März 2015

150312

ENERGIE-CHRONIK


 

Der gigantische Durchlauferhitzer im Heizkraftwerk Niederrad kann bis zu 8 MW elektrische Leistung zu Fernwärme "verbraten". Den symbolischen Startknopf drücken hier der Mainova-Vorstandsvorsitzende Alsheimer, der Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann und Mainova-Technikvorstand Birkner (v.l.n.r.).

Foto: Mainova

Überschüssiger Strom wird zu Fernwärme

Die Mainova AG nahm am 13. März eine Anlage in Betrieb, die überschüssigen Strom in Fernwärme umwandeln kann. Sie befindet sich im Heizkraftwerk Niederrad und speist in das Frankfurter Fernwärmenetz ein. Sie wird von Fall zu Fall eingesetzt, wenn ein Überangebot die Preise am Spotmarkt auf Talfahrt gehen läßt. Netztechnisch kann die Mainova auf diese Weise bis zu 8 Megawatt an "negativer Regelenergie" anbieten.

Wie bei der noch größer dimensionierten Anlage der Schweriner Wemag (131113) handelt es sich um einen gigantischen Durchlauferhitzer. Durch die beiden rund 7,50 Meter langen Röhren fließen im Normalbetrieb pro Stunde zwischen 200 und 350 Kubikmeter Wasser. Die entspricht der Kapazität von etwa zehn großen Tanklastzügen. Die Röhren des Durchlauferhitzers haben einen Innendurchmesser von 50 Zentimetern. Vier Heizeinsätze mit insgesamt 372 Heizstäben erhitzen das Wasser auf bis zu 130 Grad. Vom Heizkraftwerk Niederrad fließt die so erzeugte Fernwärme mit einer Vorlauftemperatur von 80 bis 110 Grad zum Flughafen Frankfurt. Dort wird sie unter anderem für die Erwärmung des Brauchwasser verwendet. Im Sommer kann die Anlage etwa ein Drittel des Wärmebedarfs am Flughafen decken. Um die gleiche Menge Energie mit fossilen Brennstoffen zu erzeugen, müßten rund 800 Liter Heizöl pro Stunde verfeuert werden.

Strom-zu-Wärme-Projekte gelten inzwischen als notwendige "Flexibilitätsoptionen"

Bis vor kurzem war die Verwendung von Strom zur Erzeugung von Raumwärme strikt verpönt, da es zweifellos sinnvoller ist, die fossilen Brennstoffe Kohle, Gas und Öl gleich in der minderwertigen Form von Wärme zu nutzen, anstatt sie erst zu Strom zu veredeln, der dann wiederum zu Wärme wird. Ende 2008 ermächtigte der Bundestag die Bundesregierung sogar zu einem Verbot von Nachtspeicherheizungen (081212).

Der wachsende Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromproduktion und deren vorgeschriebene Vermarktung über die Börse hat diese Sichtweise verändert: Häufig muß überschüssiger Strom regelrecht verramscht, verschenkt oder sogar gegen Zahlung eines Aufpreises "entsorgt" werden, damit das Netz in Balance gehalten werden kann (130101). Die konventionelle Stromerzeugung wird nämlich meistens nicht in dem Umfang zurückgefahren, wie es die schwankende Erzeugung von Wind- und Solarstrom erfordern würde. An der Börse kommt es deshalb häufig zu sehr niedrigen oder sogar negativen Preisen, die das EEG-Konto erheblich belasten (140608).

Unter diesen Umständen erscheint die Umwandlung von Strom zu Wärme als das kleinere Übel, zumal bei der Erzeugung von Wind- und Solarstrom weder Brennstoffkosten noch CO2-Emissionen anfallen. Das geplante Verbot elektrischer Speicherheizungen ist deshalb auch kein Thema mehr und wurde vom Bundestag im Mai 2013 rückgängig gemacht (130507). In ihrem Koalitionsvertrag vom November 2013 rechnen Union und SPD derartige "Power-to-heat"-Projekte, die Strom zu Wärme verwandeln, ausdrücklich zu den "Flexibilitätsoptionen", die wegen der stark schwankenden Einspeisung aus erneuerbaren Energien erforderlich werden (131101).

Frankfurter Elektrolyse-Anlage übertrifft Erwartungen

Schon seit 2013 betreibt die Mainova mit zwölf weiteren Partnern der Thüga-Gruppe ein anderes Projekt, das überschüssigen Strom per Elektrolyse zu Wasserstoff umwandelt und ins Frankfurter Gasverteilnetz einspeist (131213). Über die Rückverstromung des erzeugten Gases könnte diese Anlage nicht nur negative, sondern auch positive Regelenergie bereitstellen. Der erreichte Wirkungsgrad der Elektrolyse betrage bis zu 77 Prozent und übertreffe damit die Erwartungen, hieß es in einer Mitteilung der Mainova vom 11. Februar. Der Elektrolyseur habe ferner eine gute Regelbarkeit gezeigt, da sich seine Leistungsaufnahme schnell hoch und herunter schalten läßt. Damit könne die Anlage auch auf veränderte Lastsituationen im Netz reagieren und erfülle die Voraussetzungen, um am Markt für Sekundärregelleistung teilzunehmen.

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