Juni 2017

170611

ENERGIE-CHRONIK


EWE will Salzkavernen für Redox-Flow-Batterie nutzen

Der kommunale Energieversorger EWE will das Prinzip der Redox-Flow-Batterie nutzen, um Salzkavernen, wie sie zur Speicherung von Gas verwendet werden, in leistungsfähige Akkumulatoren zu verwandeln. Diese könnten dann – ähnlich wie ein Pumpspeicherkraftwerk – die schwankenden Einspeisung von Windkraft- und Solaranlagen abpuffern und Regelenergie bereitstellen.

Wie das Unternehmen am 22. Juni mitteilte, kooperiert es mit Forschern der Universität Jena. Diesen ist es gelungen, einen neuartigen Redox-Flow-Elektrolyten zu entwickeln, der weder Vanadium noch Schwefelsäure benötigt, sondern mit Kunststoff und Kochsalz auskommt. Der Elektrolyt ist damit umweltverträglicher und billiger, was ihn für die Stromspeicherung in großtechnischem Maßstab prädestiniert.

Energiemenge und Leistung können unabhängig voneinander skaliert werden


Bei der von EWE geplanten Redox-Flow-Batterie befinden sich die beiden Speicherflüssigkeiten – Katholyt und Anolyt – in riesigen Salzkavernen. Von dort zirkulieren sie durch die Zelle, die den Strom erzeugt. Dabei bleiben sie durch eine Membran voneinander getrennt. Diese verhindert, daß sie sich miteinander vermischen. Die Elektronen können jedoch durch die Membran von einer Elektrolytlösung in die andere gelangen. Bei der Aufladung der Batterie sorgt der Ladestrom dafür, daß Elektronen an den Polymeren des Anolyts angelagert werden (REDuktion). Gleichzeitig gibt der Katholyt seine Elektronen ab (OXidation).
Grafik: EWE

Redox-Akkumulatoren haben den Vorteil, daß die elektrochemische Energie außerhalb der Zelle gespeichert wird, in der über eine Membran der Elektronenaustausch zwischen "Katholyt" und "Anolyt" erfolgt. Energiemenge und Leistung können deshalb unabhängig voneinander skaliert werden. Unentbehrlich sind dabei Pumpen und ein Kontrollsystem, die dafür sorgen, daß die Elektrolyte in jeweils angemessenem Tempo durch die Zelle zirkulieren.

Zunächst zwei oberirdische Testanlagen

Bei dem von EWE verfolgten Konzept dienen Salzkavernen, die bisher für die Speicherung von Gas verwendet oder neu angelegt werden, als Vorratsbehälter für die Elektrolyten. Noch in diesem Jahr soll auf dem Gelände des Gasspeichers Jemgum in Ostfriesland mit der Errichtung von zwei oberirdischen Testanlagen begonnen werden. Die erste soll über eine Leistung von 10 bis 20 Kilowatt sowie eine Speicherkapazität von 10 bis 40 Kilowattstunden verfügen. Bei der zweiten sind 100 bis 150 Kilowatt bzw. 500 bis 2.500 Kilowattstunden vorgesehen. An die Stelle der Salzkavernen treten dabei große Kunststoffbehälter. Bis Ende 2023 soll dann eine untertägige Pilotanlage mit bis zu 120 Megawatt bzw. bis zu 700 Megawattstunden folgen, die tatsächlich Salzkavernen als Vorratsbehälter für die Elektrolyten verwendet.

"Die größte Batterie der Welt "

Die Leistung dieser Anlage wäre damit siebenmal so groß wie die des riesigen Speichers aus Blei-Säure-Akkumulatoren, mit dem die Vattenfall-Vorgängerin Bewag einst eine Kurzzeit-Reserve für die Inselversorgung von Westberlin bereithielt. Die Kapazität wäre sogar fünfzigmal größer. Laut EWE würde sie ausreichen, um das heutige Berlin für eine Stunde mit Strom zu versorgen. "Damit würden wir die größte Batterie der Welt bauen", erklärte der Geschäftsführer der EWE Gasspeicher GmbH, Peter Schmidt.

Forscher gründeten Startup-Unternehmen JenaBatteries GmbH

Das Projekt läuft unter der Bezeichnung brine4power oder kurz b4p, wobei "brine" das englische Wort für Salzwasser bzw. Sole ist. Angestoßen wurde es von einem Forscherteam der Universität Jena, das im Herbst 2015 eine neuartige Redox-Flow-Batterie vorgestellt hatte. Als flüssiges Speichermedium dienen dabei Polymere, die in einer ungefährlichen Kochsalzlösung schwimmen. Als Membran zwischen den Elektrolyt-Tanks genügt eine einfache und billige Cellulose-Schicht. Bisherige Systeme verwenden dagegen meist in Schwefelsäure gelöste Ionen des Metalls Vanadium. Diese Elektrolyten sind sehr teuer und zudem hochkorrosiv, weshalb sie eine aufwendigere Membran benötigen und die Lebensdauer der Batterie begrenzt ist.

Die Jenaer Redox-Flow-Batterie durchlief in ersten Tests bis zu 10.000 Ladezyklen, ohne entscheidend an Kapazität zu verlieren. Die Energiedichte des vorgestellten Systems betrug zehn Wattstunden pro Liter. Die Wissenschaftler arbeiten bereits an größeren, leistungsfähigeren Systemen. Neben der Fortführung der Grundlagenforschung innerhalb der Universität kam es zur Gründung des Startup-Unternehmens JenaBatteries GmbH, mit dem EWE nun kooperiert.

 

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