April 2017 |
170403 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Bundeskabinett verabschiedete am 26. April den "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Mieterstrom", den das Bundeswirtschaftsministerium vorgelegt hat. Er soll es den Eigentümern von Mietgebäuden ermöglichen, den mit Dach-Solaranlagen selbst erzeugten Strom auch an die Mieter im selben Gebäude zu so günstigen Konditionen weiterzugeben, daß das Angebot wettbewerbsfähig ist. Die Neuregelung gilt für Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 100 Kilowatt. Sie bewegt sich damit in jenem Leistungsbereich von 750 Kilowatt, der nicht dem neu eingeführten Ausschreibungs-Regime unterliegt. Sie nutzt ihn aber nicht vollständig aus, sondern nur bis zu jener Grenze, bis zu der die herkömmliche Förderung weiterhin in Form der Einspeisevergütung beansprucht werden kann (bei Leistungen über 100 Kilowatt wird die Marktprämie obligatorisch).
Grundsätzlich können Gebäudeeigentümer schon bisher selbst erzeugten Strom an ihre Mieter verkaufen. Auch bei Inanspruchnahme der Einspeisevergütung ist das möglich, da § 21 EEG solchen Strom von der Verpflichtung zur Einspeisung ins Netz ausnimmt, der "in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht wird". Das Geschäft rentiert sich jedoch meistens nicht, weil es etlichen zusätzlichen Aufwand erfordert und die Einspeisung ins Netz mehr einbringt.
Ursprünglich wollte man die Rentabilität des Stromverkaufs unter Beibehaltung der Einspeisungsvergütung durch eine Verringerung der EEG-Umlage für den Vermieter erreichen. Das seit Jahresanfang geltende Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht in § 95 eine entsprechende Verordnung vor. Die Gesetzesmacher gelangten aber im Verlaufe ihrer Arbeit zu der Ansicht, daß eine direkte Förderung des verkauften Stroms sinnvoller sei. Da sich diese sich nicht auf die Verordnungsermächtigung stützen läßt, wird nun die Änderung des EEG erforderlich.
Bei der vorgesehenen Neuregelung entfällt für den Vermieter die Einspeisevergütung, wenn er den selbst erzeugten Strom an den Mieter weitergibt. Ersatzweise bekommt er pro Kilowattstunde eine Vergütung, die sich an den in § 48 EEG festgelegten Einspeisungsvergütungen orientiert, diese aber um einen Abschlag von 8,5 Cent/kWh kürzt. Der Abschlag verfolgt den Zweck, überhöhte Renditen zu verhindern, ohne die Wirtschaftlichkeit der Mieterstromprojekte zu gefährden. Er stellt einen Ausgleich dafür dar, daß für den Betreiber der Solaranlage die Netzentgelte und netzseitigen Umlagen sowie Stromsteuer und Konzessionsabgaben entfallen, während er andererseits durch den Verkauf des Stroms einen Erlös erzielt.
Gegenwärtig würde sich bei diesem Verfahren für Strom aus Anlagen bis 10 Kilowatt eine Vergütung von 3,81 Cent/kWh ergeben. Wenn die Leistung größer ist, sinkt sie auf 3,47 Cent (bis 40 kW) bzw. auf 2,21 Cent (bis 100 kW). Die auf die drei Leistungsstufen entfallenden Verbräuche schlagen jeweils anteilig zu Buche, so daß sich beispielsweise folgende Vergütungen ergeben:
Anlagenleistung in Kilowatt |
Einspeisevergütung in Cent/kWh |
Vergütung für Mieterstrom in Cent/kWh |
10 |
12,31 |
3,81 |
20 |
12,14 |
3,64 |
30 |
12,08 |
3,58 |
40 |
12,06 |
3,56 |
50 |
11,79 |
3,29 |
60 |
11,61 |
3,11 |
70 |
11,48 |
2,98 |
80 |
11,38 |
2,88 |
90 |
11,31 |
2,81 |
100 |
11,25 |
2,75 |
Die so ermittelten Sonder-Vergütungen unterliegen wie die Einspeisevergütungen dem § 49 EEG, der die Höhe von der Einhaltung bestimmter Zubau-Mengen abhängig macht. Üblicherweise führt das zu einer mehr oder weniger starken Absenkung. Momentan ist allerdings eine weitere Kürzung der Einspeisevergütungen für Solaranlagen nicht möglich, da der Zubau einen absoluten Tiefstand erreicht hat. Die gesetzlich vorgesehenen Degressionen der Fördersätze greifen deshalb schon seit Oktober 2015 nicht mehr. Eigentlich hätten die Sätze sogar schon zu Anfang dieses Jahres wieder angehoben werden müssen, wenn dies nicht durch den Torschluß-Effekt verhindert worden wäre, den die Umstellung auf das neue Ausschreibungs-Regime bewirkte (170206).
Vor diesem Hintergrund sollen die "Mieterstrom"-Projekte zugleich den Zubau von herkömmlich geförderten Photovoltaik-Anlagen beleben, der 2016 nur noch 1347 Megawatt betragen hat. Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet mit einem Potential von bis zu 3,8 Millionen Wohnungen. Allerdings wäre ein Leistungszuwachs von deutlich mehr als 1000 MW erforderlich, um den derzeitigen Tiefstand zu überwinden und auf den im EEG vorgesehenen Normal-Zubau von jährlich 2500 MW zu gelangen. Der Gesetzentwurf begrenzt die Mieterstrom-Förderung jedoch auf jährlich 500 MW. In der Begründung wird diese Limitierung als notwendig bezeichnet, damit "die jährlich installierte Leistung mit den Ausbauzielen vereinbar ist und verhindert wird, daß auf nicht privilegierte Stromverbraucher zu hohe Kosten zukommen".
Die Mieter sind nicht verpflichtet, das Angebot des Vermieters abzunehmen. Sie können also ihren Stromanbieter weiterhin frei wählen und sich für einen günstigeren Lieferanten entscheiden. Außerdem darf das Angebot des Vermieters höchstens 90 Prozent des Grundversorgungstarifs betragen. Die Einhaltung dieser Preisobergrenze muß jährlich nachgewiesen werden. Der Mieterstromvertrag darf nicht mit dem Mietvertrag gekoppelt sein. Seine Laufzeit beträgt maximal ein Jahr und kann sich höchstens um ein Jahr stillschweigend verlängern. Im Preis inbegriffen ist nicht nur die Belieferung mit dem selbst erzeugten Strom, sondern auch der Reststrom, der aus dem Netz bezogen werden muß.
Die Kommunen verlieren durch die Ausweitung des Eigenverbrauchs per Mieterstrom die mit dem Strombezug aus dem Netz verbundenen Konzessionsabgaben. Die Bundesregierung geht im ersten Jahr von rund zwei Millionen Euro aus. Langfristig könne sich die Einbuße bei den Konzessionsabgaben auf bis zu 60 Millionen Euro erhöhen. Der Bundeshaushalt verliert die Einnahmen aus der Stromsteuer, da Eigenverbrauch von dieser befreit ist. Hier wird mit Ausfällen von rund 2,5 Millionen Euro im ersten Jahr und langfristig mit bis zu 75 Millionen Euro jährlich gerechnet.
Bei den Netzentgelten geht die Bundesregierung im ersten Jahr von 120 Gigawattstunden Mieterstrom aus, die ohne Inanspruchnahme des Netzes vom Erzeuger zum Verbraucher gelangen und deshalb einen Ausfall von rund 8 Millionen Euro verursachen. Bei Ausschöpfen des Maximalpotenzials von 3,6 Terawattstunden würden jährlich rund 250 Millionen Euro fehlen. Die Mehrkosten, die sich daraus für andere Stromverbraucher ergeben, werden mit etwa 0,1 Cent pro Kilowattstunde beziffert. Dies entspräche einer Mehrbelastung des Durchschnittshaushalts um 3,50 Euro jährlich. Aufgrund der regional unterschiedlichen Netzentgelte könnte die Zusatzbelastung im Einzelfall aber auch bis zu 24,50 Euro jährlich betragen.