Dezember 2009

091203

ENERGIE-CHRONIK



Der Stromverbrauch Deutschlands sank 2009 gegenüber dem Vorjahr um rund 33 Terawattstunden (TWh), was ungefähr dem Jahresverbrauch Dänemarks entspricht. Seinen Höhepunkt erreichte er 2007 mit 618,1 TWh. Das starke Abknicken der Kurve verdeutlicht die Schwere der Krise, die von der neoliberal entfesselten Finanzwirtschaft ausging und auch die Realwirtschaft in Mitleidenschaft zog. Das Absinken der Kurve von 1990 bis 1993 war dagegen auf den Niedergang der ostdeutschen Industrie nach der "Wende" zurückzuführen. (Die Zahlen für 2008 und 2009 sind noch vorläufig.)

Energieverbrauch sinkt wegen Wirtschaftskrise deutlich

Der Energieverbrauch in Deutschland ist 2009 kräftig gesunken.Nach vorläufigen Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) lag er mit 13.281 Petajoule (PJ) – das entspricht 453,1 Mio. t Steinkohleeinheiten (SKE) – um 6,5 Prozent unter dem des Vorjahres. Wesentlichen Ein!uß auf den ungewöhnlich starken Abwärtstrend hatte die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Da energieintensive Grundstoffindustrien in besonderem Maße von der Konjunkturentwicklung betroffen waren, ging der Energieverbrauch stärker zurück als das Bruttoinlandsprodukt. Das erreichte Verbrauchsniveau ist das niedrigste seit Anfang der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Beim Stromverbrauch äußerte sich die wirtschaftliche Krise in einem Minus um fast 33 Terawattstunden.

Mineralöl bleibt mit Abstand der wichtigste Energieträger

Der Verbrauch an Mineralöl verminderte sich 2009 um 5,8 Prozent und erreichte mit 4.595 PJ (156,8 Mio. t SKE) den niedrigsten Stand seit der deutschen Wiedervereinigung. Mit einem Anteil von 34,6 Prozent am Gesamtverbrauch blieb das Mineralöl dennoch der mit Abstand wichtigste Energieträger in Deutschland. Konjunkturbedingt sank die Nachfrage nach schwerem Heizöl, Chemiebenzin und Schmierstoffen sowie sonstigen Produkten um rund zwei Millionen Tonnen. Der Absatz von leichtem Heizöl verringerte sich um rund 14 Prozent und der Bedarf an Flugkraftstoffen lag mit fast vier Prozent im Minus. Die Absatzentwicklung bei Otto- und Dieselkraftstoffen wurde geprägt durch die um knapp 50 Prozent erhöhte Beimischung von Bio-Kraftstoffen, die statistisch den erneuerbaren Energieträgern zugerechnet werden und deshalb deren Anteil am Primärenergieverbrauch 2009 von 8,2 Prozent auf neun Prozent ansteigen ließen. Ohne Zumischung wäre der Absatz an mineralischen Kraftstoffen leicht angestiegen.

Erdgas behauptet sich bei Primärenergien auf dem zweiten Platz

Der Erdgasverbrauch sank 2009 in Deutschland um 5,5 Prozent auf 2.887 PJ (98,5 Mio. t. SKE). Es verminderte sich sowohl die Nachfrage der Industrie wie auch der Einsatz in Kraftwerken. Die privaten Haushalte steigerten ihren Verbrauch leicht infolge der deutlich niedrigeren Temperaturen im ersten Quartal. Der Anteil des Erdgases am Gesamtenergieverbrauch stieg leicht auf 21,7 Prozent.

Stein- und Braunkohle decken zusammen noch rund 22 Prozent des Energiebedarfs

Die Steinkohle wurde 2009 von der wirtschaftlichen Entwicklung am stärksten getroffen. Der Verbrauch sank um rund 18 Prozent auf 1.474 PJ (50,3 Mio. t SKE). Der Einsatz von Steinkohle in Kraftwerken verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um knapp 13 Prozent, die Lieferungen an die Eisen- und Stahlindustrie sanken drastisch um über 30 Prozent. Der Wärmemarkt schloss ebenfalls mit einem Minus ab. Steinkohle deckte 2009 noch rund 11 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland.

Braunkohle trug mit 1.510 PJ (51,5 Mio. t SKE) knapp 3 Prozent weniger zur Energiebilanz 2009 bei. Dieser Rückgang entspricht in etwa dem Rückgang der Lieferungen an die Kraftwerke der allgemeinen Versorgung, an die über 90 Prozent der deutschen Braunkohlenförderung gehen. Der Anteil am Gesamtverbrauch stieg leicht auf 11,4 Prozent.

Bei der Stromerzeugung verloren Steinkohle und Erdgas besonders stark

Am Rückgang der Brutto-Stromerzeugung um insgesamt 6,9 Prozent waren die Steinkohle (minus 14,3 %), Erdgas (minus 12,6 Prozent), Kernenergie (minus 10,6 %), Windkraft (minus 8,3 %) und die Wasserkraft (minus 7,4 %) überdurchschnittlich stark beteiligt. Unterm Durchschnitt lag der Rückgang bei Braunkohle (minus 2,8 %) und sonstigen Energieträgern (minus 4,7 %). Einen Zuwachs gegenüber dem Vorjahr erzielten Mineralöl (plus 26,4 %), Photovoltaik (plus 26,7 %), Biomasse (plus 12,5 %) und Müll (plus 2 %).

Im Sektor der erneuerbaren Energien wurde die rückläufige Stromerzeugung bei Wasserkraft (minus 1,4 TWh) und Windkraft (minus 3,1 TWh) durch die Zuwächse bei Biomasse (3,2 TWh) und Photovoltaik (1,6 TWh) ausgeglichen. Wegen des insgesamt rückläufigen Stromverbrauchs konnten so die erneuerbaren Energien ihren Beitrag zur Stromerzeugung in Deutschland um gut ein Prozent erhöhen. Sie deckten 2009 etwa 15,6 der Stromerzeugung und neun Prozent des gesamten Energiebedarfs.

Links (intern)

Der deutsche Strom-Mix (rechts) ist Bestandteil des Primärenergieträger-Mixes (links). Er unterscheidet sich aber bei den Prozent-Anteilen der einzelnen Energieträger deutlich von diesem. Das liegt vor allem daran, daß Mineralöl zwar mit 34 Prozent der wichtigste Primärenergieträger ist, aber bei der Stromerzeugung keine nennenswerte Rolle spielt. Dafür sind bei der Stromerzeugung die Anteile von fast allen anderen Energieträgern größer. Eine Ausnahme macht nur Erdgas, das zum großen Teil direkt für Heizzwecke oder als chemischer Rohstoff verwendet wird. Die Anteile von Kernenergie, Braun- und Steinkohle am Strom-Mix sind im wesentlichen identisch mit ihrem Beitrag zum Primärenergieverbrauch. Kernenergie wird ohnehin nur für die Stromerzeugung eingesetzt. Auch die erneuerbaren Energieträger werden überwiegend in Form von Strom genutzt.


Bis 1990 war Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien in Deutschland identisch mit dem Strom aus Wasserkraftwerken, die bis heute einen Sockel von jährlich etwa 20 TWh liefern. Das in diesem Jahr erlassene Stromeinspeisungsgesetz bewirkte dann allmählich einen Zuwachs aus Wind und anderen erneuerbaren Stromquellen, der sich aber bis 1999 nur auf 8,7 TWh belief. Der eigentliche Aufschwung der regenerativen Stromerzeugung begann erst mit den Erneuerbare-Energien-Gesetzen (EEG) der Jahre 2000, 2004 und 2008. Vor allem Windkraftanlagen schossen nun wie Pilze aus dem Boden und überflügelten ab 2003 den Beitrag der Wasserkraft. In den letzten Jahren legte auch Biomasse stark zu und verdrängte ab 2008 die Wasserkraft auf den dritten Platz. Mit großem Abstand folgen Photovoltaik und Müll.

Beim Vergleich der erzeugten Strommengen muß bedacht werden, daß Strom aus Wind nur dann anfällt, wenn der Wind weht. Die Verwertung dieser unregelmäßigen Einspeisungen ins Netz erfordert einen erheblichen Regelungsaufwand durch andere Kraftwerke, deren Erzeugung sich exakt steuern läßt. Dasselbe gilt im Prinzip für die fluktuierende Einspeisung durch Photovoltaik-Anlagen. Stromwirtschaftlich wertvoller ist deshalb der Strom aus Wasserkraft, Biomasse und Müll.


Der Vergleich über zwei Jahrzehnte zeigt, daß Kohle und Kernenergie nach wie vor den allergrößten Teil der Stromerzeugung in Deutschland bestreiten. Allerdings hat Erdgas seinen Anteil inzwischen mehr als verdoppelt. Noch dynamischer entwickelt sich der Anteil der erneuerbaren Energieträger, der von 1990 bis 2009 um mehr als das Vierfache zugenommen hat.


Diese Grafik zeigt für denselben Zeitraum wie oben den absoluten Beitrag von Braunkohle, Kernenergie, Steinkohle, Gas und Erneuerbaren zur deutschen Stromerzeugung in TWh (Mrd. KWh). Für Mineralöl und Sonstige wird aus Darstellungsgründen wiederum nur die Bandbreite der bescheidenen Anteile genannt. Die gesamte Bruttostromerzeugung der jeweiligen Jahre läßt sich Grafik 1 entnehmen.