Mai 2015

150502

ENERGIE-CHRONIK


 

"Nordsee Ost" ist der sechste Windpark in der deutschen Nordsee, der offiziell die Netzeinspeisung aufgenommen hat. Links wird gerade eine der 6-MW-Windkraftanlagen montiert. Das hundert Meter lange Spezialschiff hat sich dabei durch das Ausfahren von Stahlbeinen in eine Hubinsel verwandelt. Die "Friedrich Ernestine" und das baugleiche Schwesterschiff "Victoria Mathias" hatte der RWE-Konzern eigens für solche Offshore-Montagen bauen lassen. Inzwischen hat er aber beide Schiffe wieder verkauft, um seine Finanznöte zu lindern (130906). Das Foto rechts zeigt den Windpark aus der Vogelschau. Der gelbe Punkt im oberen Drittel ist die Umspannstation, die den von den 48 Anlagen erzeugten Drehstrom bündelt, hochtransformiert und an die HGÜ-Konverterstation Helwin alpha weiterleitet.

RWE nimmt Windpark Nordsee Ost in Betrieb

RWE hat am 11. Mai den Offshore-Windpark "Nordsee Ost" eingeweiht. Die 48 Windkraftanlagen vom Typ Senvion 6 M (früher: Repower 6 M) drehen sich 30 Kilometer nördlich von Helgoland und verfügen über eine installierte Leistung von insgesamt 295 Megawatt. Die Wassertiefe beträgt bis zu 25 Meter. Die Netzanbindung erfolgt über die Konverterplattform HelWin alpha, an die auch der benachbarte Windpark Meerwind angeschlossen ist (141108). Von der Konverterplattform führt ein HGÜ-Kabel über 85 Kilometer durch die Nordsee und weitere 45 Kilometer an Land zum Umspannwerk Büttel, wo eine zweite Konverterstation den Gleichstrom wieder in Drehstrom umwandelt. Der Windpark gehört zu den Offshore-Projekten, die im Rahmen eines 2010 bewilligten Vier-Milliarden-Programms für Energieprojekte von der EU unterstützt werden (100313). Die EU-Förderung beträgt 50 Millionen Euro. Die Gesamtkosten belaufen sich nach RWE-Angaben auf über eine Milliarde Euro.

Der Windpark Nordsee Ost wurde bereits vor elf Jahren vom Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie (BSH) genehmigt und ist damit eines der ältesten Vorhaben vor der deutschen Küste. Projektträger war zunächst die Planungsgesellschaft Winkra, die Ende 2002 vom niederländischen Energiekonzern Essent übernommen wurde (021215). Mit der Einverleibung von Essent durch RWE (090601) gelangte das Projekt an die RWE Innogy, die 2010 mit der Verwirklichung begann (100107).

Siemens verschlampte Bau des Umspannwerks und mußte Entschädigung leisten


Weil Siemens mit dem Auftrag nicht zu Rande kam, wurde die 1800 Tonnen schwere Umspannstation binnen 16 Monaten von einer dänischen Firma vollendet und im Juli 2014 übergeben.
Fotos (3): RWE

Eigentlich sollte die Inbetriebnahme schon bis 2013 erfolgt sein. Es kam dann aber zu Verzögerungen bei der Erstellung des Umspannwerks und des HGÜ-Netzanschlusses. Das Umspannwerk bündelt den von den Windkraftanlagen erzeugten Drehstrom und bringt ihn von 33 auf 110 Kilovolt, bevor er zur Gleichrichtung an die Konverterstation HelWin alpha übergeben wird. Es sollte von Siemens geliefert werden. Der renommierte Elektrokonzern, der sich auch mit anderen Wind-Projekten übernommen hatte (130704), war aber nicht imstande, den im August 2010 erteilten Auftrag ordnungsgemäß auszuführen. RWE kündigte deshalb im März 2013 den Vertrag mit Siemens und beauftragte die dänische Firma Bladt Industries mit der Fertigstellung der Anlage. Bei einem anschließenden schiedsgerichtlichen Verfahren fand sich Siemens zu einer Entschädigung bereit, über deren Umfang beide Seiten Stillschweigen vereinbarten. Sie scheint indessen nicht unerheblich gewesen zu sein, denn der RWE-Geschäftsbericht 2014 erwähnt "ungeplante Sondererträge aus Schadenersatzleistungen, die uns für fremdverschuldete Verzögerungen bei der Fertigstellung des Windparks Nordsee Ost gewährt wurden".

Für die von TenneT verschuldete Verzögerung müssen die Stromverbraucher aufkommen

Außerdem hat sich RWE schon vor drei Jahren über eine 15-monatige Verzögerung beim Bau der HGÜ-Netzanbindung HelWin 1 beklagt und von einem drohenden Schaden in dreistelliger Millionenhöhe gesprochen (120702). Für diesen Teil der elektrischen Installation, der die 130 Kilometer lange HGÜ-Verbindung zum Festland mit den beiden Konverterstationen umfaßt, ist der Netzbetreiber TenneT verantwortlich und aufgrund des Ende 2012 beschlossenen Offshore-Haftungsgesetzes (121103) auch entschädigungspflichtig, wenn er den Netzanschluß nicht rechtzeitig fertigstellt. Auf Anfrage teilte RWE mit, daß man bei TenneT einen Antrag nach dem Offshore-Haftungsgesetz gestellt und "bereits erste Entschädigungszahlungen erhalten" habe. Diese Zahlungen muß freilich nicht TenneT tragen, sondern werden über die Netzentgelte auf die Stromverbraucher abgewälzt.

Inzwischen gibt es in der Nordsee sechs Windparks

Nach "Alpha ventus" (100413), "Bard 1" (130815), "Riffgat" (140211), "Meerwind" (141108) und "Dan Tysk" (150503) ist "Nordsee Ost" der sechste Windpark in der deutschen Nordsee, der offiziell die Netzeinspeisung aufgenommen hat. Mit Ausnahme von "Alpha ventus" werden alle Windparks kommerziell betrieben. Die in der deutschen Nordsee installierte Nennleistung beläuft sich nun auf insgesamt 1.440 MW. Nicht berücksichtigt sind dabei zwei einzelne Windkraftanlagen im Leistungsbereich von 5 MW, die in Wassertiefen von 3 und 5 Meter unmittelbar vor der friesischen Küste installiert wurden. Ferner steht die Kapazität von Bard 1wegen andauernder elektrischer Probleme weiterhin nur beschränkt zur Verfügung (140612, 141108).

 

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