November 1998

981102

ENERGIE-CHRONIK


Industrie wird weitgehend von der neuen "Öko-Steuer" befreit

Die "Öko-Steuer" zur schrittweisen Verteuerung von Benzin, Heizöl, Strom und Gas, wie sie SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben (981001), wurde am 20.11. in erster Lesung im Bundestag behandelt. Der Gesetzentwurf präzisiert die vorgesehenen Vergünstigungen für gewerbliche Energieverbraucher dahingehend, daß 27 besonders energieintensive Wirtschaftszweige völlig von der Öko-Steuer befreit werden. Das entspricht 40 Prozent des gewerblichen Energieverbrauchs. Für das übrige produzierende Gewerbe ermäßigt sich die Steuer auf ein Viertel der Regelsätze (zwei Pfennig je Kilowattstunde Strom, vier Pfennig je Liter Heizöl und 3,20 Mark je Megawattstunde Gas). Bei der Verteuerung von Benzin um sechs Pfennig je Liter ist auch für das produzierende Gewerbe keine Ausnahme vorgesehen. Die Steuer wird nicht mehr, wie ursprünglich geplant, schon ab Januar, sondern erst ab 1. April 1999 in Kraft treten. Mit ihren Einnahmen sollen die Sozialversicherungsbeiträge von derzeit 42,3 Prozent des Bruttolohns bis zum Ende der Legislaturperiode in drei Schritten unter 40 Prozent gesenkt werden. Dieses Ziel bekräftigten auf Drängen der Grünen die Koalitionsparteien in einem Entschließungsantrag, der nach der ersten Lesung mit dem Gesetzentwurf an die Ausschüsse überwiesen wurde (Handelsblatt, 17.11.; FAZ, 21.11.).

Drei-Personen-Haushalt zahlt künftig etwa 300 Mark mehr für Energie

Nach Berechnungen der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW) belastet allein die Stromsteuer, welche die Versorgungsunternehmen künftig mit der Stromrechnung einziehen müssen, einen durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt mit zusätzlich 6,80 Mark im Monat. Für die Besitzer von elektrischen Speicherheizungen steige trotz des ermäßigten Steuersatzes von 1 Pf/kWh die Heizkostenrechnung bei einem mittleren Verbrauch von 9 200 kWh jährlich um neun auf 89 Mark monatlich. Nach Feststellung von VDEW-Hauptgeschäftsführer Eberhard Meller belastet die Stromsteuer außerdem die umweltfreundliche Wärmepumpe, die mittels Strom die Erschließung regenerativer Energien ermöglicht. Meller forderte deshalb, den Strom für Wärmepumpen von der Besteuerung auszunehmen (DPA, 23.11.).

Nach Berechnungen des Zentralverbandes der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer wird die Verteuerung von Heizöl, Erdgas und Strom die Nebenkosten für eine 70 Quadratmeter große Wohnung um ungefähr 300 Mark im Jahr erhöhen (FAZ, 27.11.).

Die geplante Öko-Steuer ist weiterhin stark umstritten. Sowohl die Opposition als auch Industrie, Gewerkschaften und Umweltverbände kritisierten aus ihrer jeweiligen Sicht die vorgesehenen Regelungen. Der Sachverständigenrat bemängelte bei der offiziellen Vorstellung seines Jahresgutachtens 1998/99, daß die geplante Steuer nicht beim Kohlendioxid, sondern beim Energieverbrauch ansetzt. Indem ihre Mittel zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet werden sollen, verhindere sie die dringend notwendige Reform der sozialen Sicherungssysteme (Handelsblatt, 19.11.).