Juni 2017

170609

ENERGIE-CHRONIK


VSE gibt konventionelle Stromerzeugung auf

Die saarländische RWE-Tochter VSE wird die Blöcke 1 und 3 im Kraftwerk Ensdorf zum 1. Januar 2018 stillegen und damit aus der konventionellen Stromerzeugung aussteigen. Anlaß ist die Kündigung der Pacht- und Betriebsführungsverträge für Block 3, mit denen sich die Saarstahl AG (SAG) und die Saarschmiede GmbH Freiformschmiede (SSF) bisher den Status von Eigenversorgern sicherten, um von der Zahlung der EEG-Umlage befreit zu werden. Der Rückzug der beiden bisherigen Partner habe für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen so gravierende Folgen, daß ein Weiterbetrieb des Kraftwerks nicht mehr wirtschaftlich sei, erklärte am 14. Juni VSE-Vorstand Gabriel Clemens in einer gemeinsamen Pressemitteilung der drei Unternehmen.

Eigenversorgung über die Börse kommt billiger als Aufwand für Weiterbetrieb

Die Stahl-Holding-Saar (SHS), zu der die Saarstahl mit ihrer Tochter Saarschmiede gehört, erklärte auf Nachfrage, daß die beiden Unternehmen ihren Strombedarf künftig an der Strombörse decken werden. Das sei günstiger als die bisherige Lösung, da der Block 3 in Ensdorf mittlerweile in die Jahre gekommen sei und ein erheblicher Kostenaufwand für den Weiterbetrieb entstanden wäre. Außerdem sei die Entscheidung vor dem Hintergrund des neugefaßten EEG 2017 zu sehen. Inwieweit die teilweise geänderten Bestimmungen zur EEG-Umlage die Entscheidung konkret beeinflußt haben könnten, vermochte die Pressestelle aber nicht zu sagen.

Block 2 wurde stillgelegt, weil EVS auf Atomstrom umgestiegen war

Das Kraftwerk Ensdorf wurde von VSE Anfang der sechziger Jahre zur Verstromung der Saar-Steinkohle errichtet. Mit von der Partie war die Energie-Versorgung Schwaben (EVS), die einen Teil des erzeugten Stroms abnahm. Zunächst gingen die Blöcke 1 und 2 mit jeweils 110 MW in Betrieb. 1971 folgte der Block 3 mit 283 MW. Dieser gehörte zunächst RWE, wurde aber 2011 von VSE erworben und an Saarstahl für die Eigenversorgung verpachtet. Nach der Beendigung des Steinkohle-Bergbaues an der Saar (120713) wurde die Brennstoffversorgung auf Importsteinkohle umgestellt. Block 2 wurde stillgelegt, nachdem der Stromlieferungsvertrag mit der EVS 1992 ausgelaufen war. Infolge ihrer Beteiligungen an den fünf Reaktoren in den Kernkraftwerken Neckarwestheim, Philippsburg und Obrigheim benötigte die EVS inzwischen keinen Kohlestrom mehr.

Ensdorfer Bürger verhinderten neuen Steinkohle-Doppelblock mit 1.600 MW

Indessen gab es schon Mitte der neunziger Jahre gab es Überlegungen, in Ensdorf einen neuen Block mit 500 MW zu errichten, der die Blöcke 1 und 3 ersetzen sollte (950907). Etwas später plante RWE sogar einen Steinkohle-Doppelblock mit insgesamt 1.600 MW, der rund zwei Milliarden Euro kosten und bis 2012 ans Netz gehen sollte (061114). Dieses Projekt scheiterte aber am Widerstand der Bürger von Ensdorf, die sich im November 2007 in einer Abstimmung, an der sich mehr als 70 Prozent der Wahlberechtigten beteiligten, mit klarer Mehrheit gegen die dafür notwendige Änderung des Flächennutzungsplans aussprachen (071119).

Mehrheitsbeteiligung an VSE gehört seit Februar der RWE-Tochter Innogy

Der saarländische Regionalversorger VSE gehört seit Februar dieses Jahres mehrheitlich der Innogy AG, an die der bisherige Eigentümer RWE seine Anteile übertragen hat (170306). Nach der Stillegung seines einzigen Kohlekraftwerks wird er sich künftig auf die regenerative Stromerzeugung beschränken, was auch zum Profil des neuen Eigentümers paßt. Mit einer installierten Leistung von rund 100 MW an Standorten wie Perl, Losheim, Merzig, Oberthal und Nohfelden ist das Unternehmen der größte Windparkbetreiber im Saarland. Außerdem sind VSE und die Tochter energis an mehreren Photovoltaik-Anlagen beteiligt. Weitere Projekte befinden sich in Planung.

Ursprünglich war VSE ein mehrheitlich kommunales Unternehmen. Der Einstieg von RWE begann 1962, als der Essener Konzern dem Regionalversorger sein bisheriges Versorgungsgebiet im Saarland überließ und sich dafür mit 42 Prozent beteiligen durfte. Ab 2002 stieg diese Beteiligung auf rund 55 Prozent (011215) und später sogar auf knapp 70 Prozent. Zehn Jahre später schraubte RWE die Beteiligung an der saarländischen Tochter auf fünfzig Prozent plus eine Aktie zurück, um weiteren saarländischen Kommunen den Erwerb von Anteilen zu ermöglichen (120815). Minderheitspartner sind heute die Kommunale Beteiligungsgesellschaft mBH Neunkirchen mit 15,33 Prozent, der Regionalverband Saarbrücken mit 8,95 Prozent, der Landkreis Saarlouis mit 7,2 Prozent, das Saarland mit 6,50 Prozent und die Gesellschaft für Straßenbahnen im Saartal AG mit 6,18 Prozent. Ferner besitzt das Unternehmen 2,67 Prozent eigene Aktien, die früher der Electricité de France (EDF) gehörten.

 

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