Oktober 2016

161002

ENERGIE-CHRONIK


 


Auf der Sonnenseite des RWE-Konzerns: Die Innogy-Vorstände Hans Bünting (Erneuerbare Energien), Hildegard Müller (Netz und Infrastruktur), Peter Terium (Vorsitzender), Bernhard Günther (Finanzen), Martin Herrmann (Vertrieb) und Uwe Tigges (Personal).
Foto: Innogy

RWE-Tochter Innogy ist zweieinhalb mal soviel wert wie die Mutter

Der RWE-Konzern hat am 7. Oktober seine neue Tochter Innogy SE (151207) an die Börse gebracht. Der Schlußkurs für die Papiere, die für 36 Euro an der Frankfurter Wertpapierbörse plaziert wurden, stieg bis Ende des Monats auf 36,45 Euro und erreichte zwischendurch 38,25 Euro. Gemessen am Emissionsvolumen gelang RWE der größte Börsengang in Deutschland seit Ende 2000. Die Marktkapitalisierung der insgesamt 555.555.000 ausgegebenen Innogy-Aktien belief sich auf knapp 21 Milliarden Euro, womit die neue Tochter ungefähr den zweieinhalbfachen Börsenwert des Mutterkonzerns erreichte. Zusammengenommen waren Innogy und RWE fast 30 Milliarden Euro wert. Um ähnlich hohe Werte für die Marktkapitalisierung des alten RWE-Konzerns zu finden, muß man dessen Talfahrt bis 2012 zurückverfolgen.

Der Erfolg der neuen RWE-Tochter überraschte insofern nicht, als sie von der Mutter so ziemlich alles bekommen hat, was lukrativ und zukunftsträchtig am bisherigen Geschäft war: Neben den Erneuerbaren Energien sind das Netz und Vertrieb. Dagegen verblieben die konventionelle Stromerzeugung mit Kohle- und Kernkraftwerken sowie der Energiehandel bei der RWE AG, die von einer Holding zu einer operativ tätigen Gesellschaft umgewandelt wurde. Innogy übertrifft die Mutter nicht nur beim Börsenwert, sondern hat mit rund 40.000 Mitarbeitern auch einen doppelt so hohen Personalbestand.

Verfehlte Geschäftspolitik wurde erst nach dem Amtsantritt von Peter Terium korrigiert


Dem bei 15 Euro liegenden Kurs der RWE-Aktie (blau) fügte die Plazierung der Innogy-Aktien am 7. Oktober (rot) zunächst eine Delle zu, zog ihn dann aber wieder mit nach oben – schließlich gehört die neue Tochter weiterhin zu mindestens 75 Prozent dem Mutterkonzern.

Mit der Abspaltung von Innogy verfolgt RWE das Ziel, den Börsenwert des Gesamtunternehmens wieder zu steigern, der in den vergangenen neun Jahren dramatisch geschrumpft ist: Während er Anfang 2008 mit rund 100 Euro pro Aktie seinen Höchststand erreicht, fiel er seitdem fast kontinuierlich bis auf unter 15 Euro (151207). Der Grund dafür war eine verfehlte Geschäftspolitik, die vor allem unter dem früheren Konzernchef Jürgen Großmann weiterhin auf Atom- und Kohlestrom gesetzt hatte. Zum Beispiel wollte Großmann den in Deutschland nicht mehr möglichen Bau von Kernkraftwerken durch die Errichtung von Reaktoren in Bulgarien und Rumänien (091002, 110113) oder Großbritannien (121015) umgehen. Den weiteren Ausbau der klimaschädlichen Kohleverstromung wollte er mittels der aufwendigen und umweltgefährdenden CCS-Technologie durchsetzen (080912, 110511). Erst unter seinem Nachfolger Peter Terium kam es endlich zur Verabschiedung von der Kernenergie und zum vorläufigen Verzicht auf den Bau weiterer Kohle- und Gaskraftwerke (120812). Terium hat jetzt den Vorstandsvorsitz von Innogy übernommen, während sein bisheriger Stellvertreter Rolf Martin Schmitz neuer Chef der RWE AG wurde (160312).

RWE will weiterhin 75 Prozent an Innogy behalten

Die rückwirkend zum 1. Januar 2016 gegründete Innogy SE ist seit 1. April 2016 operativ tätig. Sie verfügte zunächst über ein Grundkapital von 1 Million Euro. Es war eingeteilt in 500.000.000 nennwertlose Stückaktien, die im Eigentum von RWE verblieben. Im Zuge des Börsengangs erhöhte sie dieses Grundkapital durch die Ausgabe von 55.555.000 weiteren solcher Inhaberaktien auf 1.111.110.000 Euro. Die Beteiligung von RWE sank damit auf 90 Prozent. Sie soll aber weiter bis auf 75 Prozent verringert werden. Durch Beschluß der Hauptversammlung vom 30. August wurde der Vorstand ermächtigt, das jetzige Grundkapital mit Zustimmung des Aufsichtsrats bis zum 29. August 2021 um bis zu 333.333.000 Euro aufzustocken, was durch die Ausgabe von bis zu 166.665.500 auf den Inhaber lautenden Stückaktien gegen Bar- und/oder Sacheinlagen geschieht. Das Bezugsrecht der Aktionäre kann dabei ausgeschlossen werden.

Der von britischen Werbern erfundene Kunstname wird weiterhin "Innotschi" ausgesprochen

Die neue Tochter firmierte zunächst unter RWE International SE. Den Namen Innogy erhielt sie erst Ende Juni dieses Jahres bzw. durch eine entsprechende Änderung im Handelsregister am 1. September. Er stammt von jener Führungsgesellschaft, in der RWE ab 1. Februar 2008 das gesamte Geschäft mit erneuerbaren Energien gebündelt hatte (071114). Diese bezog ihn wiederum von der früheren Führungsgesellschaft für das Energiegeschäft in Großbritannien, die so hieß, bis sie ab August 2004 den Namen "RWE npower" bekam (030604).

Bei "Innogy" handelte es sich um einen Kunstnamen, den britische Werber für das Inlandsgeschäft der früheren National Power erfanden, bevor es von RWE gekauft wurde (020305). Angeblich entstand er aus der Zusammenziehung von "innovation" und "energy". Möglicherweise wollte man aber auch von Anklängen an "innocent" (unschuldig) oder "innocuous" (harmlos) profitieren. Auf Anfrage teilte RWE mit, daß "innogy" – so die firmenoffizielle Kleinschreibweise – als Kombination aus "innovation" und "energy" betrachtet werde und weiterhin englisch auszusprechen sei (also "Innotschi").

 

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