Oktober 2006 |
061004 |
ENERGIE-CHRONIK |
Eine eigentumsrechtliche Entflechtung der Stromnetze wird derzeit von allen Bundestagsparteien mit Ausnahme der Linkspartei abgelehnt, aber als ultima ratio nicht ausgeschlossen. Dies ergab eine Debatte des Bundestags am 19. Oktober über einen Antrag der Fraktion der Linken, "die deutschen Gas- und Stromnetze in das Eigentum der öffentlichen Hand mit Zuständigkeit des Bundes zu überführen".
Hans-Kurt Hill (Die Linke) begründete den Antrag auf Verstaatlichung damit, daß der Netzausbau gegenwärtig "nicht nach der Zukunftsfähigkeit der Energieversorgung, sondern nach Eigeninteressen und Profit" erfolge. Zudem würden die Netzbetreiber unabhängige Kraftwerksbetreiber behindern und die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien diskriminieren.
Der CDU-Abgeordnete Joachim Pfeiffer wies den Antrag als "Griff in die sozialistische Mottenkiste" zurück. Es sei zwar "Tatsache, dass der Wettbewerb in dem Erzeugungsbereich nicht richtig funktioniert". inzwischen verfüge man aber im Netzbereich über die Instrumente, um dies zu ändern, um müsse nur noch dafür sorgen, dass sie entsprechend wirkungsvoll angewendet werden. Mit Blick auf den neuesten Vorstoß der EU-Wettbewerbskommissarin (060902) erklärte Pfeiffer aber auch zugleich: "Ein eigentumsrechtliches Unbundling wäre maximal ein weiterer Schritt, der zu prüfen wäre, wenn die anderen Instrumente nicht funktionieren würden."
Für die FDP wandte sich Gudrun Kopp gegen die Forderung der Linkspartei: Die eigentumsrechtliche Entflechtung des Netzbetriebs sei "zum jetzigen Zeitpunkt der falsche Weg". Sie könne "allenfalls ein allerletztes Instrument sein, wenn denn gar nichts anderes mehr geht".
Der SPD-Abgeordnete Rolf Hempelmann war ebenfalls der Meinung, daß sich die bestehenden Probleme ohne Verstaatlichung der Netze lösen ließen. Beispielsweise werde die geplante Kraftwerksanschlußverordnung den Wettbewerb im Bereich der Erzeugung fördern und einen Preisdruck bewirken.
Für die Grünen warnte Hans-Josef Fell davor, eine Verstaatlichung aller Netzebenen einschließlich der kommunalen Verteiler durchzuführen. Anders verhalte es sich bei den Transportnetzen: "Hier würde eine eigentumsrechtliche Entflechtung tatsächlich einiges bewirken." Im übrigen finde er die Vorschläge des Bundesministers Glos (CSU) und des hessischen Wirtschaftsminister Rhiel (CDU) zur Verschärfung des Kartellrechts "spannender" als den Antrag der Linkspartei.
Außerdem hatte die Linkspartei einen weiteren Antrag eingebracht, der eine "regelmäßige technische Überprüfung der Stromnetze" forderte. Der SPD-Abgeordnete Hempelmann stellte dazu fest, daß die Bundesnetzagentur bereits über die notwendigen Instrumente verfüge, um eine hinreichende Versorgungsqualität durchzusetzen. Beide Anträge wurden an die zuständigen Ausschüsse überwiesen.
In der Debatte kam auch die Verlängerung der Tarifaufsicht zur Sprache, wie sie das Land Nordrhein-Westfalen über eine Bundesratsinitiative erreichen will (061002). Nach Ansicht des CDU-Abgeordneten Joachim Pfeiffer wäre dies nicht marktkonform und würde den Wettbewerb im Bereich der Erzeugung behindern. Der SPD-Abgeordnete Rolf Hempelmann und Gudrun Kopp für die FDP lehnten eine Verlängerung der Tarifaufsicht ebenfalls ab.