Juli 2014 | 
      
      140712 | 
      
      ENERGIE-CHRONIK | 
    
Nach dem Plädoyer für eine bundesweite Regulierung der Wasserversorgung im 18. Hauptgutachten vor vier Jahren (100712) hat die Monopolkommission einen weiteren Angriff auf die Kommunalwirtschaft gestartet. In ihrem 20. Hauptgutachten, das sie am 9. Juli unter dem Titel "Eine Wettbewerbsordnung für die Finanzmärkte" vorlegte, befaßt sie sich auf 72 Seiten auch mit dem Hauptthema "Kommunale Wirtschaftstätigkeit und der Trend zur Rekommunalisierung". Sie fordert dabei eine Begrenzung der kommunalen Wirtschaftstätigkeit und wendet sich generell gegen den "zunehmenden Trend zur Rekommunalisierung".
Die Monopolkommission findet es bedenklich, daß von 2000 bis 2011 der 
  Anteil der Umsatzerlöse kommunaler Unternehmen am nominalen Bruttoinlandsprodukt 
  um annähernd 60 Prozent gestiegen sei. Kommunale Wirtschaftstätigkeit 
  sei nur dann angemessen, wenn ohne sie einem wichtigen öffentlichen Zweck 
  nicht nachgekommen werden könne. Tatsächlich würden die Kommunen 
  aber auch über diese Grenze hinaus wirtschaftlich tätig. Dies könne 
  "Wettbewerbsverzerrungen zur Folge haben und dazu führen, daß 
  erhebliche finanzielle Risiken auf die Bürger verlagert werden", erklärte 
  der Vorsitzende der Monopolkommission, Daniel Zimmer. Zudem unterliege die Höhe 
  der Gebühren kommunaler Unternehmen derzeit keiner wirksamen Effizienzkontrolle. 
  Es bedürfe deshalb einer besseren Aufsicht über die kommunale Wirtschaftstätigkeit 
  durch Bürger, Entscheidungsträger und Aufsichtsinstanzen. 
  
  In der Energiewirtschaft sei ein besonders deutlicher Zuwachs kommunaler Tätigkeiten 
  zu beobachten. Jedoch seien die Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen 
  hier sehr viel kleiner als oftmals unterstellt. Die Ausweitung des energiewirtschaftlichen 
  Engagements der Kommunen im Wettbewerb zu privaten Unternehmen sei deshalb nachteilig 
  für die Bürger. Im Bereich der Wasserversorgung trete das Problem 
  einer mangelnden Kontrolle über die Gebührenhöhe besonders deutlich 
  zutage. Langfristig sei eine Regulierung der Entgelte im Trinkwasserbereich 
  zu prüfen. In der Abfallwirtschaft könnten private Unternehmen die 
  erforderlichen Leistungen mindestens ebenso gut erbringen wie kommunale Entsorger. 
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) wies die Forderung nach einer Begrenzung 
  und verschärften Regulierung der kommunalen Wirtschaftstätigkeit umgehend 
  zurück. "Das wäre ein erheblicher Eingriff in die Organisationsfreiheit 
  der Kommunen", erklärte VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim 
  Reck. 
  Die Monopolkommission gehe von dem Verständnis aus, daß staatliche 
  und damit auch kommunale wirtschaftliche Betätigung nur in den Fällen 
  des Marktversagens geboten sei. Das sei jedoch "eine Auffassung, die noch 
  in den Privatisierungsdebatten früherer Zeiten verhaftet ist und die Lehren 
  der letzten Jahre, insbesondere aus der Finanzkrise, nicht aufnimmt". Die 
  von der Monopolkommission geforderte restriktive Behandlung kommunaler wirtschaftlicher 
  Tätigkeit werde deswegen auch zu Recht nicht von der Politik aufgegriffen. 
   
Die Monopolkommission ist ein gesetzlich festgelegtes, ständiges Beratungsgremium der Bundesregierung auf den Gebieten der Wettbewerbspolitik und Regulierung sowie der Konzentrationsberichterstattung. Sie erstellt alle zwei Jahre ein Hauptgutachten, das den Stand und die absehbare Entwicklung der Unternehmenskonzentration in Deutschland beurteilt sowie zu anderen Fragen Stellung nimmt. Hinzu kommen Sondergutachten. Das ehrenamtlich tätige Gremium ist traditionell stramm neoliberal ausgerichtet. Es schreibt die umfangreichen Gutachten freilich keineswegs allein. Es ist eher eine Art Lenkungsgremium für die Arbeit, die eine beim Bundeskartellamt angegliederte Geschäftstelle leistet. Ungeachtet ihrer ideologischen Schlagseite enthalten die Gutachten interessante sachliche Details.
Die Kommission besteht aus fünf Mitgliedern, die auf Vorschlag der jeweiligen Bundesregierung durch den Bundespräsidenten auf die Dauer von vier Jahren berufen werden. Vorsitzender ist gegenwärtig der Jurist Daniel Zimmer. Weitere Mitglieder sind die Unternehmer Dagmar Kollmann (Hypo Real Estate Holding AG), Thomas Höcker (K + S AG) und Angelika Westerwelle (LANAX Management GmbH). Fünftes Mitglied war bis Ende Juni der Volkswirt Justus Haucap, der von 2088 bis 2012 der Kommission vorsaß. Wie die Bundesregierung am 10. Juli mitteilte, will sie den Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität Köln, Achim Wambach, als Nachfolger berufen. Wambach ist zugleich Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie.