Februar 2013

130210

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Weil die Gemeinde Trendelburg den neuen Konzessionsvertrag an einen anderen Netzbetreiber vergeben hat, will E.ON Mitte das Museum im Wasserkraftwerk Wülmersen an der Diemel ab Oktober schließen.

Foto: Wikipedia

E.ON Mitte reagiert auf Verlust der Stromkonzession mit Schließung von Elektro-Museen

Der Regionalversorger E.ON Mitte AG schließt in diesem Jahr zwei Wasserkraft-Museen in Nordhessen, weil die Gemeinden, in deren Bereich die Museen liegen, die Strom-Konzessionsverträge mit dem Unternehmen nicht verlängert haben. Es handelt sich um das Wasserkraftwerk Wülmersen an der Diemel, das nur noch bis Ende September besichtigt werden kann, und das Wasserkraftwerk Lippoldsberg an der Schwülme, das schon Ende März nicht mehr zugänglich sein wird. Damit bleibt von den insgesamt drei "Live-Museen", die E.ON von der früheren EAM (020515) übernommen hat, lediglich das Wasserkraftwerk Merkenbach übrig. Aber auch hier ist eine Besichtigung nur noch in Ausnahmefällen möglich.

Aus stromwirtschaftlicher Sicht sind die drei Wasserkraftanlagen, die auch weiterhin produzieren werden, völlig unbedeutend. Sie wurden aber als Museen relativ bekannt, weil sie neben dem laufenden Betrieb die Nutzung der Wasserkraft zur Stromerzeugung von den Anfängen bis zur Gegenwart mit Fotos, Dokumenten und allerlei Exponaten veranschaulichten. Im Untergeschoß des Live-Museums Wülmersen kann man sogar einen von drei Turbinen/Generator-Sätzen besichtigen, der zu Anschauungszwecken frei- und trockengelegt wurde.

Im Eigentum von E.ON befindet sich nur die Anlage Merkenbach, die als letztes Glied der Kraftwerkskette Rehbachtal mit insgesamt fünf Wasserkraftwerken eine Leistung von knapp 3 Megawatt erzeugt. Die Anlagen Wülmersen und Lippoldsberg gehören dagegen privaten Eigentümern, die der E.ON-Tochter sowohl die Stromerzeugung als auch die Museumsräume überlassen haben.

Trendelburg und Wahlsburg entschieden sich für EWF als neuen Netzbetreiber

Anlaß für die Aufkündigung der Mietverträge und die Schließung der beiden Museen Wülmersen und Lippoldsberg war, daß die betreffenden Gemeinden ihre Konzessionsverträge mit E.ON Mitte nicht verlängerten. Ende 2011 vergab die Gemeinde Wahlsburg, auf deren Gemarkung die Anlage Lippoldsberg liegt, die neue Konzession an die Energie Waldeck-Frankenberg (EWF). Ein paar Monate später schloß die Gemeinde Trendelburg, zu der das Wasserkraftwerk Wülmersen gehört, ihren neuen Konzessionsvertrag ebenfalls mit EWF ab. Damit war das Schicksal der beiden Museen besiegelt. "Wir müssen darauf achten, die uns zur Verfügung stehenden Mittel für Projekte innerhalb unseres Netzgebietes zu vergeben", erklärte eine E.ON-Sprecherin zur Begründung der Schließung.

Dem kurzfristigen Renditedenken sind schon etliche Elektromuseen zum Opfer gefallen

Vermutlich ist die Aufkündigung der Konzessionsverträge aber mehr Anlaß als Grund für die Schließung. Zum einen handelt es sich bei Wülmersen und Lippoldsberg um recht kleine Objekte, die einen relativ hohen Personal- und Unterhaltungsaufwand erfordern, um ständig für das Publikum zugänglich zu sein. Zum anderen hat die Wasserkraft, die früher von den Stromversorgern gern als umweltfreundliche Art der Stromerzeugung vorgeführt wurde, nicht mehr denselben Stellenwert in der Öffentlichkeitsarbeit.

Schon mit der Liberalisierung des Strommarktes fielen etliche Elektromuseen dem neuen Kalkül der Werbestrategen zum Opfer, die radikal zusammenstrichen, was keine kurzfristige Steigerung von Umsatz und Rendite versprach. So schloß die EnBW in Baden-Württemberg das Museum der früheren Neckarwerke in Esslingen sowie eine ähnliche Einrichtung im Pumpspeicherkraftwerk Forbach des früheren Badenwerks im Schwarzwald. In Hamburg liquidierte Vattenfall das traditionsreiche "electrum" der früheren Hamburgischen Electricitäts-Werke (000728). Anstatt eine allgemeinbildende Einrichtung zu unterstützen, gab Vattenfall nun das Geld als "Partner des Brandenburger Tors" und für ähnlichen Klamauk aus (031014). Wenn es heute am Konzernsitz in Berlin dennoch das "Energie-Museum" gibt, das die Entwicklung der hauptstädtischen Stromversorgung widerspiegelt, so ist das der ehrenamtlichen Initiative von Pensionären der früheren Bewag/Ebag zu verdanken. Auch Nürnberg besitzt kein Elektromuseum mehr, seitdem die N-ERGIE das Erbe der früheren Fränkischen Überlandwerk AG angetreten hat.

Rühmliche Ausnahme: Das "Museum Strom und Leben" in Recklinghausen

Daß es auch anders geht, demonstrierten die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW), als sie noch vor ihrer Verschmelzung mit dem RWE-Konzern in dem unter Denkmalschutz stehenden Umspannwerk Recklinghausen-Süd ein neues Museum konzipierten, das Ende 2000 eröffnet wurde. Dieses "Museum Strom und Leben", das nunmehr von RWE getragen wird, dürfte bundesweit die größte und informativste Einrichtung dieser Art sein. Mit Exponaten von der vorvorigen Jahrhundertwende bis zur Gegenwart verdeutlicht es auf einer Fläche von 2000 Quadratmetern die Geschichte der Stromerzeugung und -verteilung wie auch die kultur- und sozialgeschichtlichen Aspekte der Elektrifizierung. Ein Nebengebäude beherbergt außerdem das Unternehmensarchiv der VEW bzw. deren RWE-Nachfolgern sowie die historische Bibliothek des Vereins Deutscher Elektrotechniker (VDE) mit mehr als 30000 Büchern und Zeitschriften zur Geschichte der Elektrotechnik und der Elektrizitätsversorgung im deutschsprachigen Raum. Der Eintritt für Einzelbesucher kostet derzeit vier Euro.

Auch E.ON hat noch einiges zu bieten

Im Bereich des E.ON-Konzerns gibt es weiterhin die Museen der E.ON Wasserkraft in Kochel am Walchensee (früher Bayernwerk), der E.ON Hanse in Rendsburg (früher Schleswag) und der E.ON Avacon in Hannover (früher Hastra). Im Unterschied zu den jetzt geschlossenen Einrichtungen der E.ON Mitte (früher EAM) handelt es sich um relativ große Museen mit zahlreichen Exponaten, festen Öffnungszeiten und einem regulären Besucherdienst, der auch Führungen umfaßt. Zum Beispiel zieht das Walchenseekraftwerk jährlich rund 100.000 Besucher an. Für Einzelbesucher ist der Eintritt in allen Fällen gratis.

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