September 1993

930908

ENERGIE-CHRONIK


Denkt Schröder an Zugeständnisse auch beim "Euroreaktor"?

Wie die Welt am Sonntag (19.9.) berichtet, plant der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder eine strategische Wende bei den Verhandlungen über einen Energiekonsens, in denen er die SPD vertritt: Nach vertraulichen Gesprächen mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, dessen Umweltminister Peter Gauweiler und dem neuen Bayernwerk-Chef Otto Majewski sperre sich Schröder nicht mehr gegen den Bau eines Kernkraftwerks mit neuer Sicherheitstechnik ("Euroreaktor") in Bayern und könne sich vorstellen, in Gorleben ein "Langzeitzwischenlager" für radioaktive Abfälle einzurichten.

Ein Sprecher Schröders wies am 20.9. den Bericht als in entscheidenden Punkten falsch zurück. Dennoch sahen sich die niedersächsischen Grünen veranlaßt, Schröder ausdrücklich vor zu weitgehenden Zugeständnissen in der Frage der Kernenergie zu warnen (DPA, 20.9.).

Wie DPA am 24.9 berichtete, haben Schröders Energieberater Werner Müller und der für Energiepolitik zuständige Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium, Walter Hohlefelder, einen möglichen Kompromiß ausgearbeitet: Diesem internen Papier zufolge, das der Agentur vorliegt, soll die Erkundung des Endlagers Gorleben und die Errichtung der dortigen Pilotkonditionierungsanlage bis zum Jahr 2005 ausgesetzt werden. Dafür wird die Zwischenlagerung als alleiniger Entsorgungsnachweis anerkannt. Für die Endlagerung schwach aktiver Abfälle soll mit Einschränkungen der Schacht Konrad in Betracht kommen. Es soll ferner der Prototyp eines Kernkraftwerks mit neuer Sicherheitstechnik gebaut werden dürfen. Der "Wiedereinstieg in die Atomtechnik" soll jedoch von einer Zwei-Drittel-Mehrheit des Bundestags abhängig bleiben.