Mai 2017

170503

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Vor kurzem überraschte die niederländische Universität Twente mit einer Untersuchung, die horrende Fehlmessungen durch Smart-Meter erbrachte. Das Foto zeigte die Versuchsanordnung mit verschiedenen Smart-Metern (links) und zwei alten Ferraris-Zählern zum Vergleich (Mitte). Rechts sind die elektronischen Verbrauchselemente zu sehen, deren Oberwellen das Meßergebnis um bis zu 582 Prozent verfälschen konnten.

Smart-Meter sind noch nicht fit für den "Rollout"

Die als Smart-Meter bezeichneten elektronischen Meßgeräte, die aufgrund des im Juni 2016 verabschiedeten Meßstellenbetriebsgesetzes (160606) die alten Stromzähler verdrängen sollen, können vorläufig noch nicht eingebaut werden. Das liegt zum einen daran, daß die in § 30 des Gesetzes genannten Voraussetzungen bisher nicht erfüllt sind: Demnach muß das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mindestens drei voneinander unabhängigen Unternehmen bescheinigt haben, daß ihre Meßsysteme den technischen Mindestanforderungen nach § 22 genügen. Zum anderen verfügen die Geräte auch nach Ansicht der Zähler-Branche noch nicht über die erforderliche Marktreife für einen breit angelegten "Rollout", wie im anglisierenden Neusprech die Markteinführung inzwischen bezeichnet wird (siehe Hintergrund, November 2015).

Schon im Januar hatten die Grünen im Bundestag eine Kleine Anfrage zur "verzögerten Einführung von intelligenten Meßsystemen" eingebracht. In ihrer Antwort verwies die Bundesregierung darauf, daß keine starren Fristen für die Markteinführung vorgesehen seien. Von einer "Verzögerung des Rollouts für Gewerbe- und Industriekunden" könne deshalb keine Rede sein. Die tatsächliche Markteinführung liege in der Hand von Herstellern und Meßstellenbetreibern. Für Kleinverbraucher sei die Umstellung ohnehin erst ab 2020 vorgesehen.

Das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im elektrotechnischen Fachverband VDE (VDE/FNN) prüft die Praxistauglichkeit und das Zusammenwirken der bisher entwickelten Smart-Meter in einem Langzeittest seit 2015. Anläßlich des von ihm veranstalteten Fachkongresses "Zählen – Messen – Prüfen" am 10. Mai in Leipzig gelangte es zu dem Befund, "daß die erforderliche Marktreife für einen branchenweiten Rollout noch nicht erreicht" sei. Insbesondere ermangele es noch einer "Interoperabiltität in Sinne einer Plug & Play-Lösung".

Smart-Meter können "dümmer" als die alten Ferraris-Zähler sein

Die Propaganda für "intelligente Zähler" hat vielfach den Eindruck erweckt, als ob diese wahre Wunderdinge vollbringen könnten (siehe Hintergrund, Juni 2011). Es war deshalb eine kleine Sensation, als die niederländische Universität Twente am 3. März das Ergebnis einer Untersuchung veröffentlichte, wonach Smart-Meter mitunter erheblich ungenauer messen als die alten Ferraris-Stromzähler (siehe 080410). Die falschen Meßergebnisse kommen durch Oberschwingungen im Frequenzbereich zwischen 2 und 150 Kilohertz zustande, wie sie beispielsweise von elektronischen Dimmern, Energiesparlampen oder Leuchtdioden verursacht werden. Je nach Versuchsanordnung waren bei den neun untersuchten Smart-Metern die Meßergebnisse um bis zu 582 Prozent zu hoch oder um 30 Prozent zu niedrig. Besonders stark war die Fehlanzeige, wenn die Meßtechnik sogenannte Rogowski-Spulen verwendete. Geringer waren die Abweichungen bei Hallsensoren. Am besten schnitten Geräte mit niedrigohmigen Meßwiderständen oder Stromwandlern ab. Alle Zähler waren nach den gesetzlichen Vorschriften zertifiziert. Nach Schätzung der Tester sind in den Niederlanden etwa 750.000 Haushalte mit solchen unzuverlässigen Smart-Metern ausgestattet worden.

Wie die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig dazu mitteilte, ist dieses Problem schon seit längerem bekannt. Die "Normierungslücke" sei inzwischen geschlossen worden. Bereits Anfang 2011 seien die Hersteller informiert worden, daß ihre elektronischen Zähler den erhöhten Anforderungen genügen müssen, um eine uneingeschränkte Zulassung zu erhalten.

 

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