März 2012 |
120314 |
ENERGIE-CHRONIK |
Pressefoto E.ON
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E.ON muß bis Jahresende die drei alten Steinkohle-Blöcke in Datteln (303 MW) sowie das Steinkohle-Kraftwerk "Shamrock" in Herne (132 MW) stillegen. Dies entschied am 21. März das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in Münster, vor dem E.ON den Stillegungsbescheid der Bezirksregierungen angefochten hatte.
Die vier Steinkohle-Blöcke erfüllen nicht die Anforderungen der Großfeuerungsanlagenverordnung, die im Juli 2004 verschärft wurde (040706). Um die Erlaubnis für den unbefristeten Weiterbetrieb zu erhalten, hätten sie bis Beginn des Jahres 2011 nachgerüstet werden müssen. Die Alternative war, bis spätestens 2006 den Verzicht auf den Weiterbetrieb ab 2013 zu erklären. E.ON entschied sich für diese zweite Lösung. Die vier Blöcke standen deshalb schon seit längerem auf der "Rückbau"-Liste (111014).
Ende 2010 widerrief E.ON jedoch die abgegebene Verzichtserklärung: Die Fertigstellung des neuen Kraftwerks Datteln 4 habe sich verzögert; deshalb sei man auf den Weiterbetrieb der alten Blöcke in Datteln und Herne angewiesen. Es sei auch keine Nachrüstung erforderlich, um ab 1. Januar 2011 die neuen Anforderungen zu erfüllen. Es reiche aus, eine hochwertigere Kohle zu verwenden und verschiedene Reinigungsarbeiten durchzuführen.
Das nordrhein-westfälische Umweltministerium gelangte nach Einholung eines Rechtsgutachtens zu der Auffassung, daß eine einmal erklärte Stillegungserklärung nicht mehr widerrufen werden könne. Die Bezirksregierungen Münster und Arnsberg stellten darauf per Bescheid das Erlöschen der Betriebsgenehmigungen der beiden Altkraftwerke zum 31. Dezember 2012 fest. Gegen diese Bescheide klagte E.ON mit der Begründung, bei den Stilllegungserklärungen handele es sich um bloße Absichtserklärungen, die grundsätzlich frei widerrufen werden könnten. Mit den Stilllegungserklärungen werde noch nicht auf die Betriebsgenehmigungen verzichtet. Zumindest sei ein Widerruf vor Wirksamwerden der verschärften Anforderungen möglich.
Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen wies die beiden E.ON-Klagen ab und bestätigte die Auffassung des Ministeriums und der Bezirksregierungen. Die bis Ende 2006 abgegeben Verzichtserklärungen seien verbindlich. Die Genehmigungen würden automatisch zu dem in der Verzichtserklärung genannten Zeitpunkt erlöschen. Die einschlägigen Vorschriften sähen - in Anlehnung an Regelungen der Europäischen Union - bewußt einen frühen Termin für die verbindliche Entscheidung des Anlagenbetreibers vor.
E.ON kann sich dem Urteil zufolge auch nicht auf den "Wegfall der Geschäftsgrundlage" berufen, weil der umstrittene Neubau des Kraftwerks Datteln 4 nicht wie geplant fertiggestellt werden konnte (100710). E.ON habe nicht darauf vertrauen können und dürfen, daß der Neubau fristgemäß ans Netz gehen werde. Bei Abgabe der Stilllegungserklärungen im Dezember 2006 hätten weder der Bebauungsplan noch eine Genehmigung für das Kraftwerk Datteln 4 vorgelegen. Außerdem habe E.ON mit der Möglichkeit von Klagen gegen das geplante Kraftwerk und damit verbundenen Verzögerungen rechnen müssen. Der Konzern habe daher auf eigenes unternehmerisches Risiko gehandelt, als er sich für die Stillegungsvariante entschieden habe.
Auf Anregung des Gerichts hatten die Beteiligten zunächst Verhandlungen darüber aufgenommen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein vorübergehender Weiterbetrieb der alten Kraftwerke ab 2013 geduldet werden könnte, um die Fernwärme- und Bahnstromversorgung sicherzustellen. Diese Verhandlungen verliefen aber ergebnislos und wurden seit Dezember 2011 nicht mehr fortgesetzt.
Der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts hat Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen. E.ON könnte deshalb allenfalls Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erheben. (Az.: 8 D 47/11.AK und 8 D 48/11.AK)