Juni 2007 |
070610 |
ENERGIE-CHRONIK |
Vor dem Hintergrund der hoch gesteckten Klimaziele der Bundesregierung (070406) und der Auseinandersetzung um längere Laufzeiten für Kernkraftwerke (070608) kam es im Juni zu einem verbalen Schlagabtausch zwischen Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und BASF-Chef Jürgen Hambrecht, der als einer der wichtigsten Ratgeber von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gilt und mit seiner Attacke auf Gabriel indirekt auch diese kritisierte.
Es fing damit an, daß Hambrecht im "Spiegel" (25.6.) Gabriels Forderung nach einem grundlegenden Umbau der Industriegesellschaft zurückwies: "Herr Gabriel ist wie ein Wirbelwind, er jagt die Wolken über das Land hinweg, und eigentlich ist ihm egal, woher der Wind weht. Hauptsache, er bläst stark. Was Herr Gabriel fordert, ist ein Luftschloß." Die Pläne der Bundesregierung zur Steigerung der Energieeffizienz und Minderung der Treibhausgas-Emissionen seien völlig unrealistisch. Mit den Warnungen vor einem Klimawandel werde "Angstmache" betrieben.
Gabriel revanchierte sich zwei Tage später, indem er gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen" (27.6.) erklärte: "Der BASF-Chef argumentiert wie ein Wirtschaftsstalinist. Er sagt, wenn die Regierung nicht das tut, was wir wollen, dann reden wir nicht mehr mit der Regierung. Ich würde Herrn Hambrecht empfehlen, einen Blick in die Verfassung zu werfen. Noch ist es in diesem Lande so, daß die politischen Rahmenbedingungen durch Wahlen und damit demokratisch gesetzt werden."
Über die Retourkutsche Gabriels empörten sich wiederum verschiedene Spitzenvertreter
der Wirtschaft. "Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte Herrn Gabriel einmal sagen,
wer die Richtlinien der deutschen Politik bestimmt", ließ Vattenfall-Chef
Klaus Rauscher am folgenden Tag über dasselbe Blatt ausrichten. Der CDU-Bundestagsabgeordnete
Michael Fuchs, ein maßgeblicher Vertreter des Wirtschaftsflügels der Unionsparteien,
bezeichnete Gabriel als "Öko-Bolschewisten". Und E.ON-Chef Wulf Bernotat
warf der Bundesregierung vor, es fehle ihrer Energiepolitik "an Ausgewogenheit,
Vernunft und Realismus". (FAZ, 28.6.)