Mai 2014 |
140511 |
ENERGIE-CHRONIK |
In der Stadt Essen läuft seit Mai der zweijährige Feldversuch "AmpaCity" mit einem Supraleiterkabel für Mittelspannung. Ein RWE-geführtes Konsortium will herausfinden, ob sich mit solchen Kabeln die Zahl der Umspannanlagen verringern und in städtischen Zentren ganz auf auf sie verzichten läßt. Weitere Mitglieder des Konsortiums sind der Kabelhersteller Nexans, das Bundeswirtschaftsministerium, das Karlsruher Institut für Technologie(KIT) und das Forschungszentrum Jülich. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf rund 13,5 Millionen Euro. Davon tragen RWE und Nexans 7,6 Millionen Euro. Die restlichen 5,9 Millionen sind staatliche Fördergelder.
Trotz der aufwendigen Konstruktion kann das Supraleiter-Kabel fünfmal soviel Strom übertragen wie ein Kupfer-Kabel des gleichen Durchmessers. Grafik: Nexans
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In großen Städten besteht das Verteilnetz üblicherweise aus den drei Ebenen Hochspannung (110.000 Volt), Mittelspannung (10.000 Volt) und Niederspannung (400/230 Volt). Diese Abstufung ist erforderlich, damit der Strom mit möglichst geringen Verlusten zu den Verbrauchern gelangt. Jeder Wechsel von der höheren zur niedrigeren Spannungebene setzt aber eine Umspannung des Stroms voraus. Besonders viel Platz und Aufwand beansprucht die Umspannung von 110 auf 10 Kilovolt. Durch die Verwendung von supraleitenden Kabeln, die große Strommengen bereits bei 10 Kilovolt über längere Strecken fast verlustfrei übertragen, würde zumindest im innerstädtischen Bereich der Verzicht auf die 110-kV-Ebene möglich. Die Supraleiter-Kabel könnten in bereits bestehenden Kabelschächten verlegt werden. Da sie keine Wärmeabstrahlung und keine magnetischen Felder verursachen, wäre auch die Nähe zu empfindlichen Datenleitungen unproblematisch.
Das in Essen verlegte "AmpaCity"-Kabel verbindet zwei RWE-Umspannwerke über eine Strecke von einem Kilometer. Es ersetzt ein herkömmliches 110-kV-Kabel aus Kupfer. Obwohl es mit 10 kV betrieben wird, kann es soviel Leistung übertragen wie das alte 110-kV-Kabel. Ermöglicht wird dies durch die sogenannte Hochtemperatur-Supraleitung, bei der bestimmte Stoffe ihren elektrischen Widerstand bereits bei minus 200 Grad anstatt bei minus 270 Grad Celsius verlieren. Die drei Drehstrom-Leiter bestehen aus einer speziellen Keramik. Sie werden von flüssigem Stickstoff umspült, der die notwendige Tiefkühlung besorgt und so den Effekt der Supraleitung bewirkt. Nach außen werden die drei Leiter und das Kühlsystem nach Art einer Thermoskanne abgeschirmt, so daß an der Oberfläche des Kabels Umgebungstemperatur herrscht. Trotz dieser aufwendigen Konstruktion kann das Supraleiter-Kabel fünfmal soviel Strom übertragen wie ein Kupfer-Kabel des gleichen Durchmessers.
Mit dem Bau des Kabels war vor einem Jahr begonnen worden. Die offizielle Inbetriebnahme fand am 30. April statt. Neben zahlreichen Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft war auch Johannes Georg Bednorz zugegen, der als Entdecker der Hochtemperatur-Supraleitung 1987 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet wurde.