April 2012

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ENERGIE-CHRONIK


 

 

Angst vor Erschütterungen und Lärm: Zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen protestierten am 21. April Bürger aus Brühl gegen das geplante Geothermie-Kraftwerk am Ortsrand der Gemeinde. Vorläufig findet hier nur eine Probebohrung statt. Die hohe Wand soll den Lärm für eine benachbarte Schule erträglicher machen.

Die Gemeinde Brühl will kein Geothermie-Kraftwerk mehr

Die geothermische Stromerzeugung verliert in Deutschland weiter an Akzeptanz (110110). Vor allem verstärkt sich der Widerstand gegen Geothermie-Kraftwerke in der Nähe bebauter Gebiete, da die betroffenen Anwohner eine Beschädigung der Häuser durch seismische Erschütterungen sowie Beeinträchtigungen durch den Lärm der Anlagen befürchten. Typisch dafür ist der Stimmungswandel in der badischen Gemeinde Brühl (14300 Einwohner), deren Gemeinderat vor vier Jahren einstimmig der Bauvoranfrage für ein Geothermiekraftwerk zustimmte und die erforderlichen Probebohrungen erlaubte. Mit Ausnahme der SPD, die auch den Bürgermeister stellt, haben sich inzwischen alle Gemeinderatsparteien – neben Freien Wählern und CDU auch die Grünen – gegen die Weiterführung des Projekts ausgesprochen und im November vorigen Jahres die Verlängerung des Bauvorbescheids abgelehnt. Die Errichtung des Kraftwerks würde dadurch verhindert, da die vom Bergbauamt Freiburg im Juli 2011 erteilte Bohrerlaubnis nur die unterirdischen Teile der Anlage betrifft. Maßgeblich beeinflußt wurde der Meinungsumschwung im Gemeinderat durch eine Bürgerinitiative, die bei Beginn der Probebohrungen am 29. März und jetzt erneut am 21. April gegen das Projekt demonstrierte.


Die parteiübergreifende Bürgerinitiative gegen das Geothermie-Kraftwerk Brühl kann sich auch im Gemeinderat auf eine Mehrheit stützen.
Fotos (2). Leuschner

Aufgeschreckt wurden die Bürger in Brühl vor allem durch die leichten Erdbeben, die in in Landau durch das dortige Geothermie-Kraftwerk verursacht wurden, das ebenfalls dicht an bebautem Gebiet liegt (090912). Die Anlage in Brühl soll wie die in Landau mit 160 Grad heißem Thermalwasser aus einer Tiefe von etwa 3,6 Kilometern betrieben werden. Mit einer Leistung von 5,5 MW ist sie noch größer dimensioniert. Im Unterschied zu Landau wird nur auf Stromerzeugung gesetzt. Eine Nahwärmeversorgung ist nicht vorgesehen.

Der Projektträger GeoEnergy GmbH versuchte die Befürchtungen mit dem Argument zu entkräften, daß in Brühl der Untergrund durchlässiger sei. Man müsse deshalb nicht soviel Druck ausüben, um das geförderte und genutzte Thermalwasser wieder unter die Erde zu bringen. Höchstwahrscheinlich benötige man dafür keine zusätzliche Pumpe. Damit entfalle auch das Risiko durch den Pumpendruck, der in Landau die Beben auslöste.

Vorerst bleibt das Ergebnis der Bohrungen abzuwarten. Die am 29. März begonnene Probebohrung geht bis in eine Tiefe von 500 Meter. Wenn sie hinreichend Erfolg verspricht, sollen bis zum September 3700 Meter erreicht werden. Erst dann entscheidet sich endgültig, ob der Betrieb des Kraftwerks als rentabel eingeschätzt wird. Je nachdem dürfte damit auch die politische Auseinandersetzung wieder aufflammen oder sich von selbst erledigt haben.

Das Veto des Brühler Gemeinderats gegen den Kraftwerksbau ist nicht umumstößlich: Es könnte vom Landkreis Rhein-Neckar als der zuständigen kommunalen Aufsichtsbehörde gekippt werden, falls der Projektträger GeoEnergy einen rechtlichen Anspruch auf die weiteren Genehmigungen haben sollte. Mit Rückendeckung durch die grün-rote Landesregierung in Stuttgart ist ebenfalls zu rechnen. "Wir wissen aus persönlichen Gesprächen mit dem baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller, daß er ein absoluter Verfechter der Geothermie ist und die Zukunft dieser Technik im Land von der Entwicklung des Projektes in Brühl abhängig macht", erklärte ein Vertreter der Bürgerinitiative gegen das Geothermie-Kraftwerk.

Die GeoEnergy GmbH soll bereits mit Schadenersatzansprüchen gedroht haben, falls der Gemeinderat die weiteren Genehmigung verweigert. Die Karlsruher Projektgesellschaft gehört seit 2010 dem italienischen F.I.S.I.-Konzern, der sich über seine Tochter Exergia S.p.A. und deren deutsche Tochter Exer D GmbH auch im Energiebereich betätigt.

Dritte Bohrung soll Landauer Geothermie-Kraftwerk wieder rentabel machen

Der Aufsichtsrat der Energie Südwest AG beschloß am 30. März auf einer Sondersitzung, vorläufig doch nicht aus der Geox GmbH auszusteigen, die das Landauer Geothermie-Kraftwerk betreibt. Die Geox gehört jeweils zur Hälfte der Energie Südwest und den Pfalzwerken. Im Dezember 2011 hatten die früheren Landauer Stadtwerke angekündigt, ihre Beteiligung an dem Geothermie-Kraftwerk abgeben zu wollen, weil es trotz der hohen Subventionierung des damit erzeugten Stroms nicht mehr rentabel betrieben werden kann, nachdem zur Vermeidung von seismischen Erschütterungen der Pumpendruck gesenkt werden mußte (111214).

Wie die Geox mitteilte, planen die beiden Gesellschafter nun die Niederbringung einer dritten Bohrung, damit die Anlage weiterhin mit deutlich reduziertem Druck bei gleichzeitig erhöhter Fließrate arbeiten kann. Damit werde die Betriebssicherheit erhöht und die Wirtschaftlichkeit der Kraftwerksanlage wieder hergestellt. Die Durchführung der Umbauten, die auch Maßnahmen zum Schallschutz umfassen, soll bis zur 2014 in Landau stattfindenden Landesgartenschau abgeschlossen sein. Weiter hieß es: "Das Land prüft, die bestehende und nicht mehr vollständig genutzte Bürgschaftslinie wiederherzustellen, um damit das Projekt zu unterstützen. Beim Bund sollen für diese dritte Bohrung Fördermittel beantragt werden."

Faktisch übernehmen damit Bund und Land weitgehend die Finanzierung der dritten Bohrung, deren Kosten mit acht Millionen Euro veranschlagt werden. Obwohl noch keine Zusage vorliegt, faßte der Aufsichtsrat der Energie Südwest seinen Beschluß sicher unter dieser Voraussetzung.

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