September 2006

060901

ENERGIE-CHRONIK


RWE beantragt Verlängerung der Laufzeit für Biblis A

Der RWE-Konzern hat am 26. September - wie schon im August angekündigt (060808) - die Verlängerung der Laufzeit für den Reaktor Biblis A beantragt. Die Kraftwerksgesellschaft RWE Power sandte entsprechende Schreiben an die zuständigen Ministerien für Umwelt und Wirtschaft sowie an das Bundeskanzleramt. Die Laufzeit von Biblis A soll um die Erzeugung von 30 Terawattstunden verlängert werden. Der RWE-Konzern will diese 30 Terawattstunden dem Kontingent für den Reaktor Mülheim-Kärlich entnehmen, der nur von 1987 bis 1990 Strom erzeugte und für dessen endgültige Stillegung er gemäß Atomkompromiß eine Reststrommenge von 107 Terawattstunden auf andere Kernkraftwerke verteilen darf (000601). Die Laufzeit des Reaktors Biblis A würde damit der Laufzeit des Reaktors Biblis B angeglichen, den RWE unter Zuhilfenahme von 21,45 Terawattstunden aus dem Kontingent für Mülheim-Kärlich voraussichtlich bis in die zweite Jahreshälfte 2011 betreiben kann.

Nach dem Atomgesetz wäre allenfalls die Genehmigung einer Übertragung vom KKW Emsland auf Biblis A möglich

Allerdings bestimmt das 2002 neugefaßte Atomgesetz in § 7 Abs. 1d in Verbindung mit Anlage 3 ausdrücklich, daß RWE die für Mülheim-Kärlich zugestandene Reststrommenge nur auf die Kernkraftwerke Emsland, Neckarwestheim 2, Isar 2, Brokdorf, Gundremmingen B und C sowie bis zu einer Elektrizitätsmenge von 21,45 Terawattstunden auf Biblis B übertragen darf. Eine zustimmungsfreie Übertragung von Restlaufzeiten läßt das Atomgesetz im übrigen nur zu, wenn dadurch die Laufzeit älterer Anlagen verkürzt wird. Somit ist die von RWE Power beantragte direkte Übertragung von Mülheim-Kärlich auf Biblis A nach dem Atomgesetz gar nicht zulässig. Zugleich verfügt das Unternehmen über keinen Reaktor, der noch älter als Biblis A ist (Inbetriebnahme 1975) und deshalb zustimmungsfrei von seiner Restlaufzeit etwas abgeben könnte.

Die Konzernjuristen sehen die Unzulässigkeit ihres Antrags wohl selber ein, denn hilfsweise hat RWE Power beantragt, die 30 Terawattstunden für Biblis A vom Kontingent des Kernkraftwerks Emsland abzuzweigen, das dann aus dem Kontingent für Mülheim-Kärlich wieder aufgestockt werden könnte. Da Emsland 13 Jahre jünger als Biblis A ist, bedarf diese Verfahrensweise aber gemäß § 7 Abs. 1b des Atomgesetzes der Zustimmung des Bundesumweltministeriums im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundeswirtschaftsministerium.

Gabriel will sich "nicht unter Zeitdruck setzen" lassen

Während RWE mit der Unterstützung von Bundeswirtschaftsminister Glos (CSU) und Kanzlerin Merkel (CDU) rechnen darf, wird Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) wahrscheinlich beide RWE-Anträge ablehnen. Er würde sonst die Glaubwürdigkeit seiner Partei gefährden, die im Jahr 2001 gemeinsam mit den Grünen den langfristigen Ausstieg aus der Kernenergie durchgesetzt hat. Bereits seit Monaten verbreitet sein Ministerium Broschüren (050502), Gutachten (060104) und politische Stellungnahmen (060808), um der Propaganda von Kernkraftwerksbetreibern und CDU/CSU für eine Revision des Atomausstiegs entgegenzuwirken.

In einer ersten Stellungnahme vom 26. September verwies Gabriel darauf, daß die von RWE beantragte Direktübertragung von Mülheim-Kärlich auf Biblis A nach dem Atomgesetz gar nicht zulässig sei. Der hilfsweise gestellte Antrag, von Emsland auf Biblis A zu übertragen, würde eine umfassende Sicherheitsüberprüfung erfordern, da gemäß Atomgesetz eine solche Übertragung nicht zu Lasten der Sicherheit gehen dürfe. Grundsätzlich könne die Prüfung solcher Anträge mehrere Monate dauern und hänge wesentlich von der Qualität der vorgelegten Unterlagen ab. "Ich werde mich dabei nicht unter Zeitdruck setzen lassen", erklärte Gabriel. "Fristsetzungen gibt es für die Betreiber, nicht für die Behörde."