Juni 2007

070607

ENERGIE-CHRONIK


Müller verzichtet auf Stiftungsvorsitz und bleibt Chef der RAG

Der Aufsichtsrat des RAG-Konzerns verlängerte am 13. Juni den Vertrag des Vorstandsvorsitzenden Werner Müller bis Juni 2011. Müller führt damit weitere vier Jahre die profitablen Bereiche des Konzerns, die nun in eine Stiftung eingebracht werden sollen, die künftig für die Steinkohle-Lasten aufkommt (060809). Den Vorsitz der Stiftung übernimmt dagegen der frühere BP-Chef Wilhelm Bonse-Geuking. Dies beschloß am selben Tag ein "Kohlegipfel" aus Vertretern der Bundesregierung, der beiden Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Saarland und der Bergbaugewerkschaft IG BCE.

Eigentlich wollte Müller der neuen Stiftung vorsitzen, die künftig als Aufsichtsrat der RAG fungiert und damit dieser übergeordnet ist. Er scheiterte aber am Widerstand des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU), dem offenbar die SPD-Nähe des parteilosen ehemaligen Bundeswirtschaftsministers nicht behagte. Der Streit beschäftigte auch die Parteiführungen von CDU und SPD. Schon am 24. Mai scheint Müller die jetzige Lösung akzeptiert zu haben. Er ließ aber dementieren, für den Stiftungsvorsitz nicht mehr zur Verfügung zu stehen, wie dies anschließend vom Bundeswirtschaftsministerium verbreitet wurde. Die Verwirrung in den Medien legte sich erst, als das Bundeskanzleramt am 4. Juni klarstellte, daß Müller für den entgangenen Stiftungsvorsitz mit mit der Verlängerung seines Vertrags als RAG-Chef entschädigt werden soll.

Wochenlange Auseinandersetzung mit großem medialen Getöse

Die wochenlange Auseinandersetzung um den Stiftungsvorsitz wurde von medialem Getöse mit gezielten Indiskretionen und Halbwahrheiten begleitet. So hieß es, daß die nordrhein-westfälische Landesregierung weiterhin eine Zerschlagung der profitablen Bereiche des RAG-Konzerns betreibe, weil der Einzelverkauf höhere Erlöse bringe als das komplette Angebot der "weißen" Unternehmensteile der RAG an der Börse. Besonders weit seien die Gespräche über einen Verkauf der Degussa gediehen, für die sich der Konkurrent Lanxess interessiere. Anfang Mai stellte NRW-Ministerpräsident Rüttgers klar, daß er für einen ungeschmälerten Börsengang der RAG eintrete. Kurz darauf sorgte die Düsseldorfer Landesregierung erneut für Verwirrung, indem sie eine ihr zugespielte E-Mail verbreitete, die Geheimverhandluungen zwischen RAG und Gazprom belegen sollte. Die E-Mail stammte indessen von zwei Wirtschaftsberatern, die sich der RAG eigenmächtig als Vermittler für Gespräche mit Gazprom und der russischen Regierung andienen wollten. Einer der beiden Wirtschaftsberater war der frühere FDP-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Achim Rohde.

RWE fühlte sich beim Verkauf der Saar Ferngas an Arcelor hintergangen

Für weitere Irritationen sorgte Ende März Vorwurf, Müller habe dem Stahlkonzern Arcelor Vorzugsbedingungen gewährt, um ihn endlich zum Verzicht auf seinen 6,5-Prozent-Anteil an der RAG zu bewegen. Diese Vergünstigungen seien nicht mit den übrigen Eigentümern der RAG abgesprochen gewesen seien, die ihre RAG-Aktienpakete ebenfalls zum symbolischen Preis von einem Euro abgeben sollen. Im wesentlichen ging es dabei um die Umstände, unter denen die Saar Ferngas AG an Arcelor verkauft wurde, nachdem ihr Erwerb durch RWE am Einspruch des Bundeskartellamts gescheitert war (070304). Auf Verlangen von RWE berief der Aufsichtsratsvorsitzende Wulf Bernotat (E.ON) für den 5. Juni eine außerordentliche Sitzung ein. Die dabei vorgelegten Gutachten von Wirtschaftsprüfern stützten indessen die Vorwürfe nicht, und am Ende billigten sogar die RWE-Vertreter nachträglich den Verkauf der Saar Ferngas an Arcelor.

Die nun zu errichtende Kohle-Stiftung verfügt einerseits über die chronisch defizitäre Deutsche Steinkohle AG ("schwarze RAG") und andererseits über die profitable RAG Beteiligungs-AG mit Steag, Degussa und RAG Immobilien ("weiße RAG"). Beide Bereiche sind geschäftlich und juristisch voneinander getrennt. Die Gewinne der RAG Beteiligungs-AG werden daher nicht mehr automatisch von den Steinkohle-Lasten aufgezehrt. Damit sind auch die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Börsengang des Unternehmens gegeben, der 2008 stattfinden soll. Gemäß Satzung kann die Stiftung bis zu 75 Prozent der Aktien verkaufen. Die Erlöse, die sie damit und aus dem verbleibenden Aktienbesitz erzielt, sollen für die Abwicklung des deutschen Steinkohlebergbaues verwendet werden.