Juni 2003 |
030608 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit drei Urteilen vom 11. Juni 2003 hat der Bundesgerichtshof die Verfassungsmäßigkeit des Stromeinspeisungsgesetzes von 1998 bzw. des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aus dem Jahre 2000 bestätigt. In allen drei Fällen hatte sich die zum E.ON-Konzern gehörende Schleswag AG geweigert, Windkraftanlagen an ihr Versorgungsnetz anzuschließen, den erzeugten Strom abzunehmen und zu den vorgeschriebenen Preisen zu vergüten. Sie hatte unter anderem geltend gemacht, die genannten Gesetze verstießen gegen das Grundgesetz, weil sie unverhältnismäßig in die Berufsfreiheit der Stromversorgungsunternehmen eingriffen. Die Pflicht zur Abnahme und zur Zahlung der gesetzlich festgelegten Mindestvergütung sei außerdem mit den Vorschriften des EG-Vertrages über das Verbot von staatlichen Beihilfen und von Einfuhrbeschränkungen nicht vereinbar.
In Anknüpfung an eine frühere Entscheidung des Kartellsenats des Bundesgerichtshofs (961005) sah der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die gesetzliche Abnahme- und Vergütungspflicht als verfassungsgemäß an, weil die damit verbundenen Belastungen für die Berufsausübungsfreiheit der Elektrizitätsversorger zumutbar seien. Die Energieversorgungsunternehmen treffe auch nach Wegfall der gesetzlichen Grundlagen für ihre monopolartige Stellung in bestimmten Versorgungsgebieten besondere Verantwortung für eine ressourcen- und umweltschonende Energieerzeugung. Die von ihnen betriebenen Versorgungsnetze seien vorzugsweise geeignet, den Strom aufzunehmen und mit geringen Verlusten an die Abnehmer weiterzuleiten. Gegen die Abnahme- und Vergütungspflicht bestünden auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung der Energieversorgungsunternehmen keine Bedenken. Dem regional sehr unterschiedlichen Volumen der Einspeisung werde im Stromeinspeisungsgesetz durch die Härteklausel in § 4 und im EEG durch die bundesweite Ausgleichsregelung in § 11 hinreichend Rechnung getragen.
Im Anschluß an die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs (010302) sah der Bundesgerichtshof
in der Abnahme- und Vergütungspflicht auch keinen Verstoß gegen
die europarechtlichen Verbote staatlicher Beihilfen an Private und mengenmäßiger
Einfuhrbeschränkungen. Im Gegensatz zur Vorinstanz entschied er außerdem,
daß die Einspeiser einen unmittelbaren Anspruch auf Anschluß,
Abnahme und Vergütung haben und nicht - zunächst - nur den Abschluß
eines Stromeinspeisungsvertrages verlangen können. Gegen eine unmittelbare
Klage auf Leistung bestünden bei einem Kontrahierungszwang jedenfalls
dann keine Bedenken, wenn - wie hier - die gegenseitigen Hauptpflichten
gesetzlich feststünden.