März 2008

080301

ENERGIE-CHRONIK


Verbrauchszähler und Messung – Aus dem "Evaluierungsbericht der Bundesregierung über die Erfahrungen und Ergebnisse mit der Regulierung durch das Energiewirtschaftsgesetz", Bundestagsdrucksache 16/6532 vom 28. 09. 2007, S. 14 - 17

 

3. Verbrauchszähler und Messung

Die Messung der über einen Netzanschluss entnommenen Energie und der Betrieb des für diese Messung erforderlichen Zählers sind im Grundsatz Hilfsdienstleistungen. Sie fallen im Zusammenhang mit der Erbringung einer Hauptleistung an, die zum einen in der Gewährung des Netzzugangs durch den jeweiligen Netzbetreiber und zum anderen in der Energielieferung durch den jeweiligen Energielieferanten besteht. Die Erbringung dieser Hauptleistungen unterliegt unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Da die für die Abrechnung der Netzentgelte und der Energielieferung erforderlichen Daten im Regelfall identisch sind, bedarf es für deren Messung im Grundsatz nur eines Zählers beim jeweiligen Kunden.

Nicht nur die Abrechnungen der Netzentgelte sowie der Strom- und Gaslieferungen beruhen auf der Messung. Auch die staatlich veranlassten Preisbestandteile, also z. B. die Steuern und die Wegenutzungsentgelte, werden auf der Grundlage dieser Messung abgerechnet. Die Erfassung des Energieverbrauchs in Deutschland entspricht nicht dem technischen Entwicklungsstand. Im Haushaltsbereich werden beinahe ausschließlich elektromechanische Zähler eingesetzt, die keine Fernauslesung und elektronische Datenübermittlung ermöglichen. Insbesondere mit so genannten intelligenten Zählern („Smart meter“), die derzeit entwickelt werden, kann nicht nur eine zeitnahe Erfassung des Verbrauchs erfolgen, sondern der Letztverbraucher auch in die Lage versetzt werden, seinen Energieverbrauch zu steuern und auf diese Weise Kosten und Energie einzusparen. Intelligente Zähler bieten auch die Voraussetzungen für das Angebot verschiedener Tarifmodelle, die wirtschaftliche Anreize für einen effizienten Energieverbrauch der Letztverbraucher setzen können. Dies kann auch einen Beitrag zur Einführung intelligenter Energieversorgungssysteme leisten, deren Erforschung und Einführung z. B. auch über das Projekt E-Energy des BMWi gefördert werden. Die Bundesregierung hat in Meseberg beschlossen, die notwendigen Rahmenbedingungen für einen marktgetriebenen Prozess der Einführung und Nutzung moderner Zählertechnologien zu schaffen, um in einem Übergangszeitraum von sechs Jahren einen möglichst flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler zu erreichen, soweit sie wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar sind. Um nach der vollständigen Öffnung des Messwesens für Wettbewerb die Fortschritte der marktgetriebenen Einführung moderner Zählertechnologien zu überprüfen, hat die Bundesregierung ein Monitoring beschlossen.

Artikel 13 Abs. 1 der EDL-Richtlinie enthält künftig zu beachtende Anforderungen an den Einsatz von Zählern. Betroffen wären in erster Linie Haushaltskunden und kleinere Gewerbetreibende. Die Bundesregierung wird prüfen, ob sich hieraus Änderungsbedarf ergibt, der z. B. im Rahmen einer Rechtsverordnung nach § 21b Abs. 3 EnWG umgesetzt werden müsste.

a) Überprüfung der Messpreise im Rahmen der Netzentgeltregulierung

Status quo

§ 21b Abs. 1 EnWG weist die Aufgabe des Einbaus, Betriebs und der Wartung von Messeinrichtungen (Zählerbetrieb) sowie die Messung der gelieferten Energie im Grundsatz dem jeweiligen Netzbetreiber zu. Soweit der Netzbetreiber den Zähler betreibt und die Messung durchführt, unterliegen die vom Netzbetreiber hierfür geforderten Entgelte als Hilfsdienstleistungen des Netzbetriebs der Entgeltregulierung. Angesichts des der Netzregulierung zugrunde liegenden Prinzips der kostenorientierten Entgeltbildung fließen die Messkosten in diesem Rahmen nicht – wie in anderen Wirtschaftsbereichen üblich – in einen Gesamtpreis ein. Die Messentgelte werden vielmehr im Rahmen der Netzentgeltregulierung gesondert als Preisbestandteil erfasst und kontrolliert.

Die für den Zählerbetrieb und die Messung anfallenden Kosten sind von den Kosten der Abrechnung zu unterscheiden. (33) § 21b EnWG bezieht sich nicht auf Abrechnungskosten, da die Abrechnung unmittelbar mit der Geltendmachung der Forderungen durch den jeweiligen Gläubiger, also durch den Netzbetreiber bzw. Lieferanten, zusammenhängt. Die Abrechnung beruht auf den Messdaten. (34)

Im Rahmen der Netzentgeltregulierung wird ermittelt, welcher Anteil des früheren Verrechnungsentgelts auf die Kosten für Zählerbetrieb und Messung und welcher auf die Abrechnungskosten entfällt. Nach den Erfahrungen der BNetzA haben die Netzbetreiber unterschiedliche Schlüsselungen bei der Kalkulation der Mess- und Abrechnungsentgelte zugrunde gelegt. Die BNetzA hat zur intensiveren Prüfung der Zusammensetzung der Messentgelte im Rahmen künftiger Netzentgeltprüfungen Prozessschritte für die Bereiche Messstellenbetrieb, Messung und Abrechnung definiert.

Handlungsbedarf

Nach dem Wortlaut der StromNEV und GasNEV wird bei der Genehmigung der Netzentgelte nicht zwischen dem bereits für Wettbewerb geöffneten Bereich „Einbau, Betrieb und Wartung von Messeinrichtungen“ sowie der noch nicht für Wettbewerb geöffneten „Messung“ unterschieden. Erst durch Aufteilung der Entgeltkomponenten kann der Anschlussnehmer aber die Preise im Wettbewerbsbereich vergleichen. Falls die Aufteilung nicht in der Anwendungspraxis der BNetzA durchsetzbar sein sollte, ist eine Ergänzung der StromNEV und GasNEV zu regeln.

b) Mindestanforderungen im Vertrag zwischen Netzbetreiber und Messstellenbetreiber

Status quo

Wichtige Anforderungen an die Zähler ergeben sich aus dem Eichrecht. Weitere Vorgaben folgen für die Zähler leistungsgemessener Letztverbraucher35 aus der Strom- NZV und GasNZV.36 Bei dieser Kundengruppe ist zur Abrechnung der Netzentgelte der Einbau eines Lastgangzählers notwendig, während bei nach Standardlastprofilen versorgten Letztverbrauchern der Zähler nur die Arbeit messen muss. Bei diesen Kunden wird der Energieverbrauch nicht 1⁄4-stündig zeitgenau, sondern als Gesamtverbrauch für den Abrechungszeitraum, der in der Regel 12 Monate beträgt, ermittelt. Preisliche Unterschiede zwischen beiden Zählertypen bestehen hinsichtlich der Investitionskosten. Die Abrechnung nach Standardlastprofilen dient im Rahmen der Bestimmung der Netzentgelte dem Ziel möglichst niedriger Transaktionskosten.

Erste Energielieferanten beabsichtigen bereits, mit „Smart-Metern“ (intelligente, fernauslesbare Zähler) auch in den Markt für Haushaltskunden vorzudringen und solche Zähler in Verbindung mit Stromlieferverträgen anzubieten. Für einen möglichst flächendeckenden Einsatz müssen allerdings erst die Voraussetzungen geschaffen werden. Die rechtliche Öffnung für Wettbewerb nach § 21b EnWG richtet sich bisher nur auf den Zählerbetrieb, nicht aber auf die Messung. Daher kann sich ein preislicher Vorteil bisher auch nur hinsichtlich des auf den Zählerbetrieb entfallenden Anteils des Netzentgelts ergeben.

Bei fernauslesbaren Zählern mit registrierender Lastgangmessung besteht wegen der bisher vorgesehenen Ablesung des Zählers durch den Netzbetreiber technisch die Notwendigkeit, dass der Zähler mit dem jeweiligen technischen Standard des Netzbetreibers kompatibel ist. Es gibt bisher keinen bundesweit einheitlichen Standard der Netzbetreiber bei der Fernauslesung. Dies hat sich als ein Wettbewerbshindernis gezeigt. Im Rahmen der Netzregulierung werden bisher nur Geschäftsprozesse zwischen Netzbetreiber und Netznutzer standardisiert.

Handlungsbedarf

Nach den Erfahrungen der BNetzA haben sich bei der Ausgestaltung der Mindestanforderungen in dem zwischen Netzbetreiber und Messstellenbetreiber nach § 21b Abs. 2 EnWG zu schließenden Vertrag zwei Problemfelder ergeben.

Zum einen gibt es noch keine einheitlichen Rahmenverträge zwischen Netzbetreibern und Messstellenbetreibern. Dadurch muss ein Messstellenbetreiber mit den jeweiligen Netzbetreibern Vertragsverhandlungen über die jeweiligen Inhalte führen. Drittanbieter haben sich nach Erfahrungen der BNetzA insbesondere über eine Vielzahl unterschiedlicher Vertragsgestaltungen und die Uneinheitlichkeit technischer Mindestanforderungen beschwert, die den Marktzutritt erschweren würden. Für eine Standardisierung der Vorgaben durch Festlegungen der BNetzA bietet zumindest § 21b EnWG bisher keine rechtliche Grundlage, da er Festlegungen über Inhalte der Verträge nach § 21b Abs. 2 Satz 7 EnWG nicht ermöglicht.

Zum anderen wurde von Marktteilnehmern kritisiert, dass die von den Netzbetreibern für erforderlich gehaltenen Vertragsbedingungen den Anschein erweckten, dass sie über Mindestanforderungen hinausgingen und einen Marktzutritt Dritter ohne sachlichen Grund erschweren würden.

Um diesen Schwierigkeiten zu begegnen, sollten der BNetzA zusätzliche Befugnisse eingeräumt werden.

c) Öffnung für Wettbewerb

Status quo

§ 21b Abs. 2 EnWG hat den Einbau, Betrieb und die Wartung von Messeinrichtungen bereits für Wettbewerb geöffnet. Unter den geregelten Voraussetzungen kann der Zählerbetrieb durch einen Dritten durchgeführt werden. Dabei sind nach § 21b Abs. 2 Satz 7 EnWG der Messstellenbetreiber und der Netzbetreiber verpflichtet, zur Ausgestaltung ihrer rechtlichen Beziehungen einen Vertrag zu schließen. § 21b Abs. 2 Satz 5 Nr. 2 EnWG erlaubt es dem Netzbetreiber, einheitlich für sein Netzgebiet technische Mindestanforderungen und Mindestanforderungen in Bezug auf Datenumfang und Datenqualität vorzusehen. § 21b Abs. 3 Satz 1 EnWG ermöglicht die nähere Ausgestaltung der Rahmenbedingungen durch Rechtsverordnung. Die Öffnung der Messung (37) für Wettbewerb ist der Entscheidung durch Rechtsverordnung nach § 21b Abs. 3 Satz 2 EnWG überlassen.

Handlungsbedarf

Nach den bisherigen Erfahrungen stellt die noch fehlende Öffnung der Ablesung der Zähler ein erhebliches Hindernis für die Entwicklung von Wettbewerb auch im Zählerbereich dar. Die fehlende Öffnung der Ablesung für Wettbewerb scheint auch die Entscheidung zu beeinflussen, ob zumindest die Möglichkeiten der Öffnung beim Zählerbetrieb genutzt werden. Die Ermöglichung eines einheitlichen Geschäftsprozesses für Zählerbetrieb und Messung dürfte neuen Anbietern auch den Einstieg in den Markt für den Zählerbetrieb erleichtern und die Attraktivität des Angebots für die Letztverbraucher steigern. Dem kann durch eine Öffnung auch der Ablesung für Wettbewerb durch eine Rechtsverordnung nach § 21b Abs. 3 EnWG Rechnung getragen werden. Eine Öffnung für Wettbewerb kann zudem Innovationen und eine möglichst schnelle Einführung von „Smart-metering“-Konzepten fördern.

Zur Öffnung der Messung für Wettbewerb müssen die erforderlichen Geschäftsprozesse vorbereitet werden.

– Zu prüfen ist, ob Wettbewerb bei Zählerbetrieb und Messung Auswirkungen auf die Möglichkeit zum Lieferantenwechsel und die Ausgestaltung der Geschäftsprozesse im Falle des Umzugs des Letztverbrauchers haben kann. Wichtig ist, dass keine Hindernisse für einen Lieferantenwechsel oder für einen Letztverbraucher nicht vorhersehbare Nachteile bei einem Wohnungswechsel entstehen. Gewisse Vorkehrungen trifft § 21b Abs. 2 EnWG, indem er das Recht zur Beauftragung eines neuen Messstellenbetreibers dem Anschlussnehmer, nicht dem Anschlussnutzer, zuordnet.

Allerdings führt das Auseinanderfallen der Berechtigten bei der Öffnung von Zählerbetrieb und Messung zu zusätzlichem Aufwand. Da die Wahl der Messeinrichtung vorrangig im Interesse des Anschlussnutzers liegt, ist zu prüfen, ob dem Anschlussnutzer entsprechende eigene Rechte einzuräumen sind.

– § 9 Abs. 1 EnWG verpflichtet Netzbetreiber zur vertraulichen Behandlung von Informationen. Daher ist zu fragen, ob ein Messstellenbetreiber ähnlichen Restriktionen unterliegen sollte, soweit er über entsprechende Informationen verfügt. Gegebenenfalls wäre zu entscheiden, ob solche Informationen im eigenen Unternehmen als Ergebnis eigener Leistung für den Messstellenbetreiber nutzbar sein sollen oder ob die Neutralität des Messstellenbetreibers im Vordergrund stehen soll.

– Je umfangreicher die Daten sind oder werden, die ein Messstellenbetreiber durch die Messung erhält, desto relevanter könnte zudem die Frage nach dem Umgang mit diesen Daten werden. Hier bedarf es einer Analyse der Auswirkungen. Bestehende Verbraucherschutzstandards sind zu wahren.

Eine bundesweit einheitliche Ausgestaltung der Mindestbedingungen der zwischen den Netzbetreibern und Messstellenbetreibern abzuschließenden Verträge könnte im Rahmen der vorgeschlagenen Rechtsverordnung unterstützt werden. Im Hinblick auf den sich noch entwickelnden Markt erscheint es sachgerecht, der BNetzA durch eine Änderung des § 21b EnWG eine ergänzende Festlegungsbefugnis zur Vorgabe von Mindeststandards im Sinne des § 21b EnWG einzuräumen.


 

(33) Diese Bestandteile waren vor Inkrafttreten der Netzregulierung in der Regel in einem Verrechnungsentgelt zusammengefasst, so dass der unzutreffende Eindruck entstehen konnte, das Verrechnungsentgelt gäbe nur die Kosten für den Zähler und dessen Ablesung wieder.

(34) Abrechnungskosten sind Kosten der Weiterverarbeitung der Informationen im Unternehmen einschließlich der Geltendmachung der Forderung durch Übersendung der Rechnung.

(35) Im Strombereich gilt dies nach § 12 Abs. 1 i. V. m. § 18 Abs. 1 StromNZV im Regelfall für Anschlussnutzer mit einer Entnahme über 100 000 kWh/a, im Gasbereich nach § 29 Abs. 1 i. V. m. § 38 Abs. 1 GasNZV im Regelfall für Anschlussnutzer mit einer stündlichen Ausspeiseleistung über 500 kW bzw. einer Entnahme über 1,5 Mio. kWh/a.

(36) § 18 Abs. 1 Satz 2 und § 19 Abs. 1 StromNZV sowie § 38 Abs. 2 und 3 und § 39 Abs. 1 GasNZV.

(37) Auslesen der Daten aus dem Messgerät sowie deren weitere Verarbeitung und Übermittlung zur Ermöglichung der Abrechnung der
Netzentgelte bzw. Energielieferung.