September 2016

160904

ENERGIE-CHRONIK


Bundesanstalt weist Vorwurf der Kumpanei mit der CCS-Lobby zurück

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) wies am 13. September den Vorwurf zurück, sie habe sich über die sogenannte Drittmittel-Forschung von Unternehmen der Energiewirtschaft für deren Ziele einspannen lassen. Zuvor hatte der Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung berichtet, daß Unternehmen wie RWE, E.ON , Vattenfall und Shell in insgesamt 16 Fällen Forschungsprojekte der Bundesanstalt mitfinanziert hätten. Die Hälfte dieser Projekte habe sich mit der umstrittenen CCS-Technologie zur Speicherung von CO2 im Untergrund befaßt. In den zurückliegenden Jahren habe die BGR auf diese Weise insgesamt 15 Aufträge eingeworben und 2,1 Millionen Euro allein zur Deckung von Personalkosten erhalten.

Gesponserte Mitarbeiter wurden angeblich nur aufgrund ihrer Qualifikation eingestellt

Die BGR räumte ein, daß ihr sogenanntes Stability-Projekt zur Speicherung von CO2 im Untergrund von der RWE Power AG mitfinanziert wurde, die beispielsweise in Hürth ein neues Braunkohlekraftwerk mit CO2-Abscheidung plante (091110) oder das Kraftwerk Hamm nachträglich mit einer CO2-Wäsche nach dem "Carbon capture and storage"-Verfahren (CCS) ausrüsten wollte (080904). Dabei habe man "mit den vom Unternehmen eingebrachten finanziellen Mitteln zusätzlich zum Stammpersonal der BGR zwei wissenschaftliche Mitarbeiter eingestellt". Diese Mitarbeiter seien aber "aufgrund ihrer Qualifikation und erworbenen Berufserfahrung ausgewählt" worden. Die Dienst- und Fachaufsicht für das eingestellte Personal habe allein die BGR ausgeübt. Abordnungen von Unternehmens-Mitarbeitern an die BGR habe es nicht gegeben. Auf die anderen gesponserten Forschungsprojekte ging die BGR in ihrer Pressemitteilung nicht ein.

Stiftung belohnte Studien, die der Energiewirtschaft genehm waren

Schon im Juni hatte der Rechercheverbund über die Verflechtung der BGR mit der sogenannten Hans-Joachim-Martini-Stiftung berichtet, die zu Anfang der achtziger Jahre von Unternehmen der Rohstoff-, Energie- und Chemieindustrie gegründet wurde, um "junge bzw. verdiente Mitarbeiter der BGR durch maßvolle finanzielle Anreize zu belohnen", wie es seinerzeit in einer internen Notiz geheißen habe. Diese Stiftung habe beispielsweise eine Studie mit 50.000 Mark belohnt, die herausgefunden haben wollte, daß die CO2-Emissionen nicht die Hauptursache des drohenden Klimawandels sind. Ein anderer BGR-Wissenschaftler habe den Preis für eine Untersuchung erhalten, die dem Salzstock Gorleben die Eignung als Atommüll-Endlager bescheinigte. Die Stiftung existiere bis heute, sei unter der Anschrift der BGR gemeldet und ihre Geschäftsführung sei in den vergangenen Jahrzehnten stets von Mitarbeitern der BGR besorgt worden.

Auseinandersetzung um CCS hat sich inzwischen weitgehend erledigt

RWE, Vattenfall und E.ON hatte sich seinerzeit für die Zulassung der Abscheidung und unterirdischen Speicherung von CO2 eingesetzt, um trotz der sich verschärfenden Treibhausgas-Problematik weiter neue Kohlekraftwerke errichten zu können. Wegen des heftigen Widerstands gegen die damit verbundenen Risiken kam jedoch ein entsprechendes Gesetz der schwarz-gelben Koalition in der 16. Legislaturperiode nicht mehr zustande (090602). Ein von der folgenden schwarz-gelben Regierung betriebener Gesetzentwurf sah anstelle einer Dauerregelung nur eine Erprobung dieser Technik vor (100703) und wurde auf Verlangen der CDU-regierten Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein weiter abgeschwächt (100903). Nachdem das Gesetz schließlich den Bundestag passiert hatte (110703), scheiterte es überraschend im Bundesrat (110901). Als es nach weiteren Änderungen schließlich in Kraft treten konnte (120604), war es für die Großstromerzeuger uninteressant geworden, zumal inzwischen immer deutlicher wurde, daß sie mit ihrer Fehlorientierung auf den weiteren Bau von Kohlekraftwerken und die Verzögerung des Atomausstiegs sich nur selber geschadet hatten (siehe Hintergrund Oktober 2013).

 

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