Januar 2014 |
140105 |
ENERGIE-CHRONIK |
Bis 2002 hielten sich die deutschen Stromimporte und -exporte im mehrjährigen Mittel ungefähr die Waage. Dann nahmen die Exportüberschüsse unentwegt zu. Bis 2008 erreichten sie 22,5 Terawattstunden (TWh). Infolge der Rezession kam es 2009 erstmals zu einer Dämpfung. Noch deutlicher ausgeprägt war der Rückgang, der 2011 durch die atompolitische Wende bewirkt wurde. Aber trotz der damals verfügten sofortigen Stillegung von acht Kernkraftwerken blieb der Stromhandelssaldo negativ und erreichte schon 2012 mit 23,1 TWh einen neuen Höchststand. Im vergangenen Jahr stieg der Exportüberschuß sogar auf rund 33 TWh, was einem weiteren Anstieg um 43 Prozent entspricht. Die Zahlenwerte zu dieser Grafik finden Sie HIER. |
Der Stromfluß über die deutschen Grenzen war im vergangenen Jahr so einseitig wie noch nie: Es flossen 33 Terawattstunden (TWh) mehr in die Nachbarländer als in umgekehrter Richtung. Diese Strommenge entsprach 5,8 Prozent des gesamten inländischen Bruttostromverbrauchs (siehe Grafik 1 und Tabelle). Der bisherige Exportrekord des Jahres 2012 wird damit noch um 43 Prozent übertroffen. Der Grund dafür ist offenbar, daß die deutschen Kraftwerke mehr Strom erzeugen, als im Inland abgesetzt werden kann. Vor allem billiger Grundlaststrom aus Braunkohle und Kernenergie sowie der über die Börse zu Niedrigstpreisen verramschte EEG-Strom landet vielfach bei ausländischen Abnehmern. Der Konflikt zwischen unverändert aufrechterhaltener konventioneller Stromerzeugung und zunehmender Einspeisung aus erneuerbaren Energien spitzt sich damit weiter zu (siehe Hintergrund vom Oktober 2013).
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), der den neuen Stromausfuhr-Rekord sowie andere Zahlen der "Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen" am 14. Januar bekanntgab, hat dazu eine neun Seiten umfassende "Hintergrundinformation" verfaßt. Sie stellt unter anderem klar, daß sich der genannte Exportüberschuß nur auf die physikalischen Stromflüsse bezieht, wie sie an den Kuppelstellen der nationalen Netze erfaßt werden. Dieser grenzüberschreitende Stromaustausch besagt auch wenig darüber, in welchem Land der Strom letztendlich verbraucht wird. Zum Beispiel entsteht der größte Exportüberschuß beim Stromaustausch mit den Niederlanden. Das bedeutet aber nicht, daß dieser Strom in den Niederlanden auch verbraucht wird. Schätzungsweise die Hälfte fließt weiter nach Großbritannien und Belgien. Die physikalischen Stromflüsse widerspiegeln insoweit den tatsächlichen Stromhandel nur sehr bedingt (130402). Die Gesamtsumme der Stromflüsse über deutsche Grenzen hinweg ist jedoch weitgehend identisch mit dem tatsächlichen Handelsgeschehen. Sie gibt über das Verhältnis zwischen Exporten und Importen sogar zuverlässiger Auskunft, als wenn man alle getätigten Handelsgeschäfte ermitteln wollte; denn dieses Vorhaben wäre kaum durchführbar und würde nur unvollkommene Ergebnisse erbringen (110401).
Hauptgrund für den überaus starken Anstieg der Stromexporte war der Rückgang des inländischen Bruttostromverbrauchs auf 596 TWh. Das waren 10,7 TWh weniger als im Vorjahr. Dennoch blieb die Bruttostromerzeugung mit 629 TWh fast auf dem Vorjahresniveau (629,8 TWh). Die in Deutschland nicht absetzbare Strommenge, die im Vorjahr 23,1 TWh betrug, erhöhte sich dadurch auf 33 TWh. Die um 10,7 TWh verminderte Nachfrage im Inland hat also bei der Erzeugung der Kraftwerke lediglich einen Rückgang um 0,8 TWh bewirkt, während die restlichen 9,9 TWh über die Grenzen ins Ausland flossen.
|
Wichtigste Energieträger bei der Stromerzeugung blieben weiterhin Braunkohle (25,8 Prozent), Steinkohle (19,7 Prozent), Kernenergie (15,4 Prozent) und Erdgas (10,5 Prozent). Auf "übrige Energieträger" entfielen 4,1 Prozent. Die Kohle legte um insgesamt 1,5 Prozentpunkte zu (Steinkohle um 1,2 und Braunkohle um 0,3). Die Kernenergie ging um 0,4 Prozentpunkte zurück. Die größten Einbußen erlitt Erdgas: Gegenüber dem Vorjahr verlor dieser Energieträger 1,6 Prozentpunkte; im Vergleich mit 2011 sind es sogar 3,5 Prozentpunkte weniger (siehe Tabelle).
Die Erneuerbaren Energien konnten 2013 ihren gesamten Anteil an der Bruttostromerzeugung von 22,8 auf 23,4 Prozent erhöhen. Bei Wind- und Wasserkraft gab es witterungsbedingt leichte Rückgänge, die aber durch die Zuwächse bei Biomasse und Photovoltaik mehr als ausgeglichen wurden. Ergiebigste Stromquelle blieb die Windkraft mit einem Anteil von 7,9 Prozent, gefolgt von Biomasse (6,8 Prozent), Photovoltaik (4,5 Prozent), Wasserkraft (3,4 Prozent) und Hausmüll (0,8 Prozent).