September 2002

020914

ENERGIE-CHRONIK


Obskure Umfrage zu KKW-Standorten

Kurz vor der Bundestagswahl ging bei zahlreichen Gemeinden ein Brief ein, in dem eine "Deutsche Gesellschaft zur Information über die Kernenergie" um Auskunft über mögliche Standorte für Kernkraftwerke bat. Die Absender des Schreibens erweckten den Eindruck, als ob sie Anhänger der Kernenergie seien. Sie behaupteten, daß Union und FDP im Falle eines Wahlsiegs den Bau von etwa 70 neuen Kernkraftwerken in Deutschland planen würden. Dies ergebe sich aus dem Enquete-Bericht "Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globalisierung", den eine Kommission des Bundestags am 2. Juli 2002 veröffentlichte (auf Wunsch von Union und FDP war in diesen Bericht auch ein Szenario aufgenommen worden, das die Verminderung der Treibhausgas-Emissionen durch den Bau von Kernkraftwerken vorsieht).

Anscheinend handelte es sich bei der "Umfrage" um eine Aktion von Kernkraftgegnern, die vor der Wahl Stimmung gegen Union und FDP machen wollten. Unter der angegebenen Adresse gab es keine derartige Gesellschaft. Auch unter der angegebenen Telefonnummer war niemand zu erreichen. Die Website unter www.info-kernenergie.de gab es zwar, doch erschöpfte sich deren Informationsgehalt in der Download-Möglichkeit des Berichts der Enquete-Kommission.

Die Unionsparteien stießen bei ihren Recherchen auf mehrere Briefkastenfirmen, die zu dem Unternehmen "Solarpraxis" führten. Urheber der Aktion seien vermutlich Solarenergie-Fachleute, die sich im Kreis "Techniker gegen Atomkraft" zusammengeschlossen hätten (FAZ, 17.9.).