Juli 1992

920709

ENERGIE-CHRONIK


Leukamie-Häufung in der Umgebung von Kernkraftwerken: Widersprüchliche Aussagen

Dem Sozialministerium in Hannover liegen neue Hinweise vor, daß radioaktive Belastung Ursache für die Häufung von Leukämiefällen bei Kindern in der Elbmarsch sein könnte. Grund für diese Annahme ist das Untersuchungsergebnis der Bremer Kernphysikerin Inge Schmitz-Feuerhake, die, nach Angaben des Ministeriums, bei Erwachsenen und fünf Eltern leukämiekranker Kinder aus dieser Region Veränderungen des Erbguts festgestellt hat. Zwischen 1989 und 1991 waren in der Samtgemeinde Elbmarsch sieben Kinder an Leukämie erkrankt. Die Ergebnisse, darauf wies das Ministerium hin, sind kein "statistisch abgesicherter" Beleg; die Untersuchungen sollen ausgeweitet werden (SZ, 11.7; FR, 13.7; dpa, 11.7; HAZ, 11.7.).

Stillegung gefordert

Unmittelbar nach Veröffentlichung dieser Verlautbarung aus dem niedersächsischen Sozialministerium forderte die Bürgerinitiative gegen Leukämie den schleswig-holsteinischen Energieminister Günther Janssen (SPD) auf, die kerntechnischen Anlagen in Geesthacht unverzüglich stillzulegen. Jansen hielt dagegen: "Der bisherige Kenntnisstand zu den Leukämie-Erkrankungen in der niedersächsischen Elbmarsch reicht für eine vorläufige oder endgültige Stillegung des Kernkraftwerks Krümmel und der nuklearen Forschungseinrichtung GKSS in Geesthacht nicht aus" ( dpa (21.7.)).

Leukämiegefahr in der Nähe von Kernkraftwerken ist nicht erhöht

Nach Untersuchungen des Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter erkranken Kinder in Städten signifikant häufiger an Leukämie als auf dem Land. Im Gegensatz zum norddeutschen Kernkraftwerk Krümmel hat sich im Bereich bayerischer Kernkraftwerke - ausschließlich auf diesen Bereich bezog sich die genannte Untersuchung - keine höhere Leukämierate feststellen lassen (FR, 11.7.).

Die Wetterauer Zeitung (3.7.) verweist in diesem Zusammenhang auf Prof. Dr. Lampert und auf das "weltweit einmalige "Krebsregister der Uni Mainz. "Dort werden seit 1980 alle in der Bundesrepublik Deutschland auftretenden Krebserkrankungen bei Kindern bis 15 Jahren erfaßt. Aus dem inzwischen vorliegenden Zahlenmaterial hat sich ergeben, daß seit über zehn Jahren die Erkrankungshäufigkeit an Leukämie von durchschnittlich 4 pro Jahr von je 100 000 Kindern unter 15 Jahren konstant geblieben ist und sich nicht erhöht hat. Auch im Umkreis von 15 Kernkraftwerken, so Prof. Lampert, sei keine Häufung registriert worden."

Klarheit, insbesonders bezogen auf die Elbmarsch sollen weitere Untersuchungen und Vergleichstests erbringen (siehe auch 920208).