Januar 2002

020105

ENERGIE-CHRONIK


Stromhändler besorgt wegen Preisexplosion am Spotmarkt

Das Bundeskartellamt prüft derzeit, ob die Preisexplosionen, die sich Mitte Dezember an den deutschen Strombörsen ereigneten (011209), ein kartellrechtliches Problem darstellen könnten. Das Kartellamt bestätigte der "Süddeutschen Zeitung" (18.1.) auf Anfrage, daß es von mehreren Stromhändlern auf diesen Vorgang aufmerksam gemacht worden sei. Eine förmliche Beschwerde liege jedoch nicht vor. Möglicherweise seien die Vorschriften für das "Unbundling" von Stromerzeugung und -vertrieb nicht ausreichend.

Stromhändler beklagen, daß an den deutschen Strombörsen ein zu geringer Teil der Stromerzeugung gehandelt werde. Die am Spotmarkt verfügbaren Strommengen kämen überwiegend aus Skandinavien und den Alpenländern.

Nach Meinung der Mannheimer MVV Energie AG ist eine "gesetzlich abgesicherte Transparenz über Angebot und Nachfrage auf dem deutschen Strommarkt" nötig, um eine Wiederholung derartiger Turbulenzen an den Spotmärkten zu verhindern. MVV-Chef Roland Hartung forderte am 10. Januar eine verbindliche Regelung, die Kraftwerks- und Netzbetreiber zwingt, die Angaben über ihre aktuelle Energieerzeugung und Netzlast, Kraftwerksrevisionen oder -ausfälle, Leitungsengpässe und grenzüberschreitende Stromflüsse allen Marktteilnehmern zugänglich zu machen. Diese Daten seien in Deutschland nur den großen Verbundunternehmen bekannt. Deren Informationsmonopol würde noch verstärkt dadurch, daß sie über 80 Prozent aller Kraftwerkskapazitäten und zu 100 Prozent über das Übertragungsnetz verfügten. Die MMV hatte infolge der Preisexplosion am Spotmarkt mehrere hunderttausend Mark eingebüßt.

"Wir werden uns diesen Vorgang noch sehr genau ansehen müssen", sagte auch der SPD-Energieexperte Volker Jung in der Bundestagsdebatte zum neuen KWK-Gesetz (020101). Ähnlich wie bei dem "unseligen kalifornischen Beispiel" würden die Ursachen für die Preisexplosion an den Strombörsen im spekulativen Marktgebaren großer Stromanbieter gesehen. Mittlerweile seien auch auf der Großhandelsstufe die Strompreise wieder gestiegen. Das sei ein eindeutiges Signal für Knappheit. Die großen Energieversorger würden ihre Kapazitäten zurückfahren, um mittel- und langfristig höhere Preise im Markt durchzusetzen.