Oktober 2016

161009

ENERGIE-CHRONIK


Kraftwerk Buschhaus stillgelegt – EPH profitiert als erster von der Abwrackprämie

Das Kraftwerk Buschhaus ging am 1. Oktober offiziell vom Netz. Es ist der erste von insgesamt acht Braunkohle-Kraftwerksblöcken, die aufgrund des "Strommarktgesetzes" bis Oktober 2019 sukzessive abgeschaltet und in eine jeweils vier Jahre dauernde "Sicherheitsbereitschaft" überführt werden. Die Kosten dieser an sich sinnlosen weiteren Vorhaltung der Kraftwerkskapazitäten, die im Grunde eine Abwrackprämie darstellt, werden von der Bundesregierung mit 1,6 Milliarden Euro veranschlagt und über die Netzentgelte den Stromverbrauchern auferlegt (160604, 160503, siehe auch Hintergrund).


Um Asche und Rauchgase möglichst weiträumig verteilen zu können, bekam die "Dreckschleuder der Nation" den größten Schornstein Deutschlands mit einer Höhe von 307 Metern. Rechts hinter dem Kraftwerk Buschhaus sieht man den Tagebau Schöningen, der inzwischen völlig ausgekohlt ist.
Foto: Wikipedia

Schon E.ON wollte das Kraftwerk bis 2017 stillegen

Daß die "Sicherheitsbereitschaft" nur eine verbrämte Subventionierung der Kraftwerksbetreiber darstellt, zeigt sich besonders beim Kraftwerk Buschhaus: Schon der Vorbesitzer E.ON wollte es stillegen, weil der benachbarte Tagebau Schöningen bis spätestens 2017 erschöpft gewesen wäre. Stattdessen verkaufte er 2013 das Kraftwerk mitsamt dem kleinen Helmstedter Revier an die Mitteldeutsche Braunkohlengesellschaft mbH (Mibrag), die seit kurzem dem tschechischen EPH-Konzern gehörte. EPH wurde mit diesen Erwerbungen der drittgrößte Braunkohleförderer nach RWE und Vattenfall, verfügte aber kaum über eigene Kraftwerkskapazitäten in Deutschland. Erst vor kurzem übernahm EPH auch das gesamte Braunkohlegeschäft von Vattenfall und steht seitdem nicht mehr viel hinter RWE zurück, was die Förderung und Verstromung dieser besonders klimaschädlichen Energieressource betrifft (160401).

Brennstoff kam über 200 Kilometer von der Mibrag

Mit Buschhaus erwarb der EPH-Konzern damals das erste große Braunkohle-Kraftwerk in Deutschland, das er nicht nur belieferte, sondern auch komplett selber besaß. Anstatt es nach Erschöpfung des Tagebaues Schöningen stillzulegen, wollte er es zunächst bis 2030 betreiben. Er vollbrachte sogar das Kunststück, den eigentlich als unwirtschaftlich geltenden Transport der Rohbraunkohle über längere Strecken zu bewerkstelligen und belieferte – parallel zur weiteren Ausbeutung des Tagebaues Schöningen – Buschhaus über eine Entfernung von 200 Kilometer mit Brennstoff aus dem Mibrag-Tagebau Profen. Er hatte darin bereits Erfahrung, denn seine tschechischen Braunkohle-Kraftwerke versorgte er über ähnliche und teilweise noch größere Distanzen.

Tatsächliche Abschaltung erfolgte schon am 24. September

Der EPH-Konzern und seine deutsche Tochter Mibrag profitierten dabei von der Wirkungslosigkeit des Handels mit Emissionszertifikaten (150706). Sonderlich lukrativ kann Buschhaus mit dieser Art der Brennstoffversorgung dennoch nicht gewesen sein, und mit dem Erwerb der 13 Braunkohle-Blöcke von Vattenfall – die er quasi geschenkt bekam – verfügte der Konzern ohnehin über mehr als genug eigene Kapazitäten. Da traf es sich gut, daß die Bundesregierung die Abwrackprämie für Braunkohle-Kraftwerke beschloß, die sie als Kosten für eine angeblich notwendige"Sicherheitsbereitschaft" deklarierte. Die "Dreckschleuder der Nation", wie Buschhaus in den achtziger Jahren von der Umweltschutzbewegung bezeichnet wurde (130907), konnte so als erster Stillegungs-Kandidat auf die Liste gesetzt werden. Das Kraftwerk ging übrigens nicht zum offiziellen Stillegungstermin am 1. Oktober, sondern schon am 24. September vom Netz. Zur Begründung hieß es, daß der angrenzende Tagebau Schöningen restlos ausgekohlt sei.

Als nächstes Braunkohle-Kraftwerk wird Frimmersdorf stillgelegt

Bis 2019 wird EPH außerdem auf dieselbe Weise die Blöcke F und E des ehemaligen Vattenfall-Kraftwerks Jänschwalde stillegen dürfen. Die übrigen fünf Braunkohle-Blöcke des Abwrack-Programms gehören RWE. Als nächste werden zum 1. Oktober 2017 die beiden letzten noch in Betrieb befindlichen Blöcke des RWE-Kraftwerks Frimmersdorf abgeschaltet (160503). Es sind die beiden neuesten von ursprünglich 16 Blöcken. Sie sind aber auch schon ein halbes Jahrhundert alt und nicht so rentabel wie die BoA-Blöcke der benachbarten Braunkohle-Kraftwerke Neurath und Niederaußem (120807).

 

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