Dezember 2015 |
151205 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Bundestagsausschuß für Wirtschaft und Energie billigte am 16. Dezember eine Verlängerung der Verordnung zu abschaltbaren Lasten um sechs Monate. Die vor drei Jahren in Kraft getretene Verordnung (121103) wäre sonst zum 31. Dezember ausgelaufen. Sowohl Union als auch SPD sprachen sich für eine Weiterentwicklung dieses Instruments aus, das industriellen Großstromverbrauchern einen kurzzeitigen Lastabwurf honoriert, um auf diese Weise negative Regelenergie zu gewinnen. Wie bei der positiven Regelenergie aus Kraftwerken wird dabei für die Vorhaltung der Abschaltbarkeit ein Leistungspreis und für die tatsächlich Inanspruchnahme ein Arbeitspreis bezahlt. Im übrigen unterscheiden sich aber beide Instrumente hinsichtlich der Kosten und Einsetzbarkeit.
Die Bundesländer wollen künftig ein Mitentscheidungsrecht beim Erlaß von Verordnungen über zu- oder abschaltbare Lasten, weil die Auswirkungen auch Anlagen beträfen, die in die Zuständigkeit der Länder fielen. In den Änderungsvorschlägen zum "Strommarktgesetz", die der Bundesrat am 18. Dezember beschloß, verlangt er eine entsprechende Änderung von § 13i in der Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes. Zugleich lehnt er eine unveränderte Verlängerung der Verordnung ab und fordert die Bundesregierung zu deren "wettbewerblichen Weiterentwicklung" auf. Dazu gehörten eine Absenkung der Mindest-Abschaltleistung von derzeit 50 MW oder verbesserte Möglichkeiten zum Bündeln kleinerer industrieller Abschaltpotentiale.
Während die Regierungsparteien und der Bundesrat die Verordnung novellieren wollen, hatte die Bundesnetzagentur ausdrücklich empfohlen, sie auslaufen zu lassen. Die Behörde stützte sich dabei auf den Bericht, den sie gemäß § 17 der Verordnung 27 Monate nach deren Inkrafttreten zu erstellen hatte. Bei der Analyse der bis März 2015 vorliegenden Erfahrungen gelangte sie zu dem Ergebnis, daß abschaltbare Lasten grundsätzlich geeignet sind, Systemdienstleistungen zu erbringen. Sie seien aber im Berichtszeitraum nicht erforderlich gewesen, da den Übertragungsnetzbetreibern genügend andere, besser geeignete und billigere Mittel zur Verfügung gestanden hätten, um Netzproblemen zu begegnen.
Insgesamt wurden sechs Rahmenverträge mit vier Unternehmen der Chemie- und Aluminiumindustrie geschlossen. Sie betrafen 465 MW "sofort abschaltbare Lasten" und 979 MW "schnell abschaltbare Lasten" nach § 5 der Verordnung. Damit wurde die ausgeschriebene Kontrahierungsmenge von jeweils 1.500 MW bei weitem nicht ausgeschöpft. Hinzu stellte sich heraus, daß fünf der sechs Vertragspartner sich bereits vor Erlaß der Verordnung für die Erbringung von Regelleistung präqualifiziert hatten. Das neu erschlossene Potential reduzierte sich damit auf 50 MW.
Nach Feststellung der Bundesnetzagentur schuf die Verordnung somit parallel zum bestehenden Markt für Regelenergie einen neuen Markt mit einem ähnlichen Produkt, der den ersteren "kannibalisierte", indem er ihm Potential entzog. Dabei kam der Einsatz der abschaltbaren Lasten größtenteils deutlich teuerer als die vergleichbare Regelleistung, obwohl ihre Verfügbarkeit geringer war.
Innerhalb des Berichtszeitraums wurden die kontrahierten abschaltbaren Lasten an neun Tagen insgesamt 58-mal abgerufen, und zwar überwiegend in der Regelzone von Amprion. 2013 gab es keine einzige Anforderung und 2014 nur an je einem Tag im Februar und im März. Die restlichen sieben Tage entfielen auf das erste Quartal 2015.
Dabei dienten 35 Abrufe der Stützung der Systembilanz, während 23 Bestandteil von Redispatch-Maßnahmen waren. Die gezahlten Leistungs- und Arbeitspreise addierten sich auf 37,2 Millionen Euro. Bei voller Ausschöpfung der ausgeschriebenen Kontrahierungsmenge und der maximal möglichen Abrufdauer von 16 Stunden pro Monat hätten die aus der Verordnung entstehenden Kosten jährlich 320,4 Millionen Euro betragen (90 Mio. Leistungspreis und 230,4 Mio. Arbeitspreis).