März 2009

090302

ENERGIE-CHRONIK


Deutschland übertrifft sein Treibhausgas-Minderungsziel mit Hilfe der Wirtschaftskrise

Wegen der schlechten Wirtschaftslage hat Deutschland sein im Rahmen der EU übernommenes Treibhausgas-Minderungsziel nicht nur frühzeitig erreicht, sondern sogar übertroffen. Dies geht aus einer gemeinsamen Pressemitteilung hervor, die das Umweltbundesamt und das Bundesumweltministerium am 29. März veröffentlichten. Demnach ist 2008 der Gesamtausstoß aller Treibhausgase gegenüber dem Vorjahr um fast 12 Millionen auf 945 Millionen Tonnen gesunken. Gegenüber dem Basisjahr 1990 ist das ein Rückgang um 287 Millionen Tonnen oder um 23,3 Prozent. In der 2002 vereinbarten EU-Lastenteilung (020302) auf Grundlage des Protokolls von Kyoto (971215) hat sich Deutschland verpflichtet, seine Treibhausgas-Emissionen im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 um 21 Prozent auf 974 Millionen Tonnen zu senken. Diese Zielmarke war bereits in den Jahren 2005 und 2007 erreicht worden. Zwischendurch waren die Emissionen aber wieder angestiegen. Infolge der Wirtschaftskrise sind nun für das das erste Jahr des bis 2012 reichenden Zielkorridors noch deutlich niedrigere Emissionen an CO2 und anderen Treibhausgasen zu verzeichnen. Ob dies in den restlichen vier Jahren so bleibt und zumindest im Durchschnitt aller fünf Jahre die Zielmarke gehalten werden kann, wird wohl ebenfalls stark von der Wirtschaftslage abhängen.

"Selbst wenn man unterstellt, dass vermutlich 1 bis 2 Prozentpunkte dieses Rückgangs der Wirtschaftskrise geschuldet sind, so belegen die neuen Zahlen doch, daß unsere Klimaschutzpolitik greift", erklärte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel zu den jetzt publizierten Zahlen, die im Wege eines vereinfachten Berechnungsverfahrens ermittelt wurden. "Um die nun bis 2020 notwendigen Minderungen zu erreichen, müssen wir den bewährten Kurs mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz fortsetzen und verstetigen."

Deutschland erbringt 76 Prozent der EU-Gesamtminderung

Die damals 15 EU-Staaten haben 1997 in Kyoto eine Minderung ihrer Treibhausgas-Emissionen um insgesamt 341 Millionen Tonnen bzw. um 8 Prozent gegenüber 1990 zugesagt. Aufgrund der 2002 vereinbarten internen Lastenteilung (020302) entfällt davon der weitaus größte Anteil mit 259 Millionen Tonnen auf Deutschland. Das sind 76 Prozent der Gesamtminderung. Dabei muß allerdings berücksichtigt werden, daß Deutschland als führender Industriestaat der EU durch die Eingliederung der ehemaligen DDR und den wirtschaftlichen Niedergang im Osten über ein enormes rechnerisches Einsparpotential gegenüber 1990 verfügte. Mit großem Abstand folgen Großbritannien (34 Millionen Tonnen) und die übrigen EU-Staaten. Frankreich und Finnland sind von Reduktionsverpflichtungen befreit. Portugal, Griechenland, Spanien und Schweden dürfen ihre Emissionen sogar um bis zu 27 Prozent erhöhen. Bisher scheint außer Deutschland nur Großbritannien in der Lage zu sein, die zugesagte Minderung ohne zusätzliche Anstrengungen zu erbringen. Für die im Mai 2004 der EU neu beigetretenen zehn Staaten (040404) sowie Rumänien und Bulgarien, die Anfang 2007 hinzukamen, gelten jene Reduktionsverpflichtungen, die sie 1997 in Kyoto abgegeben haben.

Auf einem anderen Blatt steht, ob Deutschland das neu gesteckte Ziel erreichen kann, die Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 36 Prozent gegenüber 1990 zu verringern, wie dies die Bundesregierung mit ihrem Klimaschutzprogramm erreichen möchte (071204). Offiziell ist sogar von 40 Prozent als Zielmarke die Rede. Allerdings gilt sie nur für den Fall, daß die EU im Rahmen eines UN-Klimaschutzabkommens eine Minderung um 30 Prozent übernimmt.

CO2-Emissionen sanken trotz gestiegenem Primärenergieverbrauch

Den größten Anteil an dem 2008 erreichten Rückgang haben die Kohlendioxid-Emissionen, die etwa mit 88 Prozent zur deutschen Treibhausgasbilanz beitrugen: Sie sanken um 9,4 Millionen Tonnen oder um 1,1 Prozent. Trotz dieses Rückgangs der Emissionen stieg der Primärenergieverbrauch um etwa 1 Prozent. Dieses Zurückbleiben der Emissionen hinter dem Energieverbrauch erklärt das Umweltbundesamt mit einer Verschiebung des Energieträger-Mixes hin zu den emissionsärmeren Brennstoffen Gas und Öl sowie der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien, während sich im Kraftwerkssektor sowie in der Eisen- und Stahlindustrie der Einsatz von Steinkohle um rund 7 Prozent und der von Braunkohle um etwa 3,5 Prozent gegenüber 2007verringerte.

Die CO2-Emissionen folgten diesem Trend: Aus der vermehrten Verwendung von Mineralölen ergab sich ein Zuwachs von 12,7 Millionen Tonnen. Zugleich sanken die CO2-Emissionen aus Erdgas um 1,8, aus Steinkohle um 11,9 und aus Braunkohle um 6,5 Millionen Tonnen. CO2).

Unterschiedliche Entwicklung bei den übrigen Treibhausgasen

Bei Methan blieben die Gesamtemissionen 2008 insgesamt unverändert. Die Abfallbehandlung senkte ihre Emissionen um fünf Prozent. In der Tierhaltung stiegen dagegen die Methanemissionen weiter an.

Beim Lachgas - es entsteht vor allem in der Landwirtschaft und der chemischen Industrie - sanken die Emissionen gegenüber 2007 um fünf Prozent. Dies geht auf Minderungsanstrengungen in der chemischen Industrie zurück.

Die Emissionen der fluorierten Klimagase – Perfluorkohlenstoffe (PFC), Hexafluorkohlenstoffe (HFC) sowie Schwefelhexafluorid – entwickelten sich unterschiedlich: Bei PFC gab es weitere Emissionsminderungen vor allem in der Aluminium- und Halbleitererzeugung und damit einen erneuten Rückgang um 5,3 Prozent. Gestiegen sind dagegen die HFC-Emissionen (plus 4,5 Prozent) wegen des verstärkten Einsatzes in der Kälteerzeugung. Die Emissionen von Schwefelhexafluorid stiegen um 2,8 Prozent. Dieser Anstieg geht nach Angaben des Umweltbundesamtes vor allem auf die zunehmende Entsorgung alter Schallschutzfenster zurück, da bei unsachgemäßer Entsorgung das Glas brechen und das als Isoliergas verwendete Schwefelhexafluorid unkontrolliert austreten kann.

Detaillierte Ergebnisse erst Anfang nächsten Jahres

Die Berechnungen des Umweltbundesamtes basieren auf Angaben der Veröffentlichungen zum "Energieverbrauch in Deutschland 2008" der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen und zum "Bruttoinlandsprodukt 2008 für Deutschland" des Statistischen Bundesamtes sowie Verbandsinformationen und Expertenschätzungen. Das Amt ermittelte die Emissionen mit Hilfe vereinfachter Berechnungsverfahren. Aussagen zu den CO2-Emissionen der verschiedenen Emittentengruppen sind voraussichtlich erst nach Vorliegen detaillierter Angaben zum Energieverbrauch Mitte dieses Jahres möglich. Die detaillierten Ergebnisse der Treibhausgasemissionen sollen erst Anfang 2010 veröffentlicht werden.

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