März 2005 |
050303 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat ehemalige leitende Angestellte, mit denen sie im Zwist liegt, durch Detektive überwachen lassen. Auf Fragen von Journalisten räumte die Konzernleitung bei einer Pressekonferenz am 16. März ein, daß eine solche Überwachung beim früheren technischen Leiter des Kernkraftwerks Neckarwestheim, Eberhard Grauf, stattgefunden hat, nachdem dieser entlassen worden war (041213). Laut "Südwest-Presse" (18.3.) gab es mindestens zwei weitere derartige Fälle, seitdem Utz Claassen als Konzernchef amtiert. Nach Informationen der "Stuttgarter Nachrichten" (18.3.) war einer davon Claassens Amtsvorgänger Gerhard Goll.
Gegenüber dem "Südwestrundfunk" (15.3.) bezeichnete ein Konzernsprecher die Beschattung des ehemaligen Kernkraftwerksleiters Grauf als Vorsichtsmaßnahme, damit Grauf "keine gegen das Unternehmen gerichteten Handlungen" begehe. Ein Detektivunternehmen sei beauftragt worden, sich ein Bild von den "externen Bewegungen und Kontakten des Herrn Grauf" zu verschaffen. Dies entspreche üblichem Vorgehen bei solchen Befürchtungen. Es hätten jedoch keine Besonderheiten im Verhalten des ehemaligen Kraftwerkschefs festgestellt werden können.
Wie die "Stuttgarter Zeitung" (16.3.) berichtete, erfolgte die Beschattung Graufs in derart auffälliger Weise, als sei es eher um Einschüchterung gegangen. Schon die Fahrzeuge der Detektei seien mit ihren Kennzeichen aus dem Ruhrgebiet in der ruhigen Wohnstraße am Rande des Örtchens Talheim bei Heilbronn kaum zu übersehen gewesen. Auf Nachfrage von Anwohnern hätten die Detektive die unglaubwürdige Auskunft gegeben, sie würden eine Baustelle wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit beobachten. Schließlich hätten zwei Nachbarn und Grauf selbst unabhängig voneinander die Polizei alarmiert. Diese habe indessen lediglich bestätigt, daß es sich um eine Observierung handele, die sogar bei ihr angemeldet worden sei.
Wenn es sich tatsächlich um eine Einschüchterungsaktion gehandelt hat, könnte dies strafrechtlich relevant sein, sofern dabei die Grenze zur Nötigung überschritten wurde. Bisher gibt es aber nach Auskunft der Polizei keine Anzeige und keine Ermittlungen.
Wie schon bei der Entlassung des Fußballtrainers Reinhold Fanz (050105) behauptete die EnBW auch in diesem Fall, der Vorstandsvorsitzende Utz Claassen sei "in keiner Weise in diese Vorgänge eingebunden" gewesen. Nach Informationen der "Südwest-Presse" (18.3.) soll diese Aussage nicht zutreffen. Utz Claassen habe "selbstverständlich" von dem Ausspähungsauftrag gegen Grauf gewußt.