Dezember 2010

101213

ENERGIE-CHRONIK


EDF will den polnischen Staatskonzern Enea übernehmen

Mit einem Teil des Geldes, das ihr der Verkauf der EnBW-Anteile an das Land Baden-Württemberg einbringt (101201), will die Electricité de France (EDF) den polnischen Staatskonzern Enea übernehmen. Wie das polnische Finanzministerium mitteilte, wird mit der EDF exklusiv über den Kauf von 51 Prozent an Enea verhandelt. Beobachter schätzen den Verkaufspreis auf etwa 1,3 Milliarden Euro. Das wäre erheblich weniger als die zwei Milliarden Euro, die Polen bei den vorangegangenen Verhandlungen mit dem RWE-Konzern verlangt hat. RWE war von der Regierung im August 2009 ebenfalls als exklusiver Verhandlungspartner benannt worden. Im Oktober lehnte der deutsche Konzern jedoch die Abgabe eines verbindlichen Angebots ab, weil ihm der Preis zu hoch schien (091008).

Die in Posen (Poznan) ansässige Enea ist der drittgrößte Energieversorger des Landes. Das Unternehmen beschäftigt rund 10.000 Mitarbeiter. Es ist seinen Angaben zufolge mit rund acht Prozent an der polnischen Stromerzeugung beteiligt und deckt 16 Prozent des inländischen Strombedarfs. Der Konzern entstand 2003 aus der Zusammenfassung von fünf regionalen Energieversorgern. Die vom Staat geplante Privatisierung scheiterte jedoch vorläufig am mangelnden Interesse von Investoren. Erst 2008 gelang der Verkauf einer Minderheitsbeteiligung von 18,7 Prozent, die für 453 Millionen Euro der schwedische Vattenfall-Konzern erwarb. Der polnische Staat besaß seitdem noch 60,4 Prozent. Nachdem RWE sein Desinteresse am Erwerb der Mehrheitsbeteiligung bekundet hatte, galt Vattenfall als aussichtsreichster Anwärter. Die Schweden konnten sich aber ebenfalls nicht zur Erweiterung ihres bereits eingegangenen Engagements entschließen. Vermutlich hatte dies auch damit zu tun, daß inzwischen der Konzernchef Lars G. Josefsson, unter dem die Minderheitsbeteiligung erworben worden war, sein Amt abgeben mußte (091113).

Mit dem Erwerb der Enea könnte der französische Staatsmonopolist EDF in Polen erreichen, was ihm in Deutschland versagt geblieben ist: Die völlig Beherrschung eines ausländischen Energiekonzerns, der zugleich Erzeuger und Vertreiber von Strom ist. Wie das Zögern und Feilschen beim Verkauf der Mehrheitsbeteiligung zeigt, ist die in Nordwestpolen beheimatete Enea aber bei weitem nicht so attraktiv wie der südwestdeutsche Energiekonzern.

Links (intern)