werden. Es spricht einiges dafür, daß der starke Anstieg der Vertriebskosten, den Harms in seinem Kurzgutachten zum großen Teil für "nicht plausibel" hält, eine Folge der erhöhten Kosten für häufigen Lieferantenwechsel inklusive teurer Kundenwerbung und hoher Vermittler-Provisionen ist (120506). Ausgeblendet wird bei diesem Kurzgutachten auch, daß das Sinken der Börsenstrompreise eine Folge der seit 2009 praktizierten und seit 2010 vorgeschriebenen "Vermarktung" bzw. Verramschung des EEG-Stroms über die Börse ist. Die niedrigeren Beschaffungskosten der Versorger werden somit von den Kleinverbrauchern über eine stark gestiegene EEG-Umlage finanziert. Eine Weitergabe der gesunkenen Beschaffungskosten an der Börse durch die Versorger wäre deshalb nicht nur möglich – die Haushaltskunden haben geradezu einen moralischen Anspruch darauf (120204).

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