September 2019

190914

ENERGIE-CHRONIK


Kernkraftwerk Fessenheim wird nächstes Jahr stillgelegt

Die Electricité de France (EDF) wird das umstrittene Kernkraftwerk Fessenheim im kommenden Jahr stillegen. Wie sie am 30. September mitteilte, hat sie einen entsprechenden Antrag bei der Regierung und der Atomaufsichtsbehörde ASN gestellt, nachdem mit der Regierung eine Entschädigungsregelung vereinbart wurde. Der Reaktor 1 wird am 22. Februar und der Reaktor 2 am 30. Juni abgeschaltet.

Die beiden Druckwasserreaktoren in Fessenheim, die 1977 in Betrieb gingen, sind das älteste französische Kernkraftwerk. Sie befinden sich am Rheinseitenkanal, auf der elsässischen Seite des Oberrheins, nur etwa 25 Kilometer von Colmar, Mulhouse und Freiburg entfernt. Aufgrund diverser Pannen sind sie wiederholt grenzüberschreitend in die Kritik geraten. Der seinerzeitige französische Präsident Francois Hollande hatte die Stillegung des Kernkraftwerks wiederholt versprochen, dann aber verschoben und bis zum Ende seiner Amtszeit nicht eingeleitet (120913).

Angebliche Stillegung war nur Wahlpropaganda

Um die Nichteinhaltung dieses Versprechens zu kaschieren, erließ die Regierung im April 2017 formal ein Stillegungs-Dekret. "Die Genehmigung zum Betrieb des Kernkraftwerks Fessenheim wird entzogen", hieß es plakativ in diesem Text, der kurz vor den Präsidentschaftswahlen die Chancen des Amtsinhabers verbessern sollte. Tatsächlich wurde aber die Stillegung von der Inbetriebnahme der beiden neuen Reaktoren am Standort Flamanville sowie einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht, den die EDF ein halbes Jahr zuvor hätte einreichen müssen (170408). Damit blieb es der EDF überlassen, ob sie überhaupt fristgemäß einen Antrag stellt. Auch sonst wurde das Ende für Fessenheim ziemlich weit in die Zukunft verschoben, denn beim Bau des neuen Kernkraftwerks Flamanville, das ursprünglich 2012 ans Netz gehen sollte (041006), traten vergangenes Jahr neue Probleme auf.

Mit der vorzeitigen Stillegung spart EDF die Zehn-Jahres-Sicherheitsüberprüfung

Die Koppelung mit der Inbetriebnahme von Flamanville entfiel indessen wieder, weil der Conseil d'Etat – eine Art oberstes Verwaltungsgericht – am 25. Oktober 2018 die Verordnung für ungültig erklärte. Er begründete dies mit formalrechtlichen Mängeln. Fast gleichzeitig verständigten sich Regierung, EDF und die Atomaufsichtsbehörde ASN darauf, die aufwendige Zehn-Jahres-Sicherheitsüberprüfung (Visite Décennale) nicht mehr durchzuführen, die in Fessenheim für den Reaktor 1 bis September 2020 und für Reaktor 2 bis August 2022 erforderlich geworden wären. Stattdessen werden beide Reaktoren vorzeitig stillgelegt. "Die Schließung ist unwiderruflich eingeleitet und wird bis 2022 abgeschlossen sein", twitterte der damalige Umweltminister Francois de Rugy.

Staatliche Entschädigungen bis zum Jahr 2041

Mit dem jetzt erfolgten Antrag zieht die EDF diesen Termin noch um zwei Jahre vor. Sie bekommt dafür vom Staat 400 Millionen Euro als Vorauszahlung für die Ausgaben, die ihr als Folge der Stillegung vier Jahre lang entstehen. Ferner darf sie bis zum Jahr 2041 mit Entschädigungen für entgangene Gewinne rechnen, die auf Grundlage der jeweiligen Strompreise ermittelt werden.

Die französischen Reaktoren wurden für eine Betriebsdauer von 40 Jahren ausgelegt, die in Fessenheim bereits erreicht und überschritten ist. Es gibt jedoch keine gesetzlich begrenzte Laufzeit. Stattdessen macht die Atomaufsichtsbehörde ASN die Betriebserlaubnis von Sicherheitsüberprüfungen abhängig, die alle zehn Jahre durchgeführt werden. Durch eine solche "Visite Décennale" kann der Betrieb auch über vierzig Jahre hinaus verlängert werden. Bei der finanziellen Entschädigung der EDF für entgangene Gewinne wird offenbar von einer zweimaligen Verlängerung ausgegangen.

 

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