Juni 2012 |
120613 |
ENERGIE-CHRONIK |
An dem betrügerischen Umsatzsteuerkarussell mit Emissionszertifikaten (091204) waren auch Angestellte der Energie Baden-Württemberg (EnBW) beteiligt. Die Staatsanwaltschaft Mannheim durchsuchte deshalb am 12. Juni zum zweiten Mal Büros der Karlsruhe EnBW-Zentrale sowie Privaträume, um Beweismaterial sicherzustellen. Eine erste Razzia fand bereits im Januar statt. Die Ermittlungen richten sich gegen einen Abteilungsleiter und zwei Sachbearbeiter. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft haben sie "zumindest billigend in Kauf genommen, daß eingereichte Rechnungen nicht hätten geltend gemacht werden dürfen". Das Finanzamt habe dadurch der Stromhandelstochter EnBW Trading GmbH (ETG), die auch den Handel mit Emissionszertifikaten betreibt, 46 Millionen Euro an Steuern zu viel erstattet. Unklar sei vorläufig, ob die Beschuldigten im eigenen oder im Interesse Dritter gehandelt haben. Falls die EnBW von dem Betrug profitiert haben sollte, müßte sie dem Finanzamt das Geld zurückzahlen.
Der bei der EnBW aufgedeckte Betrug ist Teil des umfangreichen Komplexes, in dem seit über zwei Jahren die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft ermittelt (100411) und in dem Ende 2011das Landgericht Frankfurt erste Haftstrafen gegen insgesamt sechs Angeklagte verhängte (111215). Bei dem Prozeß stellte sich heraus, daß der Betrug durch Mitarbeiter der Deutschen Bank ermöglicht worden war, die aus Geldgier auf Angebote eingingen, die eigentlich nur einen kriminellen Hintergrund haben konnten. Bei der Aufdeckung des Umsatzsteuerkarussells Ende 2009 hatte die EU-Polizeibehörde Europol den Gesamtschaden mit fünf Milliarden Euro beziffert.
Für die EnBW kommen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen denkbar ungelegen, da sie derzeit schon wegen der dubiosen Umstände beim Verkauf des EDF-Aktienpakets (120603) sowie wegen der zwielichtigen Geschäfte mit Rußland (120601) für negative Schlagzeilen sorgt. In der Rußland-Affäre ermittelt die Staatsanwaltschaft Mannheim seit Ende Juni wegen Verdachts der Steuerhinterziehung und Untreue.
Ein E.ON-Stromhändler wird verdächtigt, bei Forward-Kontrakten an der Börse Luftbuchungen vorgenommen und dadurch einen Schaden im zweistelligen Millionenbereich verursacht haben. Gegenüber der "Süddeutschen" (6.6.) bestätigte ein Konzernsprecher, daß im Handelsbuch des ehemaligen Mitarbeiters "Unregelmäßigkeiten" festgestellt wurden. Der Schaden lasse sich aber noch nicht exakt berechnen. E.ON werde den Vorfall prüfen und bei Vorlage der Halbjahresbilanz im August über das Ergebnis berichten.