Mai 2016

160506

ENERGIE-CHRONIK


Care-Energy hat noch immer nicht gezahlt

Auch ein halbes Jahr nach dem Urteil des Landgerichts Hamburg, mit dem der Energieanbieter Care-Energy zur Nachzahlung von 85,5 Millionen Euro EEG-Umlage zuzüglich Zinsen verurteilt wurde (160309), ist das Unternehmen diese Summe schuldig geblieben. Dies teilten die Übertragungsnetzbetreiber auf Nachfrage übereinstimmend mit. Sowohl TenneT als auch 50Hertz, Amprion und TransnetBW haben die vom Gericht bewilligte vorläufige Vollstreckung des Urteils in die Wege geleitet. Weshalb sich die Eintreibung der nicht abgeführten EEG-Umlagen so schwierig gestaltet, ist vorläufig nur zu vermuten, da keiner der vier Netzbetreiber dazu nähere Angaben machen wollte. Es liegt aber auf der Hand, daß die hohen Nachforderungen in einem Mißverhältnis zur finanziellen Schwachbrüstigkeit des Firmengeflechts stehen, das unter der Dachmarke Care-Energy agiert.

Die "Care-Energy Energiedienstleistungs GmbH & Co. KG", die vom Urteil des Landgerichts Hamburg unmittelbar betroffen ist, nennt sich inzwischen "Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatungs GmbH & Co. KG". Die Kundenwerbung hat sie an die "Care Energy AG" abgegeben, die im Unterschied zur Vorgängerin die EEG-Umlagen abführt. Ihr vorläufiges Fortleben im Handelsregister dient erklärtermaßen nur noch juristischen Zwecken, wie aus dem jüngsten Eintrag vom 25. April hervorgeht: "Der Gegenstand des Unternehmens beschränkt sich allein darauf, aktiv und passiv laufende und künftige Rechtsverfahren abzuwickeln."

Falls die Übertragungsnetzbetreiber auf ihren Forderungen sitzen bleiben sollten, würde dies ein weiteres Mal belegen, daß die über zweitausend Strom- und Gasanbieter in Deutschland nur unzureichend kontrolliert werden. Anders als bei den Skandalen um "Teldafax" (130206) oder "Flexstrom" (130401) würde der angerichtete Schaden sämtliche Stromverbraucher treffen: Diese müßten dann die rund hundert Millionen Euro EEG-Umlage, die Care-Energy nach einer vorläufigen Schätzung der Übertragungsnetzbetreiber insgesamt schuldig geblieben ist, zusätzlich aufbringen. Zugleich müßten sich Behörden und Netzbetreiber fragen lassen, weshalb sie den Praktiken von Care-Energy nicht frühzeitiger, energischer und effizienter entgegengetreten sind.

Dubioses Geschäftsgebaren sorgt weiterhin für Ärger

Unterdessen sorgt Care-Energy bei Verbraucherschützern und enttäuschten Kunden weiterhin für Unmut. "Wir verzeichnen bereits seit einigen Monaten eine erhebliche Anzahl Beschwerden von Verbrauchern, die einen Vertrag mit dem Anbieter haben", berichtete die Verbraucherzentrale Sachsen am 3. Mai in einer Pressemitteilung. Zum großen Ärger vieler Kunden zahle der Energieanbieter häufig Guthaben nicht aus, die in der Jahresrechnung ausgewiesen sind. Trotz Mahnschreiben bekämen die Betroffenen oft auch nach Wochen das ihnen zustehende Geld nicht zurück. Außerdem erhalte ein Teil der Kunden Abrechnungen, in denen Abschläge nicht berücksichtigt sind, die nachweislich im entsprechenden Zeitraum geleistet wurden. Andere wiederum bekämen innerhalb kurzer Zeit widersprüchliche Schreiben, in denen das eine Mal von einem Guthaben und ein anderes Mal von einer Nachzahlung die Rede ist. Die Mahnungen würden teilweise per Mail verschickt und deshalb wegen ihrer Ähnlichkeit zu Spam-Mails von Verbrauchern leicht übersehen.

"Nicht zuletzt kämpfen die so Betroffenen auch noch mit einem komplizierten und undurchsichtigen Unternehmenskonstrukt, das Care-Energy aufgebaut hat", bemerkte die Verbraucherzentrale weiter. Forderungen würden von unterschiedlichen Unternehmen des Firmengeflechts geltend gemacht. Die Kunden liefen dadurch Gefahr, daß ihnen Care-Energy Forderungen mehrfach präsentiere, weil ihre Zahlungen nicht an der richtigen Stelle eingegangen seien.

Oberlandesgericht Wien bestätigt Verurteilung

In Österreich bestätigte das Oberlandesgericht Wien jetzt ein Urteil des Handelsgerichts Wien vom Januar dieses Jahres, mit dem Care-Energy auferlegt wurde, unzulässige Praktiken bei der Kundenwerbung zu unterlassen und gesetzwidrige Stellen der Geschäftsbedingungen zu ändern. Geklagt hatte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums. Anlaß waren zahlreiche Beschwerden, die auch die Regulierungsbehörde E-Control zu einer Warnung vor dem Energieanbieter veranlaßt hatten (150315). Konkret ging es um Schreiben, die Care-Energy im März 2015 an zahlreiche Personen verschickte und den Eindruck erweckten, als ob die Adressaten einen Liefervertrag geschlossen hätten: Den Angeschriebenen wurde für die angebliche Beauftragung als "Energiedienstleister" gedankt und eine "EDL-Vertragsnummer" für den angeblich zum 1. April 2015 vereinbarten Vertragsbeginn zugeteilt. Anscheinend ging Care-Energy davon aus, daß zumindest ein Teil der Adressaten sich täuschen und überrumpeln lassen würde.

 

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