Juni 1992

920602

ENERGIE-CHRONIK


Zukunft der ostdeutschen Braunkohle-Reviere noch ungewiß

Für die Erhaltung des ostdeutschen Braunkohletagebaues und der damit verbundenen Arbeitsplätze demonstrierten am 5.6. rund 20.000 Bergleute in Leipzig. Der Vorsitzende der IG Bergbau und Energie (IGBE), Hans Berger, forderte schnelle Entscheidungen von Bundesregierung, Treuhandanstalt, Länderregierungen und Unternehmen, um die Zukunft der Braunkohle sowohl in der Lausitz wie im mitteldeutschen Revier zu sichern. Er verlangte "Vorfahrt für die Braunkohleverstromung" und kritisierte die schleppende Privatisierung der Braunkohleunternehmen. Notfalls müsse die Treuhand Unternehmenskonzepte erwägen, die ohne sofortige Privatisierung auskommen (dpa, 5.6.; FR, 6.6.).

Rheinbraun-Interesse an Laubag und Espag

Rheinbraun hat gemeinsam mit PreussenElektra, Bayernwerk und RWE Energie ein Konzept zur Übernahme der "dauerhaft überlebensfähigen Tagebau- und Veredelungs-Betriebe" in der Lausitz vorgelegt. Danach sollen die wettbewerbsfähigen Betriebe der Lausitzer Braunkohle AG (Laubag) und der Energiewerke Schwarze Pumpe AG (Espag) in eine neue Gesellschaft überführt werden, deren Anteile zu 51% von Rheinbraun, 30% von PreussenElektra, 15% vom Bayernwerk und 4% von RWE Energie übernommen werden. Voraussetzung sei unter anderem, daß befriedigende Regelungen zur Finanzierung der Altlasten und zur sozialen Abfederung der ausscheidenden Mitarbeiter gefunden würden (FAZ, 9.6.; Welt 9.6.; SZ, 9.6.).

Treuhand will Mibrag international anbieten

Die Vereinigte Mitteldeutsche Braunkohlewerke AG (Mibrag) soll international ausgeschrieben werden. Diese Ankündigung machte die Präsidentin der Treuhandanstalt, Birgit Breuel, am 4.6. nach einem Besuch von Tagebauen der Mibrag im Landkreis Hohenmölsen. Die Mibrag ist nach der Lausitzer Braunkohle AG (Laubag) der zweitgrößte ostdeutsche Braunkohlenförderer. Als Interessent für die Mibrag gilt bislang der amerikanische Stromerzeuger NRG Energy bzw. dessen britische Tochter Powergen (FAZ, 27.6.).

Für das Handelsblatt (5.6.) zeichnet sich damit zumindest die Möglichkeit ab, Mibrag und Laubag unabhängig voneinander zu privatisieren: "Bislang hatte die Treuhand immer eine Paketlösung favorisiert, wobei die RWE-Tochter Rheinbraun eindeutig auf die Fördergebiete der Laubag fixiert ist."

Für den Spiegel (22.6.) ist durch die Ankündigung einer internationalen Ausschreibung der Mibrag "Bewegung ins Milliardenspiel gekommen. Bislang ist der deutsche Energiemarkt sorgsam abgeschottet, nun könnte über die neuen Länder, quasi durch die Hintertür, ein ausländischer Konkurrent eindringen."

Die Wirtschaftswoche (29.5.) bezweifelt dagegen, daß ausländische Interessenten bei der Mibrag tatsächlich zum Zuge kommen werden: "Daß sich das Rheinbraun-Konsortium von der Treuhand ein Kuckucksei ins Nest legen läßt, ist schwer vorstellbar. Wahrscheinlicher ist, daß angesichts drohender Konkurrenz doch noch das Konsortium oder PreussenElektra alleine die bittere Pille namens Mibrag schluckt."

Sachsen für Erhalt aller Braunkohle-Reviere

Nach Sachsen-Anhalt hat sich auch Sachsen für die langfristige Fortführung des Braunkohlenbergbaues in beiden ostdeutschen Revieren ausgesprochen. In ihren "Leitlinien für eine künftige Braunkohle-Politik", die am 2.6. in Dresden vorgestellt wurden, geht die Landesregierung allerdings von einem wesentlichen Rückgang der Förderung aus. Zur Verwertung der Braunkohle soll die VEAG in Lippendorf bei Leipzig ein Kraftwerk mit zwei 800 MW-Blöcken errichten (FAZ, 3.6.; Handelsblatt, 5.6.).