August 2003 |
030808 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskartellamt will die Durchleitung von Strom für die elektrischen Lokomotiven privater Unternehmen auf den Gleisen der Deutschen Bahn AG ermöglichen. Es forderte deshalb die DB Energie GmbH auf, bis Ende September detailliert zu einem diesbezüglichen Fragenkatalog Stellung zu nehmen. Das Stromunternehmen der Bahn soll unter anderem begründen, weshalb es einen Antrag der Stadtwerke Aachen, einen quer durch Deutschland fahrenden Zug des auf Chemietransporte spezialisierten Bahnunternehmens Rail4Chem mit Strom zu versorgen, wegen "erheblichen administrativen Aufwands" abgelehnt hat. Die Deutsche Bahn ließ nach Bekanntwerden der Kartellamtsanfrage verlauten, daß es ab 2004 erste Projekte mit Strom von anderen Lieferanten geben könne (Handelsblatt, 18.8.; FTD, 20.8.)
Die Deutsche Bahn verfügt über ein eigenes 110-kV-Hochspannungsnetz mit einer Gesamtlänge von rund 7400 Kilometern (siehe Karte). Es transportiert den Strom, der an 61 Stellen eingespeist wird, zu 164 Bahnunterwerken, die ihn dann mit 15 kV in die Oberleitungen einspeisen. Aus historischen Gründen hat der Bahnstrom in Deutschland eine Frequenz von nur 16,7 Hertz und ist einphasig. Das Hochspannungsnetz der Deutschen Bahn AG ist mit den technisch gleichgearteten Bahnstromnetzen der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) und Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) verbunden, was den Austausch von Bahnstrom über die Grenzen ermöglicht. Der Jahresverbrauch der Bahn beträgt etwa 12 Terawattstunden.
Neben dem eigenen Hochspannungsnetz verfügt die Bahn über eigene Kraftwerksanlagen zur Erzeugung des einphasigen 16,7-Hertz-Wechselstroms. Zunehmend bezieht sie aber auch Strom aus dem öffentlichen Netz, um die täglich rund 25000 Züge und sonstige Anlagen zu versorgen. Der dreiphasige 50-Hertz-Strom der öffentlichen Versorgung wird dabei - ähnlich wie bei der Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) zwischen unterschiedlichen Verbundsystemen - über einen Gleichstromzwischenkreis in Bahn-Wechselstrom umgerichtet. Neben der elektronischen Umrichtung gibt es noch die ältere Technik der rotierenden Umformer, bei denen ein dreiphasiger 50-Hertz-Motor einen einphasigen Bahnstromgenerator dreht. Trotz der Unterschiedlichkeit von Frequenz und Phasen ist somit ein Stromaustausch über die Systemgrenzen hinweg möglich. Das Bahnstromnetz hat allerdings einen besonders hohen Regelenergiebedarf, da z.B. ein ICE eine Leistung von fast 10 MW aufnimmt. Durch den Fahrbetrieb können innerhalb weniger Sekunden Lastschwankungen bis zu 300 MW auftreten.