November 2009

091105

ENERGIE-CHRONIK


Atomaufsichtsbehörden rügen Sicherheitsmängel beim EPR

Die Mängel an der Leit- und Sicherheitstechnik des Europäischen Druckwasser-Reaktors (EPR) sind gravierender, als es bisher den Anschein hatte (090909). In einer gemeinsamen Erklärung beanstandeten die Atomaufsichtsbehörden Großbritanniens, Frankreichs und Finnlands am 2. November die fehlende Unabhängigkeit der Leittechnik zur normalen Steuerung des Reaktors von der für Notfälle vorgesehenen Sicherheitstechnik. Die Unabhängigkeit beider Systeme müsse gewährleistet sein, heißt es in der Erklärung. In seiner bisherigen Konzeption erfülle der EPR dieses Gebot nicht, da zahlreiche komplexe Verbindungen zwischen Leittechnik und Sicherheitssystem bestünden. Die drei Behörden hätten deshalb den Hersteller Areva und die künftigen Betreiber zu Änderungen der ursprünglichen Konzeption aufgefordert.

Die Mängel wurden vor einigen Monaten von der britischen Atomaufsicht HSE/ND festgestellt, nachdem Areva und die Electricité de France, die in Großbritannien vier EPR errichten möchte (080903), die Pläne zur Genehmigung vorgelegt hatten. Die Behörde äußerte damals schwerwiegende Bedenken gegen die vorgesehene Verwendung der beiden Leittechnik- und Sicherheitssysteme Teleperm XS und SPPA-T2000. Sicherheitsmäßig bedeutsame Ebenen könnten von solchen Ebenen beeinflußt werden, die für die Sicherheit weniger relevant sind.

Der Einspruch der britischen Behörde bedeutet eine Blamage für die französische Atomaufsicht ANS, die das Leit- und Sicherheitskonzept des Reaktors schon vor Jahren genehmigt hat. Daß die ANS nun gemeinsam mit den Briten und der finnischen Atomaufsicht STUK eine Überarbeitung der Konzeption verlangt, kann darüber nicht hinwegtäuschen. Offenbar zur Gesichtswahrung der Franzosen heißt es am Schluß der gemeinsamen Erklärung, sie sei ein gutes Beispiel dafür, wie die nationalen Sicherheitsbehörden, unabhängig voneinander und in enger Zusammenarbeit, das Verständnis und die Umsetzung der internationalen Standards zur Erhöhung der nuklearen Sicherheit fördern würden...

Frankreich und Polen schließen Kernenergie-Pakt

Unterdessen ist es dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gelungen, mit Polen ein weiteres Absatzgebiet für den EPR zu erschließen. Am 5. November traf er mit dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk in Paris ein Kooperationsabkommen zur Nutzung der Kernenenergie. Das staatliche französische Kommissariat für Atomenergie (CEA) wird demnach mit einer Reihe polnischer Institutionen bei der Ausbildung von Fachleuten und auf dem Gebiet der Nukleartechnik zusammenarbeiten. Sarkozy begrüßte anschließend vor der Presse die polnische Entscheidung, mit Frankreich "exklusive Gespräche auf höchster Ebene" zur Errichtung einer Reihe von Reaktoren zu führen. Tusk bezeichnete das Abkommen seinerseits als Startschuß für das polnische Nuklearprogramm. Der erste polnische Reaktor werde ungefähr bis 2020 ans Netz gehen. Rund fünf Jahre später werde ein zweiter folgen. Auf Nachfrage nach der Exklusivität der Zusammenarbeit antwortete Tusk ausweichend, daß die Entscheidungen hinsichtlich der technischen und finanziellen Partner noch lange nicht getroffen seien. Frankreich werde wohl der wichtigste, aber nicht der einzige Partner sein.