April 2010

100410

ENERGIE-CHRONIK


Monopolkommission unterstützt Gesetzentwurf zur eigentumsrechtlichen Entflechtung

Die Monopolkommission unterstützt einen Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums, der die Möglichkeit einer eigentumsrechtlichen Entflechtung unabhängig von einem nachgewiesenen Kartellrechtsverstoß im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verankern will und in der Praxis hauptsächlich auf die Energiewirtschaft zielt. Das Bundeskartellamt würde dadurch ermächtigt, marktbeherrschende Konzerne allein wegen fehlenden Wettbewerbs zu zerschlagen, ohne daß ein Marktmißbrauch vorliegt. Mit der Einführung einer solchen "objektiven" Entflechtungsbefugnis würde die derzeit geltende Marktstrukturkontrolle vervollständigt, heißt es in einem Sondergutachten der Kommission, das am 27. April veröffentlicht wurde. Im Vordergrund stehe "nicht der Sanktionscharakter des Instruments, sondern die wirksame Behebung von Funktionsstörungen des Wettbewerbs".

Nach mehrheitlicher Ansicht der Monopolkommission reichen die bestehenden kartellrechtlichen Instrumente nicht in allen Fällen aus, um strukturellen Wettbewerbsbeschränkungen wirksam zu begegnen. Die Einführung einer objektiven Entflechtungsbefugnis könne dazu beitragen, auf solchen Märkten mit verfestigten Strukturen den Wettbewerb in Gang zu bringen und aufrechtzuerhalten. Allerdings will die Kommission mehr Gewicht auf eine angemessene Entschädigung der Unternehmen legen. Sie schlägt eine Kompensation aus öffentlichen Mitteln vor, die generell die Hälfte der Differenz zwischen dem gutachterlich festgestellten Wert des zur Veräußerung bestimmten Vermögensteils und dem erzielten Verkaufserlös beträgt. Falls ein betroffenes Unternehmen nachweisbar höhere Investitions- und Innovationsleistungen erbracht hat, soll es eine weitergehende Kompensation auf dem Zivilrechtsweg einklagen können. Außerdem will die Kommission der Bundesregierung bei Entflechtungsmaßnahmen ein Vetorecht zugestehen oder die Möglichkeit einräumen, ein Ministerdispensverfahren zu beantragen. Der Regulierung unterliegende Wirtschaftsbereiche wie die Strom- und Gasnetze sollen von der erweiterten Entflechtungsbefugnis ausgenommen bleiben.

Verschärfung der Mißbrauchsaufsicht bei Strom- und Gaspreisen blieb "bislang ohne nachhaltigen Erfolg"

Wie der Gesetzentwurf hebt auch die Monopolkommission bei ihren Ausführungen nicht speziell auf die Energiewirtschaft ab. Beiläufig bemerkt sie in ihrem Gutachten jedoch, daß die Ende 2007 beschlossene Verschärfung des Kartellrechts zur Verhinderung von mißbräuchlich überhöhten Preisen der Strom- und Gaskonzerne (071104) "bislang ohne nachhaltigen Erfolg" geblieben sei.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) zeigte sich erfreut "über die positive Bewertung der Monopolkommission bezüglich der zentralen Punkte der von mir auf den Weg gebrachten Gesetzesinitiative". Er betonte nochmals, daß die vorgesehene Entflechtungsregelung nicht "die Bestrafung von Unternehmen für erfolgreiches internes Wachstum" beabsichtige. Sie bezwecke vielmehr "die Behebung von Funktionsstörungen des Wettbewerbs und den Abbau von Marktzutrittsschranken".

Entflechtungsinstrument ist nur als "ultima ratio" gedacht

Der Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums war Ende 2009 bekanntgeworden. Er stützt sich auf den Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009, der folgende Vereinbarung zur Novellierung des GWB enthält: "In das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird als ultima ratio ein Entflechtungsinstrument integriert. Darüber hinaus werden Elemente der europäischen Fusionskontrolle übernommen. Das Kartellamt wird weiterhin Konzentrationstendenzen und Nachfragemacht beobachten. Das Kartellamt wird bei der wettbewerblichen Folgenabschätzung am Gesetzgebungsverfahren beteiligt." Die Anpassung der nationalen Fusionskontrollregeln an die europäischen Vorgaben soll in einem eigenständigen Gesetzgebungsverfahren erfolgen. Ein entsprechender Referentenentwurf ist für Anfang 2011 geplant.

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